Zusammenkunft im Thronsaal

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Gut gelaunt läuft Aro durch mehrere Gänge in Richtung des Thronsaals. Dort angekommen winkt er eine der an der Tür stehenden Wachen zu sich. „Geh bitte zum Empfang und richte Giuliana aus, dass sie sich um ein angemessenes Mittagsmahl für Miss Bella kümmern soll! Danach begibst du dich auf schnellstem Weg zu Renata und schickst sie zu mir ins Büro!" Der angesprochene Gardist nickt kurz und verschwindet sofort. Aro betritt nun den Thronsaal, wo er Caius und Marcus auf ihren Steinthronen vorfindet. Die Beiden diskutieren gerade eine demnächst anstehende Überwachungsaktion in Tschechien. Als sie Aro kommen sehen, winken sie ihn sogleich zu sich. Aro tritt zu ihnen und informiert sie kurz über Aftons anstehende Rückkehr sowie Edwards Vorhaben. 

Unwillkürlich hebt Marcus angesichts dieser Nachricht eine Braue.
„Scheint so, als müssten wir uns auf einige Schwierigkeiten einstellen. Der Plan des Cullen-Jungen kommt mir wie eine Kurzschlussreaktion vor. Ich denke, wir müssen davon ausgehen, dass er versuchen wird, um jeden Preis in den Palast zu gelangen!".
Aro stimmt ihm seufzend zu. „Ich befürchte, du hast recht, Bruder. Carlisle hat viele Jahre bei uns gelebt und weiß mehr als genug über den Aufbau und die Sicherung des Palastes. Er wird Edward im Lauf der Zeit vieles darüber erzählt haben, was mich davon ausgehen lässt, dass es diesem hartnäckigen Burschen trotz unseres wohl durchdachten Überwachungssystems gelingen könnte, sich unbemerkt einzuschleichen. Aus diesem Grund halte ich es für klug, die Wachen pro Schicht im und um den Palast herum zu verdoppeln, auch in den unterirdischen Tunneln, die zu den Geheimgängen führen." Sowohl Caius als auch Marcus stimmen dem zu.

Marcus verspricht sogleich, sich um die Verstärkung der Palastwachen zu kümmern und diese anzuweisen, Edward keinesfalls Einlass zu gewähren, sobald er vor den Toren des Palastes aufkreuzt. Caius bietet ihm mit einem sadistischen Grinsen an, im Falle einer Gesetzesübertretung umgehend für Edwards Bestrafung zu sorgen. Doch das lehnt Aro vehement ab. „Ich danke dir, Bruder, aber das wird nicht nötig sein. Sollte Edward es tatsächlich wagen, gewaltsam in den Palast einzudringen, ist er auf der Stelle festzunehmen und in den Kerker zu schaffen! In diesem Fall wünsche ich, umgehend informiert zu werden! Seine Bestrafung obliegt einzig und allein mir!", erklärt er in einem Ton, der keinen Widerspruch duldet.
„Ich habe noch einiges bezüglich Bellas Schutz mit Felix zu besprechen. Danach werde ich bis zu unserem Treffen bei Bella verweilen. Alles Weitere lege ich nun in eure fähigen Hände!", fügt er noch hinzu, nickt kurz und geht weiter ins Büro, wo Felix bereits am Schreibtisch sitzt.

Sein dunkler Haarschopf ist gerade noch hinter einem riesigen Berg von Ordnern auszumachen. „Sehr gut, Felix, wie ich sehe, bist du schon dabei, die Personalakten zu sichten?", stellt Aro zufrieden fest. Der Gardist reicht ihm eine Aktenmappe. „Ich bin damit soeben fertig geworden, Meister! Auf dieser Liste habe ich alle Wachen vermerkt, die als Leibgarde für Bella infrage kommen. Diejenigen von ihnen, die für die nächsten Wochen noch nicht vollständig verplant worden sind, habe ich Bella als bereits als Wachposten zugewiesen und ihre Dienstpläne fertig gestellt!", erklärt der Gardist. Der Meister schaut sich aufmerksam die Listen und vorbereiteten Dienstpläne an. Schließlich nickt er zufrieden. „Gute Arbeit, Felix. Mit diesen Wachen bin ich durchaus einverstanden. Informiere bitte Meister Marcus bezüglich der von dir erstellten Dienstpläne und hänge sie danach im Gemeinschaftsraum der Garde auf!" Felix nickt bestätigend. „Ich kümmere mich umgehend darum!"

