Die schicksalshafte Begegnung

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Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als Tsukiyo sich aufmachte, um im Wald jagen zu gehen. Die Mücken sirrten um ihn herum, sobald er den Bach passierte und es fing schon an, drückend und schwül zu werden. Er mochte diese Hitze gar nicht, weswegen er lieber in der Dämmerung unterwegs war.
Nur heute blieb ihm nichts anderes übrig, da er heute Abend schon von Souji eingespannt wurde - worum es ging, wusste er beim besten Willen nicht. Er hörte ein rascheln und machte seinen Bogen schussbereit. Aufmerksam verfolgt er das leise Rascheln mit angelegt im Fall und achte dabei darauf, noch leise aufzutreten. Schließlich trat ein junger Hirsch aus dem Gebüsch. Nun hieß es schnell sein! In dem Augenblick, wo der junge Hirsch ihn erblickte, hatte Tsukiyo schon abgeschossen. Tok! Und der Pfeil traf den Baum daneben. Der Junghirsch war weg und Tsukiyo machte sich auf den Weg hinter ihm her. Den Wald kannte er ziemlich gut, deshalb war er trotz seiner Tollpatschigkeit gut zu Fuß. Bald kamen sie in einen Teil des Waldes, der wie abgeschottet vom Rest war. Es wurde merklich kühler und das Dickicht wurde dichter. "Wo bin ich hier?", fragte Tsukiyo sich leise und er verlangsamte seinen Schritt. Der Junghirsch war egal - er musste wieder zurückfinden! Irgendwie wusste er schon vor dem Frühstück, dass das heute ein merkwürdiger Tag werden würde. Es hat noch weniger geklappt als so schon. Während er versuchte sich zu entsinnen in welchem Teil des ihm so bekannten Waldes er war, registrierte er gar nicht die dunkle Gestalt, die ihn beobachtete und sich näher an ihn heranpirschte.
'Verdammter Hirsch!', dachte Tsukiyo sich nun. Und er verfluchte sich dafür, dass er zu langsam und ungeschickt gewesen war um zu treffen. "Als Panther hätte ich ihn bestimmt sofort zu packen bekommen...", murmelte Tsukiyo grummelnd. In dem Moment spürte er einen unaushaltbaren Schmerz; er konnte nur noch wimmern, so schlimm war er. Auf Knien und Ellbogen versuchte er herauszufinden woher dieser Schmerz kam - keine Chance. Es war, als würden sich seine Knochen neu anordnen. Ein ziemlich mieses Gefühl, gelinde ausgedrückt. Lange dauerte das Prozedere nicht und er fand sich auf großen schwarzen, samtenen Pfoten wieder. Pfoten. Schwarz. Groß. Samtig. Ihm fiel es schwer, sich aufzurichten, genauer gesagt ging es gar nicht. Als er versuchte, erneut einen Schwall Beschimpfungen und Flüche durchzubrechen kam nur ein bedrohliches Knurren raus. Er erschrak. Was war passiert? In dem Moment ertönte eine sanfte Stimme und er erkannte den jungen Hirsch, der nun ein schöner Jüngling war.
Nackt, versteht sich, lediglich bedeckt von einem kleinen Busch Blätter, der zufällig gerade da stand. 'Ein Glück', dachte Tsukiyo, 'noch mehr Minderwertigkeitskomplexe habe ich nicht wirklich nötig. '
"Das ist deine Strafe dafür, dass dein Pfeil, obgleich er daneben schoss, mich als Ziel auserkoren hatte." Damit wandte er sich zum Gehen. 'Warte!', schrie Tsukiyo in Gedanken - herauskam lediglich ein Knurren. Der Jüngling hielt inne, seufzte, und drehte sich um. "Also gut. Ich gebe dir eine Möglichkeit, diese Gestalt unter Kontrolle zu halten. Unter einer Bedingung ", setzte er hinten dran und Tsukiyo leise. 'War ja klar, dass ich dafür was tun musst.' "Natürlich musst du das. Ohne Fleiß kein Preis", antwortete der Jüngling stirnrunzelnd auf meine gedankliche Aussage. "Also folgendes: es gibt jemanden, der wie du verflucht wurde. Nur zeigt er weniger Einsicht als du und der Tierdämon übernimmt immer mehr die Kontrolle. Ich sage dir, wo du ihn finden kannst und wie Du es löst - ob blutig oder nicht - ist dann deine Sache." Er machte eine wegwerfende Handbewegung und schon war er der Junge Hirsch von vorhin. 'Folge mir und der Packt ist besiegelt.", redete er in Gedanken zu mir und lief schon los. 'Abgemacht', dachte ich und rannte ihm noch etwas unbeholfen hinterher. Es war schwer, mit ihm Schritt zu halten, aber nicht unmöglich. Der Wald wurde etwas heller, die Bäume und Büsche kamen ihm bekannter vor allerdings dämmerte es schon.
'Wohin führst du mich bloß?', fragte ich leicht knurrend, denn die Gegend kann ihm immer bekannter vor - hier hatte er immer mit seinem Bruder gespielt. Bis er eines Tages nichts mehr von ihm wissen wollte. Der Junghirsch kicherte. Ein gruseliges kichern, wie er fand. 'Ziemlich ungeduldig, hm? Warte es einfach ab.' Irgendwie wünschte er sich, er hätte auf Souji, seinen besten Freund, gehört und wäre gleich im Dojo geblieben und später erst mit ihm zusammen jagen gegangen. Nun musste er dadurch und zudem noch seine Geduld beweisen. Er knurrte, denn das gefiel ihm ganz und gar nicht. Ihm fiel auf dass er besser hören und sehen konnte - das Rauschen des Windes in den Baumwipfeln war klarer, der Bach, den er zu Anfang passierte, war wieder zu hören als würde er direkt daneben stehen. Es war einfach so vielfältig, selbst die Gerüche hatten sich intensiviert. Wie berauscht wäre er beinahe in den Hirsch, der plötzlich stehen lieb, hinein gerannt. 'Verzeihung', murmelte er in Gedanken, als er einen schwarzen Panther entdeckte. 'Das', dachte der Junghirsch, 'ist dein Gegner Tsukiyo. Dein Bruder Sandei.'

Tsukiyo - Besondere BegegnungenWhere stories live. Discover now