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7. Kapitel

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Autumn's POV:

„Hey, ich wollte dir nur deine Jacke vorbeibringen, du hast sie gestern bei mi-..." Statt River öffnete mir ein dunkelhaariges Mädchen mit einem kleinen Kind auf dem Arm die Tür. Sie betrachtete mich argwöhnisch und zog fragend eine Augenbraue in die Höhe.
„Ich wollte River nur seine Jacke bringen, die hat er gestern bei mir vergessen." Ihr reserviertes Lächeln erwidernd, reichte ich ihr die besagte Jacke.
Doch so weit, dass sie die Jacke an sich nehmen konnte, kam es gar nicht, denn der kleine Junge auf ihrem Arm kam ihr zuvor und grabschte danach.
„Wer bist du kleiner Dieb überhaupt?", fragte ich den Kleinen interessiert, während ich ihm die Jacke wieder abnahm und sie der selbsternannten Eiskönigin in die Hand drückte.
„Ben", stellte sich der Junge vor, welchen ich auf etwa zwei Jahre schätzte, und sah mich mit großen, neugierigen Augen an. Kleine Kinder waren mir schon immer die liebsten Menschen gewesen.
„Wer ist da?" Nun erschien auch River in der Tür und wirkte sichtlich überrascht, mich hier zu sehen. Merkwürdigerweise schien er sogar ein wenig nervös zu sein, trat von einem Fuß auf den anderen.
„Ist er irgendwie mir mit dir verwandt, River? Er hat deine Augen oder bilde ich mir das nur ein?", merkte ich lächelnd an. Ich liebte Kinder wirklich, doch bezweifelte, dass ich selbst später mal eine gute Mutter sein würde oder überhaupt eine.
„Um genau zu sein, ist Ben sein Sohn", klärte unsere Eiskönigin mich scheinbar ganz nebenbei auf. Ihr desinteressierter Unterton machte mich geradezu wahnsinnig und ich fühlte mich fast schon verarscht, als sie mit erhobenen Brauen auf mich herabblickte.
Für eine Sekunde entglitten mir jegliche Gesichtszüge und mein Unterkiefer klappte herunter. Mit ziemlicher Sicherheit wurden auch meine Wangen fiebrig rot, so wie die von River, der starr ins Nichts blickte.
„Das ist jetzt ein Scherz?„ Zwar sollte meine Aussage eine Feststellung darstellen, doch letztendlich klang sie mehr wie eine Frage oder eher eine Hoffnung. Als mir niemand antwortete, schüttelte ich fassungslos den Kopf.
Mit der Entschuldigung Ben sei müde gewesen, verschwand die Eiskönigin mit dem Kleinen im Haus und ließ River und mich alleine zurück. Dieser konnte mir nicht mal in die Augen schauen und starrte stattdessen betreten den Briefkasten an.
„Autumn, lass es mich dir bitte erklären." Mit gesenktem Blick griff er nach meiner Hand, die ich ihm sogleich wieder entzog. Ich wusste nicht genau, weshalb, aber ich fühlte mich, als hätte man mir mitten ins Gesicht geschlagen. Wie sollte ich mich denn auch fühlen? Andererseits hatte auch ich Geheimnisse vor ihm. Nur, dass diese nicht beinhalteten, dass ich bereits mit sechzehn Jahren ein Kind hatte. Das hier war gerade sicherlich die unsensibelste Reaktion überhaupt, aber ich hatte auch nie behauptet, besonders sensibel oder einfühlsam zu sein.
„Du kannst es mir erklären, aber sicher nicht jetzt. Ich brauche erstmal Zeit, um das zu verdauen." Ohne auf ein weiteres Wort von River zu warten, machte ich auf dem Absatz kehrt und durchquerte den Vorgarten. Jedoch hatte sich mein gekonnt dramatischer Abgang spätestens erledigt, als ich stolperte und fast Bekanntschaft mit dem Boden machte. Ächzend nahm ich wieder Haltung an und ignorierte das ungesunde Glühen meiner Wangen.
„Es geht mir gut!", teilte ich River ein wenig unbeholfen mit und eilte schnellen Schrittes nach Hause.
„Na dann", rief mit River dezent verunsichert nach.
Bisher war es ein verdammt schräges Wochenende gewesen. Erst die Cassedy-Davis-Geschichte, dann unser fast Kuss und nun das.