Als Nächstes erzählt Aro von seinem Gespräch mit Afton. Als er Edwards Vorhaben erwähnt, horcht Felix auf. Auch er ist davon überzeugt, dass es zu Problemen kommen könnte. Aro erteilt Felix diesbezüglich noch einige Anweisungen und bringt sodann das Zusammentreffen am Nachmittag zur Sprache. „Ich benötige um 14 Uhr dringend deine Dienste im Thronsaal, wenn ich Bella meinen Brüdern und ihren Gemahlinnen präsentiere. Du wirst dafür Sorge tragen, dass niemand unerlaubt eintritt!", erteilt Aro ihm einen weiteren Auftrag. „Selbstverständlich, Meister! Wie Ihr befehlt.", antwortet Felix beflissen, räumt rasch die Ordner zurück in den Aktenschrank und wird daraufhin von Aro mit dessen üblicher wedelnder Handbewegung entlassen.

Nachdem der Hüne verschwunden ist, klopft es an die Tür und Renata betritt das Büro. Höflich knickst sie vor Aro und senkt ehrerbietig ihren Blick. „Ihr habt mich rufen lassen, Meister?" Mit einer leichten Handbewegung gestattet Aro der zierlichen Gardin sich zu erheben. „Renata, ich wünsche, dass du heute Nachmittag gegen 14 Uhr im Thronsaal erscheinst. Ich werde Bella dort den Meistern Caius und Marcus sowie den beiden Herrinnen offiziell vorstellen. Du wirst während dieses Treffens jedoch nicht mich schützen, sondern deinen Schild über Bella legen! Niemand darf ihr zu nahe kommen!"
Renata nickt zustimmend, sie ist ihrem Meister uneingeschränkt ergeben und wenn es sein Wunsch ist, dass sie das Mädchen schützen soll, wird sie es auch tun.

Solange Aro mit ihr zufrieden ist, ist auch für sie alles in bester Ordnung, mehr braucht sie nicht, um zufrieden zu sein. Der Meister ist sich dessen wohl bewusst, immerhin sorgt er schon von jeher mit Hilfe von Chelseas Gabe dafür, dass Renata fest an ihn gebunden ist und es auch immer bleibt. Nachdem er der zierlichen Gardin noch einige Anweisungen hinsichtlich ihres bevorstehenden Schutzauftrags gegeben hat, entlässt er sie wieder und macht sich voller Vorfreude auf den Weg zu Bella. Doch im Thronsaal wird er nochmals von Marcus und Caius aufgehalten, die unbedingt noch seine Meinung zu einer weiteren, sehr wichtigen Angelegenheit hören wollen. Aro ist davon überhaupt nicht begeistert, aber dennoch gesellt er sich, wenn auch nur widerwillig, zu ihnen.

Schon nach kurzer Zeit ist eine Entscheidung getroffen worden, alles Weitere überlässt Aro seinen Brüdern. Eilig rauscht er aus dem Thronsaal und läuft schnellen Schrittes in Richtung des Südflügels. Er kann es kaum noch erwarten, Bella wiederzusehen. Als er bei ihrem Zimmer angelangt ist, öffnet Jane ihm höflich die Tür. Bella ist gerade mit dem Essen fertig und strahlt über das ganze Gesicht, als er das Zimmer betritt. Sie springt sofort auf und fliegt förmlich auf ihn zu. „Du bist schon zurück!" Ein freudiges Lächeln zeichnet bei dieser Begrüßung auf seinen Zügen ab. Sein warmer Blick ruht auf ihr, während sich seine Arme sanft um ihren grazilen Körper legen. „Es gab weniger zu tun, als erwartet. Felix kümmert sich um deinen Schutz und meine Brüder benötigen mich derzeit auch nicht unbedingt im Thronsaal, also bleibt uns beiden noch etwas Zeit bis zum Treffen.", erwidert er leise und zieht sie innig an sich.

Als Antwort legt Bella ihre Lippen leicht auf die von Aro. Seine Gegenwart beruhigt sie und lässt die sehnsüchtigen Gedanken um Edward, die immer wieder in ihr aufsteigen und sie unbegreiflicherweise nicht loslassen wollen, fürs Erste in den Hintergrund treten. Aro erwidert ihren Kuss zärtlich und umarmt sie noch ein wenig fester. Seine Hände gleiten sacht wie ein Hauch über ihren Rücken. Wohlige Schauer durchströmen ihren ganzen Körper. Bella schließt die Augen und genießt dieses herrlich prickelnde Gefühl. Ihre Lippen öffnen sich, gewähren seiner Zunge bereitwillig Einlass. Sanft liebkost sie nun die ihre, doch alsbald wird ein leidenschaftlicher Kampf daraus, der ein wahres Feuerwerk in ihr entfacht. Bella stöhnt auf.

