Flug der Augen

Kapitel 7

Es wäre aber vollkommen unvernünftig jetzt einfach loszufliegen.
Oder nicht?

~~~

Nein!
Das wäre absolut unvernünftig.

Sofort als ich dies beschlossen hatte, kehrte der Teil meines Körpers der sich vorher so frei gefühlt hatte, deutlich und noch genervter wieder in mein Bewusstsein zurück.
Das ich in letzter Zeit dauergenervt von allem und jedem war, fiel mir erst durch das "Gespräch" mit Lil auf.

Okay.
Meine Mitmenschen können nichts für meine persönlichen Entscheidungen.
Also nahm ich mir vor ab morgen freundlicher und wieder wie früher zu werden.
Wenn das denn noch möglich ist.
Nach so einem Gedankenkuddelmuddel.
Oder wie auch immer man das ausdrücken mag....

~~~

Da es jetzt schon dunkel, spät und somit selbst mir zu kalt zum schwimmen war, fuhr ich nach hause.

Noch etwas hatte ich währenddessen beschlossen; ich würde heute Nacht endlich mal wieder komplett loslassen.
Das tat ich nur sehr selten, da dies bedeutete der Magie außerhalb der Akademie freien Lauf zu lassen.
Komplett.

Man würde meine strahlend goldenen Augen sehen und würde sehen wie ich fliege, da ich das unsichtbar machen immernoch nicht richtig beherrschte.
In der letzten Woche hatte ich zwar schon Fortschritte gemacht, da ich mich ununterbrochen in die Übung gesteigert hatte und noch mehr als sonst abwesend reagiert hatte, aber so ganz bekam ich das immernoch nicht hin.

Ich war schon immer eher ein Einzelgänger.
Warum genau, wusste ich nicht.
Es war einfach so das mich zu viel Trubel extrem nervte. (Wie ich es dann mit Lil aushalte weiß ich selbst nicht. Es gibt fast keine Menschen die so durchgeknallt sind wie sie....)
Das könnte eine Folge davon sein, dass ich schon als kleines Kind sehr viel alleine und selbstständig gemacht hatte.
Oder es war eine Art Selbstschutz; wenn wenig Menschen um mich herum sind, können auch weniger Menschen von meiner Magie erfahren.
Das würde zwar nicht erklären warum ich in der Akademie auch so war, allerdings war es wahrscheinlich einfach nur Gewohnheit.

Deshalb tat ich das auch nur sehr selten, wenn ich einfach ganz und gar alles abschalten musste.
So ein Moment war gerade.
Ich hielt mich selbst einfach nicht mehr aus.
Ich nerve alle und alle nerven mich!!!
Ugh....
Am liebsten würde ich nochmal zurückspulen und alles vergessen. Wirklich alles.
Die Magie die mit sowieso nur Ärger einbringt, das Studium an der Akademie und das ständige Konzentrieren um ja nicht aufzufliegen.
Bei manch Anderen wäre das ja nicht so schlimm, da man nur ihre golden strahlenden Augen sehen würde, aber nein, natürlich muss genau ich so eine scheiß Gabe besitzen die loslassen fast unmöglich macht.
Es würde was passieren was auch nicht mit Kontaktlinsen erklärbar wäre.
Ich würde einfach fliegen.

Uns das werde ich jetzt ausnahmsweise zulassen.
Wie ich dieses Gefühl von Freiheit vermisst habe.
Nachts wenn es dunkel ist, in den Wald radeln und einfach loslassen.
Das fühlt sich an als ob man nach ewigem Schweigen endlich wieder reden darf oder nach Jahren in der Wüste, zum ersten mal wieder in einen See springt oder wenn man im Gefängnis war, endlich wieder frei ist. Ein Bedürfnis das gestillt wird.

Jedenfalls ist es ein unglaublich schönes Gefühl.

Als ich dann Zuhause ankam, fand ich einen Zettel im Eingang liegen.
'Bin auf der Fortbildung. D.h. ich werde erst Freitag wieder da sein.
Bussi Mama'

Stimmt.
Das hatte ich ganz vergessen.
Sie war auf einer Weiterbildung in Bremen.
Das Ganze sollte drei Tage dauern und war somit eine super Gelegenheit zu fliegen, da ich sturmfreie Bude hatte.
Naja, ich hätte es so oder so gemacht. Nur so ist es halt sicherer, da sie nicht nachts in mein Zimmer kommen kann, um zu schauen ob das Fenster auf, ich schön zugedeckt und mein Licht aus ist um dann auf eine leeres Bett zu stoßen.
Bei dem Gedanke daran wie süß fürsorglich meine Mutter immernoch war obwohl ich schon 14 Jahre alt bin, musste ich schmunzeln.
Es hatte ewig gedauert sie davon zu überzeugen, dass sie mich für zwei Nächte allein lassen kann.
Schließlich war sie dann doch damit einverstanden, unter der Bedingung, dass ich ihr jeden Tag mindestens drei SMS schicke.