Sonntagmorgen, acht Uhr. Und ich war mies drauf.
Die Geschehnisse der letzten Tagen hatten mich so beschäftigt, dass sie mir den Schlaf raubten. Dementsprechend früh war ich nun auch wach.
Da ich nicht mehr schlafen konnte, saß ich nun hellwach und mega genervt vor meinem Zimmerfenster und starrte auf das Haus der Smiths. Ich war mir nicht ganz bewusst, weshalb ich das tat, aber so ging es mir die meiste Zeit.
An meinen vorherigen Schulen hatte ich das Eingehen von so etwas wie Freundschaften oder menschlichen Beziehungen immer möglichst gemieden. Denn ich wusste, soziale Kontakte brachten meine sozialen Inkompetenzen hervor. Diese wiederum förderten Teeniedrama und Teeniedrama führte zu genau solchen Situationen. Und solche Situationen wie die, in der ich mich gerade befand, waren mit Abstand mein Talent.
Aus meinen Gedanken gerissen wurde ich, als plötzlich Bewegung in die Sache kam. River höchstpersönlich, signalisierte mir mithilfe lächerlicher Handzeichen von seinem Fenster aus, ich sollte runterkommen.
Nachdem ich mich in Schale geworfen hatte, besser gesagt eine schwarze Jogginghose, ein T-Shirt und einen übergroßen Schal, inklusive Sweatshirt angezogen hatte, tat ich dann auch genau das. Unten angekommen, wartete River bereits nervös herumdrucksend an seinem Auto. Ich hatte ihn noch nie zuvor so erlebt. Sonst wirkte er ungesund selbstbewusst.
„Hier bin ich", machte ich mich endlich bemerkbar. Erschrocken drehte River sich zu mir um und bedeutete mir mit einer vagen Handgeste, einzusteigen. Wir schnallten uns an, fuhren los und schwiegen uns weiter an. Währenddessen schaute ich, genau wie River, stur auf die Straße. Der Wagen spiegelte sich im nassen Asphalt und ich bemerkte, wie die Wälder um uns herum immer rötlichere Töne annahmen. Der Herbst stand vor der Tür.
„Sie heißt Raven. Das Mädchen, das du gestern kennengelernt hast, Bens Mutter, sie heißt Raven", begann River nach einer Weile ganz plötzlich zu erzählen. Um ihm zu signalisieren, dass er weitermachen sollte, nickte ich. Raven also.
„Sie war sowas wie meine erste große Liebe", bitter schluckte er, „bis sie mich mit Davis, meinen damaligen besten Freund, betrogen hat", fuhr er fort und schon jetzt war ich merklich geschockt. Autsch.
An diesem Satz verstörte mich ausnahmslos alles. Dass River und Davis überhaupt mal Freunde waren, hätte ich nie erwartet und beste Freunde schon gar nicht. Außerdem nahm die Geschichte einen unerwarteten Lauf und das nach insgesamt nur drei Sätzen.
„Ich habe sie nach einem Footballspiel beim Rummachen in der Umkleide erwischt. Damals war ich so verdammt verletzt und wütend. Ich wollte nur noch weg.„
„Verständlich", entgegnete ich milde. Seine Erzählung raubte mir ein wenig die Sprache.
„Jedenfalls bin ich in mein Auto gestiegen, um zu flüchten. Leider musste Raven unbedingt mitkommen, um mich von ihrer angeblichen Liebe mir gegenüber zu überzeugen", berichtete er, während wir am Waldrand parkten. Hier war es gottverlassen und vor allem ruhig, somit perfekt für eine solche Konversation. Auch, wenn es mittlerweile begonnen hatte, stärker zu regnen. Es schien, als hätte sich das Wetter unserer Situation angepasst.
„Es war finster und nass an diesem Tag. Ich war Fahranfänger. Wir gerieten ins Schleudern und sind gegen einen Baum geprallt. Sie war verletzt, sogar bewusstlos." Man sah ihm an, wie schwer es ihm fiel, davon zu erzählen, und die Schuldgefühle in seinen Augen machten es nicht besser.
Mitfühlend nahm ich seine Hand und verschränkte unsere Finger miteinander. Ich konnte ihn in einem solchen Moment nicht alleine lassen, ich konnte ihn das nicht alleine durchstehen lassen. Auch, wenn ich nach wie vor nicht ganz verstand, was hier vor sich ging. Ich schien manchmal vielleicht etwas schroff zu sein, aber nicht herzlos.
„Im Krankenhaus haben sie dann nebenbei festgestellt, dass Ben unterwegs war. Es war ein einziges Mal gewesen und dabei ist Ben entstanden." Abwesend blickte er hinaus in den Regen und verstärkte seinen Griff um meine Hand, als wollte er sich an mir festhalten.
„Wir waren beide erst fünfzehn Jahre alt, waren selbst noch Kinder. Und auf einmal sollten wir die Verantwortung für eines tragen. Es war eine beängstigende Vorstellung." Nun wandte er sich mir zu. „Aber er war es wert, Ben war jeden Ärger wert.„
Zum ersten Mal trafen sich unsere Blicke wieder und ich hielt scharf die Luft an.
Zwar hatte dieser Moment nichts für mich zu bedeuten, doch selbstverständlich war mir seine nicht zu leugnende Intensität bewusst.
Trotzdem überraschte mich der Kuss, der darauf folgte durchaus.



River's POV:

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von Girly Spice
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