„Ich will mehr!", flüstert sie und presst ihren Körper eng an seinen, doch Aro schüttelt den Kopf und löst sich ein wenig von ihr. „Nein, mein Liebes, ich habe dir doch schon in Seattle erklärt, dass das viel zu gefährlich ist, solange du noch ein Mensch bist. Ich würde dich dabei unweigerlich töten, allein durch meine körperliche Kraft. Ganz zu schweigen davon, dass ich die Kontrolle über meinen Blutdurst verlieren könnte!" Bella widerspricht ihm sofort. „Du wirst mir nichts tun, dessen bin ich mir sicher. Ich vertraue dir, Aro. Lass es uns doch einfach versuchen!" Aro fällt es sichtlich schwer, sich zurück zu halten, doch er hält unbeirrt an seiner Meinung fest.

„Nein, Bella. Ich werde dieses Risiko nicht eingehen. Davon abgesehen, habe ich noch einen anderen, für mich sehr wichtigen Grund dafür, zu warten. Zu der Zeit, als ich noch ein Mensch gewesen bin, hat ein Mann von Ehre seine Auserwählte erst zur Frau genommen, bevor er mit ihr in gewissem Sinne das Lager teilte. Davon möchte ich nicht abweichen, auch wenn das heute – nun ja – sehr viel lockerer gesehen wird. Es spricht jedoch nichts dagegen, dass wir auch weiterhin Liebkosungen austauschen." Bella umschlingt ihn jetzt abermals. „Na gut, wenn es dir so viel bedeutet, warten wir noch damit. Aber... lass uns trotzdem zum Bett gehen. Ich möchte wenigstens mit dir kuscheln! Dagegen hast du doch sicher nichts einzuwenden?", bettelt sie und schaut Aro dabei mit einem treuherzigen Augenaufschlag an, dem er sich absolut nicht entziehen kann. „Na schön, du hast gewonnen, Kleines.", lacht er, hebt Bella sodann auf seine Arme und trägt sie zum Bett.

Vorsichtig legt er sie ab, lässt sich neben ihr nieder und zieht sie liebevoll in seine Arme, beginnt aufs Neue damit, sie sanft zu streicheln. Wieder und wieder streift sein Mund zärtlich ihre schön geschwungenen Lippen, während seine rubinfarbenen Antlitze sich geradezu in den ihren verlieren. Deutlich spiegelt sich in in ihnen wider, was er für sie empfindet. „Wann wirst du mich verwandeln?", fragt Bella ihn leise. „Sobald wie möglich! Und dann wird uns nichts mehr zurückhalten!", verspricht Aro lächelnd und bedeckt ihr Gesicht mit weiteren liebevollen Küssen. Eine Weile liegen beide aneinander gekuschelt da und genießen die Nähe des jeweils anderen. Doch nach einiger Zeit schaut Aro schließlich auf seine Armbanduhr. „Es ist soweit!", erklärt er. „Wir müssen in den Thronsaal, Liebes – auch wenn ich zugegebenermaßen viel lieber mit dir hierbleiben würde. Bist du bereit?"

Bella senkt ängstlich ihren Blick. „Ehrlich gesagt... bin ich es ganz und gar nicht. Ich hoffe nur, dass ich dich nicht blamieren werde!", seufzt sie. Aro zieht sie jetzt noch einmal an sich. „Mach dir deswegen keine Sorgen, mein Herz. Sei einfach nur du selbst, dann werden sie dahinschmelzen!", erklärt er ihr sanft. „Soll ich mich noch rasch umziehen?", erkundigt sich Bella unsicher. „Das halte ich durchaus für angebracht. Jeans und Tschirt gelten hier als Freizeitkleidung. Für deinen Auftritt im Thronsaal ist ein hübsches Kleid angemessener. Ich werde mich ebenfalls etwas herrichten.", antwortet Aro ihr lächelnd, küsst sie noch einmal zärtlich und begibt sich sodann in sein Gemach. Bella geht nun zum Kleiderschrank und begutachtet ihre Garderobe.

Sie entscheidet sich schließlich für das meerblaue Kleid, das Aro so gut an ihr gefällt, wählt dazu ein Paar weiße Pumps und ein ebenfalls weißes, schlichtes Satinjäckchen mit langen Ärmeln. Hernach knetet sie ein wenig Schaumfestiger ins Haar und dreht es über den Lockenstab, sodass es in weichen Wellen über ihre Schultern fällt. In diesem Moment schwebt Aro fix und fertig ins Zimmer – er hat seinen Anzug gegen eine Art Galauniform getauscht, die ihm unverschämt gut steht und sein phantastisches Aussehen noch unterstreicht. Bella starrt ihn mit offenem Mund an und schluckt. ‚Er sieht aus wie ein verdammtes Männermodel! Im Gegensatz zu ihm bin ich nur ein unscheinbares graues Etwas! Oh mein Gott, die anderen werden sich schieflachen über seinen grottenschlechten Frauengeschmack!', schießt es ihr peinlich berührt durch den Kopf.

Aro sieht das jedoch völlig anders. „Du bist bezaubernd, Kleines! Wenn ich mein Herz nicht schon längst an dich verloren hätte, wäre es spätestens jetzt um mich geschehen!", raunt er ihr ins Ohr. Dann streckt er seine Hand aus und sie legt die ihre hinein. Gemeinsam gehen sie nun zum Thronsaal, gefolgt von Jane, die sie auf Aros Aufforderung hin begleitet. Auch sie soll neben Renata und Felix für Bellas Schutz sorgen. Als sie zum Thronsaal kommen, verneigen sich die dort postierten Wachen devot vor Aro und starren dann mit großen Augen in Bellas Richtung. Sie fühlt sich äußerst unwohl in ihrer Haut, denn die beiden Vampire lassen ihre Blicke ungeniert über ihren Körper gleiten. Aro gefällt das Verhalten seiner Wachen gegenüber Bella ganz und gar nicht. Er wirft ihnen einen drohenden Blick zu und sogleich verfallen die Beiden wieder in ihre unterwürfige Haltung, stehen mit emotionslosen Mienen da und öffnen die Tür.

Im Thronsaal wartet bereits Felix. „Hast du die Dienstpläne bereits im Gemeinschaftsraum ausgehängt und die Verstärkung der Wachen geregelt?", will Aro sogleich wissen. Felix nickt. „Es haben soeben zwei Wachen ihren Dienst vor Bellas Zimmer angetreten und warten dort auf die Rückkehr von Bella sowie weitere Anweisungen Eurerseits, falls nötig. Meister Marcus lässt Euch übrigens ausrichten, dass er die Verstärkung der Palastwachen bereits veranlasst und diese entsprechend angewiesen hat. Mit der Wacheinteilung zu Bellas Schutz ist er ebenfalls einverstanden. Die Dienstpläne hängen mittlerweile im Gemeinschaftsraum der Wachen." Aro ist überaus zufrieden, dass alles ordnungsgemäß seinen Gang geht. Anders hat er es auch nicht von seinem Getreuen erwartet und Marcus pflegt wichtige Angelegenheiten ohnehin niemals auf die lange Bank zu schieben.

„Ich danke dir Felix. Du kannst nun deinen Platz neben der Flügeltür einnehmen!", entgegnet er. Der hochgewachsene Gardist nickt kurz und bezieht gleich darauf seinen Posten. Alsbald trifft auch Renata ein. Aro winkt sie sogleich zu sich und stellt sie Bella vor. Sie ist völlig perplex, als die kleine Gardin nicht nur vor Aro sondern auch vor ihr in einen höflichen Knicks verfällt. „Warum tut sie das?", fragt Bella ihn leise und recht irritiert. „Da du zu mir gehörst, stehst du über den Wachen. Mit einem Knicks oder einer Verbeugung erweisen sie dir ihren Respekt und erkennen dich als ihre Herrin an. Das ist mein ausdrücklicher Wunsch, an den sich ausnahmslos alle zu halten haben!", erklärt Aro ihr mit einem aufmunternden Lächeln. In Gedanken nimmt er sich jedoch vor, seine Wachen im Auge zu behalten. Chelseas Verhalten gegenüber Bella hat ihm nur zu deutlich gezeigt, dass gewiss nicht jeder seine Wahl so vorbehaltlos akzeptieren wird wie zum Beispiel Renata oder Jane.

„Renata wird einen Schutzschild um dich herum aufbauen, damit sich dir niemand nähern kann! Zudem werden Felix sowie Jane auf dich aufpassen und ich selbstverständlich auch!" Bella schaut ihn ängstlich an. „Ist all das tatsächlich vonnöten?", erkundigt sie sich leise, „ich denke, sie sind nur neugierig auf mich!" „Keine Sorge, Liebes. Diese Sicherheitsmaßnahmen habe ich rein präventiv veranlasst. So verhindern wir von vornherein böse Überraschungen!", geht Aro beruhigend auf Bella ein. Noch ehe sie etwas dazu sagen kann, öffnet sich die große Flügeltür erneut. Caius schwebt herein, gefolgt von einer aufreizend gekleideten, wunderschönen Blondine. Sie beäugt Bella sofort argwöhnisch und auch ein wenig abfällig. ‚Ganz offensichtlich handelt es sich bei ihr um Caius' Ehefrau. Sie wirkt genauso angriffslustig wie er und hat irgendwie etwas Hochmütiges an sich.', schießt es Bella durch den Kopf. Dann schnellt ihr Kopf erneut in Richtung Tür.

Marcus erscheint nun, Hand in Hand mit einer überaus attraktiven, gertenschlanken Brünetten, die Bellas Blick lächelnd erwidert. Bella schätzt sie auf Mitte bis Ende zwanzig. ‚Das muss Sulpicia sein.', überlegt sie. ‚Sie scheint wesentlich netter zu sein als Caius' Frau.' Bella spürt, wie Aro ihre Hand, die er noch immer fest in der seinen hält, leicht drückt. Er zwinkert ihr aufmunternd zu, während seine Brüder nun auf ihren Thronen Platz nehmen. Sulpicia stellt sich rechts neben ihren Ehemann Marcus, Athenodora hingegen platziert sich auf Caius' linker Seite. Sodann tritt Aro etwas vor und weist auf Caius' Begleiterin. „Bella, das ist Athenodora, Caius' Frau. Die reizende Dame neben Marcus ist seine Gattin Sulpicia. Von ihr habe ich dir ja bereits erzählt. Meine Brüder kennst du ja noch von deinem ersten Besuch im letzten Jahr."

Sodann wendet er sich an die beiden. „Caius, Marcus – ich möchte euch Bella als meine auserkorene Favoritin präsentieren. Es ist mein ausdrücklicher Wunsch, sie zu verwandeln und in den innersten Kreis der Volturi aufzunehmen!"
„Willkommen in Volterra, Bella!", begrüßt Marcus sie kurz, aber recht freundlich. Er ist um einiges aufgeschlossener und interessierter als bei Bellas erstem Besuch. „Bella...!" Caius' Begrüßung fällt noch knapper und sehr nichtssagend aus – doch dafür bemerkt Bella in seinen kalten Augen etwas, das ihr überhaupt nicht gefällt. Im vergangenen Jahr war der weißblonde Volturimeister sehr zurückhaltend gewesen, doch nun taxiert er sie mit einem gierigen hemmungslosen Blick.

Ein eisiger Schauer läuft ihr über den Rücken. Sie kennt diesen Blick nur allzu gut. Es ist dasselbe lüsterne Glitzern, das sie regelmäßig in den Augen der unzähligen Freier auf dem Loveland-Boulevard und vor allem in denen ihres widerlichen Exvermieters Herb gesehen hat. Unwahrscheinliche Angst macht sich in ihr breit, denn in seinen Augen flammt nicht nur pure Gier auf, sondern auch ein geradezu abartiger Sadismus. Angesichts dessen tritt Bella unwillkürlich an Aro heran. Ihre kleine Hand krallt sich schutzsuchend in die seinige. Selbiger registriert ihre plötzliche Anspannung fast körperlich, folgt ihrem unruhigen Blick – und erstarrt, als er den Ausdruck in Caius' Augen wahrnimmt. Unglaublicher Zorn packt ihn, nur mit Mühe und Not schafft er es, sich selbst davon abzuhalten, auf seinen Bruder loszustürmen. Mit Caius muss er sich nachher noch dringend befassen!

Auch Athenodora entgeht es nicht, wie schamlos ihr Ehemann Bella mit seinen Blicken auszieht. Und das direkt vor ihren Augen! Blanke Wut und Eifersucht steigen angesichts dieser Pietätlosigkeit in ihr auf. „Na bravo – genauso habe ich mir das vorgestellt! Nicht genug damit, dass Caius mich ständig mit diesen hohlköpfigen Dingern vom Empfang betrügt, jetzt hat er es auch noch auf diese kleine Nutte abgesehen, auf der schon ganz Seattle gelegen hat – falls das überhaupt reicht! Was findet Aro nur an diesem menschlichen Stück Dreck? Die Kleine muss auf jeden Fall wieder verschwinden! Nur leider wird sie nicht so einfach aus dem Weg zu schaffen sein wie Gianna, Bianca und all die anderen dummen Mädchen, die mein untreuer Gemahl dauernd unter ihren Röcken besucht! Aber ich werde schon noch eine Möglichkeit finden, sie wieder loszuwerden.', wütet sie innerlich.

Unverhohlene Abneigung blitzt in ihren Augen auf, als sie jetzt in Bellas Richtung schaut – aber dennoch sagt sie nichts, denn Aro wirft ihr nur allzu eindeutige Blicke zu. Aber nicht nur er bemerkt Caius' Blicke und Athenodoras Zorn. Sulpicia geht nun auf Bella zu und umarmt sie kurz. „Ich schließe mich den Worten meines Gemahls an und heiße dich ebenfalls herzlich in Volterra willkommen! Verzeih meiner Cousine bitte ihren Unmut – sie weiß natürlich genau, dass die Schuld für das Verhalten ihres Mannes nicht bei dir liegt! Caius vergisst leider des Öfteren, dass er verheiratet ist!", erklärt sie und bedenkt Athenodoras Gemahl sodann mit einem vorwurfsvollen eisigen Blick. Marcus pflichtet seiner Frau bei. „Halte dich endlich zurück, Bruder! Allmählich reicht es! Du solltest froh sein, eine so geduldige Gemahlin wie Athenodora zu haben! Jede andere Frau an ihrer Stelle hätte dich längst verlassen!", weist er Caius ungehalten zurecht.

Dann wendet er sich an Aro. „Verwandle das Mädchen so schnell wie möglich, Bruder! Erstens weiß sie zu viel über unsere Existenz und zweitens ist es nicht klug, sie als allzu lange als Mensch hier im Palast leben zu lassen. Sobald sie eine der Unsrigen ist, werden wir weitersehen!" Marcus' letzter Satz lässt Aro aufmerken. „Was soll das heißen? Bella wird hierbleiben und meine Gefährtin sein! Da gibt es nichts mehr zu überlegen!" Marcus richtet sich nun auf und schaut Aro fest in die Augen. „Ob sie deine Gefährtin wird, das entscheidest nicht allein du, Aro. Es muss auch ihr freier Wille sein! Wie Bella dazu steht, kann ich dir leider nicht sagen, denn wie du weißt, funktioniert auch meine Gabe nicht bei ihr." Sulpicia wirft ihrem Mann einen kurzen Blick zu, den dieser sofort versteht. Er nickt lächelnd, woraufhin sie erneut das Wort an Bella richtet.

„Was hat dich eigentlich dazu bewogen, mit Aro nach Volterra zu gehen?", will sie interessiert wissen. Einen Moment lang schweigt Bella peinlich berührt. Es will nicht über ihre Lippen kommen, dass sie auf den Strich gegangen ist und Aro sie im wahrsten Sinne des Wortes aus der Gosse aufgelesen hat. Krampfhaft überlegt sie, wie sie am besten anfangen wird.
Sulpicia erkennt, was in Bella vorgeht und Mitleid wallt in ihr auf. „Ich bin bereits über dein betrübliches Schicksal im Bilde - Aro hat uns längst davon erzählt. Du musst also nicht darüber sprechen. Ich verstehe, dass es dir sehr unangenehm ist! Es genügt, wenn du meine Frage nur kurz beantwortest!", baut sie dem verunsicherten Mädchen geschickt eine Brücke.

Bella atmet befreit auf. Sulpicias einfühlsame Worte erleichtern ihr die Antwort ungemein. „Nun ja, als Aro mich fand, ging ich davon aus, dass er mich töten wird. Aber stattdessen hat er mir erklärt, dass er mich mitnehmen möchte. Ich habe das als eine gute Möglichkeit betrachtet, meinem schwierigen Leben in Seattle zu entkommen. Zudem hatte ich dadurch auch die Chance, meiner Freundin Cat zu helfen und einen Straferlass für Edward Cullen sowie seine Familie zu erwirken. Sie haben... mich zwar verlassen, aber trotzdem will ich nicht, dass sie meinetwegen hingerichtet werden. Aro hat mir zugesichert, dass ihnen nichts passieren wird und ich bitte auch euch darum, sie zu schonen!", erklärt sie, schaut kurz zu Marcus und richtet ihren Blick dann wieder auf Sulpicia. Diese merkt auf. „Du empfindest also immer noch etwas für Edward?", hakt sie nach.

Bellas Augen verlieren plötzlich etwas von ihrem Glanz. Sie schaut in Aros Gesicht, auf dem nun ebenfalls ein Schatten liegt und spürt genau, dass er ihre Antwort bereits erahnt. Ihr Blick wandert zurück zu Sulpicia. „Ich kann nicht leugnen, dass da immer noch Gefühle sind!", erwidert sie knapp. Die brünette Vampirin schaut sie nachdenklich an. „Aber nichtsdestotrotz bist du nun hier. Gibt es noch einen weiteren Grund, weshalb du Aro freiwillig gefolgt bist?" Bella sieht Aro erneut an. All die Gefühle, die er für die hegt, spiegeln sich sin seinen rubinroten Seen wider. Unwillkürlich lächelt sie ihm zu. „Ich muss gestehen, dass Aro mich ebenso fasziniert wie Edward. Darüber hinaus hat er mich seit unserer Begegnung mehr als einmal aufgefangen, als ich nahe am Abgrund stand." Sulpicias hellrote Augen fixieren Bella jetzt förmlich. „Wenn du die Möglichkeit hättest, zwischen Aro und Edward wählen zu können, für wen von beiden würdest du dich dann entscheiden?" Diese Frage irritiert Bella, aber dennoch hält sie Sulpicias Blick stand.

„Da Edward mich zweimal verlassen hat, will er mich definitiv nicht in seinem Leben haben. Somit stellt sich diese Frage für mich nicht!", antwortet sie ausweichend. „Gesetzt dem Fall, Edward hegt noch immer Gefühle für dich und bereut seine Entscheidung, dich verlassen zu haben, längst - würdest du dann ein Leben mit ihm und seiner Familie in Betracht ziehen?", hakt Sulpicia noch einmal nach. Aro gefällt diese letzte Frage ganz und gar nicht. „Was zum Teufel soll das?", faucht er sie an. „Beruhige dich bitte, mein Lieber. Ich habe gute Gründe, Bella diese Frage zu stellen.", entgegnet Sulpicia sehr bestimmt. „Nun – wie lautet deine Antwort?", wendet sie sich wiederum dem Mädchen an der Seite ihres Exgatten zu. „Ich... ich weiß nicht. Ich kann... diese Frage... nicht sicher... beantworten.", stammelt Bella und wieder bricht dieses seltsame, unerklärliche Gefühlschaos über sie herein. Sulpicia spürt deutlich Bellas Unsicherheit und begreift, dass diese nicht mehr weiter auf ihre Frage eingehen wird.

„Schon gut, Bella – du musst darauf nicht unbedingt antworten. Vielleicht ist es besser, wenn du nun in dein Zimmer zurückkehrst." Bella nickt ihr dankbar zu und schaut dann wiederum zu Aro. „Ich könnte jetzt wirklich etwas Ruhe gebrauchen." Er lächelt ihr zu und winkt dann Felix heran. „Bring Bella bitte zurück in ihre Räumlichkeiten und teile den dort postierten Wachen mit, dass niemand außer dir oder Jane ohne meine ausdrückliche Erlaubnis ihr Zimmer betreten darf. Danach kannst du dich zurückziehen – falls ich dich heute noch einmal brauchen sollte, werde ich dich holen lassen!"
„Wie Ihr wünscht. Meister Aro!", erwidert Felix knapp und bietet Bella sodann seinen Arm an. Sie hakt sich bei ihm ein, wirft Aro jedoch einen fragenden Blick zu. „Warum gehst du nicht mit mir?"

Aro küsst sie sanft auf die Stirn. „Ich habe hier noch etwas zu erledigen, komme aber sobald wie möglich nach, mein Liebes." Bella lächelt ihm zu und lässt sich dann von Felix aus dem Thronsaal geleiten. Nachdem beide verschwunden sind, erhebt sich auch Marcus und bringt Sulpicia zurück in ihr Gemach. Athenodora wirft ihrem Gemahl einen säuerlichen Blick zu und entzieht ihm ruckartig ihre Hand, als er Anstalten macht, diese in seine zu nehmen. „Lass mich in Ruhe! Und wage es ja nicht, dich in unserem Gemach blicken zu lassen! Du kannst dich ja im Büro oder in der Bibliothek einquartieren oder meinetwegen dahin gehen, wo der Pfeffer wächst!", giftet sie eifersüchtig und noch ehe er irgendetwas dazu sagen kann, rauscht sie wütend aus dem Thronsaal.

Caius will ihr folgen, doch in diesem Moment legt sich eine feste Hand auf seine Schulter. „Ich will mit dir reden, Bruder! Im Büro! Und zwar gleich!", fordert Aro ihn mit schneidender Stimme auf und schiebt ihn rabiat vor sich her. Diese Berührung hat leider zur Folge, dass Caius' schmutzige Gedanken, die sich samt und sonders um Bella drehen, ihn geradezu überschwemmen. Zum ersten Mal in seinem Leben verflucht er seine Gabe. Je mehr er gezwungenermaßen in Caius' Gedanken eintaucht, umso wütender wird er. „Was zum Teufel ist mit dir los, Bruder?", fragt Caius, als Aro die Tür des Büros laut hinter sich ins Schloss fallen lässt. „Das fragst du allen Ernstes noch, du widerwärtiger Lüstling!", brüllt Aro los und verliert nun endgültig die im Thronsaal so mühsam aufrecht erhaltene Beherrschung.

Wutentbrannt packt er Caius am Hemdkragen und presst ihn hart gegen die Wand.
„Wage dich ja nicht in Bellas Nähe – ich warne dich! Bleib weg von ihr oder du wirst deinen verfluchten Kopf verlieren!", schnaubt er und stößt daraufhin ein bedrohliches Knurren aus. Sodann lässt er Caius los und stürmt aufgebracht aus dem Büro. Die lüsternen Gedanken seines Bruders machen Aro enorm zu schaffen und er beschließt, sofort zu Bella zu gehen.
Beunruhigt rückt Caius sich nun seinen Hemdkragen zurecht. Die extreme Drohung seines Bruders verunsichert ihn ungemein.

So aggressiv hat sich Aro in dreitausend Jahren noch nicht verhalten! Allem Anschein nach ist diese kleine Bella tatsächlich seine Seelengefährtin, was bedeutet, dass er sie unter allen Umständen beschützen und verteidigen wird. Allein die Tatsache, dass Aro entgegen seiner Art handgreiflich gegen ihn geworden ist, hat Caius deutlich gezeigt, dass er dessen Worte sehr ernst nehmen muss. Auch wenn es ihm absolut nicht passt, er wird sich von Bella fernhalten müssen – und nicht nur von ihr. Auch auf sein Vergnügen mit den menschlichen Empfangsdamen wird er wohl oder übel verzichten müssen, wenn er Athenodora nicht verlieren will. Ihre Reaktion vorhin hat ihm klar gemacht, dass sie ihn verlassen wird, wenn er weiterhin seinen Gelüsten so ungehemmt nachgibt - trotz ihrer Seelenverwandtschaft! Und das will er auf keinen Fall riskieren.

Unterdessen läuft Aro in Richtung Südflügel – seine Gedanken kreisen unablässig und voller Sorge um Bella, zu sehr wühlen ihn die obszönen Gedanken seines Bruders auf. An einem Fenster des Ganges, den er gerade durchquert, bleibt er stehen und schaut nachdenklich hinaus auf den nahe gelegenen Wald.
‚Marcus hat recht, ich muss sie unbedingt verwandeln. Und das nicht nur wegen ihres Wissens über unsere Existenz. Natürlich ist es gefährlich für sie, als Mensch hier im Palast zu leben - umgeben von Vampiren, deren Verlangen nach ihrem Blut von Tag zu Tag größer werden wird. Außerdem ist da noch Caius. Er könnte trotz aller Sicherheitsmaßnahmen einen Weg finden, zu ihr zu gelangen und ich kann nicht rund um die Uhr bei ihr sein, um sie zu schützen, so gern ich das auch möchte. Nur als Vampirin hat sie eine Chance, ihn abzuwehren, falls er es trotz meiner Drohung wagen sollte, sich ihr zu nähern.'

Entschlossen setzt Aro seinen Weg fort, kommt jedoch nicht weit, denn zwei Wachen beordern ihn auf Marcus' Befehl hin noch einmal in den Thronsaal. Erst nach knapp einer Stunde kann er sich Bella endlich zuwenden. Als er ihr Zimmer erreicht, nicken ihm die vor der Tür stehenden Wachen höflich zu und machen ihm Platz. Nach einem kurzen Klopfen tritt Aro ein. Bella liegt nachdenklich auf der Chaiselongue und Felix hat es sich auf einem der Sessel bequem gemacht. Er erhebt sich umgehend, als sein Meister ins Zimmer kommt. Dieser nickt kurz und entlässt Felix dankend, woraufhin der Gardist in Sekundenbruchteilen verschwindet.

Bella macht sofort Anstalten, sich zu erheben, als Aro auf sie zugeht, doch er bedeutet ihr mit einer knappen Handbewegung sitzen zu bleiben und nimmt neben ihr Platz. Dann umfassen seine Hände sanft die ihren, liebevoll und doch ernst schaut er ihr nun in die samtbraunen Augen. „Bella, du hast doch gehört, was Marcus im Thronsaal zu mir gesagt hat. „Ja, ich erinnere mich an jedes seiner Worte. Warum? Geht es um meine Verwandlung?", fragt sie nach und richtet sich vor Erstaunen kerzengerade auf. Aro nickt ihr zu. „Ja, mein Liebes. Ich werde es gleich machen – es ist das Beste so...!"

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Gefallene Engel ~ Nella KarihnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt