Kapitel 2

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 „Also, ich bin Nicole", verkündet sie fröhlich und streckt mir ihre Hand entgegen. Ich nehme sie schnell.

„Hallo Nicole. Nett dich kennen zulernen", erkläre ich mit einem Lächeln auf den Lippen. Ihre gute Laune ist einfach ansteckend. „Ich bin Allie." Mein Blick wandert zu dem Jungen neben ihr. Ich sehe ihn erwartungsvoll an. Als er nach einer gefühlten Ewigkeit nichts sagt, sehe ich aus dem Augenwinkel wie Nicole ihn einmal mit dem Arm anstupst. Augenblicklich richten sich seine Augen auf mich. Genau dann schmerzt die Stelle hinter meinem Ohr wieder und ich sehe wie die Stelle hinter seinem Ohr wieder einmal kurz blau aufleuchtet. Was hast das bloß zu bedeuten?

Ich habe das Gefühl, dass wir schon seit mindestens einer Stunde dastehen und uns in die Augen starren, ohne auch nur ein einziges Wort gesagt zu haben. Nicole stupst ihn wieder an. Daraufhin reißt er den Kopf zu ihr herum und bricht somit unseren intensiven Augenkontakt. Er schaut sie fast schon wütend an, vielleicht ist er aber auch einfach genervt, und zieht fragend eine Augenbraue hoch.

Nicole deutet mit den Augen einmal auf mich und dann auf ihn. Was macht sie denn da? Hallo? Denkt sie, dass ich nicht mitbekomme was sie tut?

Doch dann schaut sie wieder fest in seine Augen, genauso wie heute morgen, draußen beim Umzugswagen.

Er nickt kurz und richtet dann seinen Blick erneut auf mich, als hätte er etwas verstanden oder zumindest etwas eingesehen. Er räuspert sich leicht, schaut fast schon verlegen auf den Boden und fährt sich mit der Hand durch die Haare, sodass sie zu allen Seiten abstehen. Er sieht so niedlich aus. Ein krasser Kontrast zu gerade eben, wo es so aussah, als würde er Nicole am liebsten umbringen.

„Tja, und ich bin Caden", bringt er mühsam hervor und versucht mich unter keinen Umständen mehr anzugucken. Was ist bloß los mit ihm? Warum benimmt er sich so komisch?

Ich habe so viele Fragen, doch ich beschließe sie fürs Erste zurückzustellen. Ich will ihn jetzt nicht überrumpeln oder ihn noch nervöser machen. „Schön dich kennen zulernen", erkläre ich. „Ich bin Allie." Ich strecke ihm meine Hand nun ebenfalls entgegen, denn so macht man das doch wenn man jemand Neuen kennen lernt. Zögernd schaut er seine Schwester an, die ihm intensiv in die Augen schaut und ihn daraufhin aufmunternd zunickt. Was hat das denn wieder zu bedeuten? Will er mich nicht anfassen? Habe ich etwas an der Hand?

Misstrauisch blicke ich ihn an bis er schließlich zögernd meine Hand nimmt. Bei dieser Berührung verspüre ich wieder so ein seltsames Kribbeln in meinem Bauch. Es ist nicht unangenehm, sondern ganz im Gegenteil. Es ist ein seltsam angenehmes Kribbeln. Zwar ist es nicht so heftig wie heute Morgen, als unsere Blicke sich das erste Mal getroffen haben, dennoch verspüre ich das unerklärliche, aber dringende Bedürfnis ihn zu umarmen oder ihm irgendwie näher zu kommen, egal wie.

Wir halten immer noch unsere Hände und schauen uns wie in Trance in die Augen. Die Welt um uns herum nehme ich nicht mehr wahr. Ich bemerke nur noch halbwegs wie diese Linie aus blauen Funken einen Kreis um uns bildet. Es fühlt sich so an, als wären wir in unserer eigenen Welt, seiner und meiner. Mich überkommt wohlige Wärme und Geborgenheit. Ich kann es mir nicht erklären, aber diese Gefühle sind einfach da.

Nach einer gefühlten Ewigkeit räuspert sich Nicole einmal und reißt mich aus diesem seltsamen Trancezustand. Caden blinzelt verwirrt und runzelt die Stirn während er mir weiterhin in die Augen schaut. War er in dem selben Zustand wie ich oder werde ich jetzt etwa total verrückt?

Doch nun wandert sein Blick zu unseren Hände, die sich nach wie vor berühren.

Ich höre wie Nicole sich noch einmal räuspert. Dann schießt Cadens Blick zu Nicole, die die Stirn bereits in Falten gezogen hat und mich kurz mustert.

Ich frage mich wirklich warum sie mich so komisch anschauen. Ich verstehe es einfach nicht. Ich bin doch nur ein siebzehnjähriges Mädchen.

Bevor ich mir auch noch weitere Gedanken um Cadens oder Nicoles nachdenkliche Mine machen kann, verändert sich Nicoles Gesichtsausdruck schon. Sie strahlt mich nun an und hält mir eine weiße Schachtel mit einer süßen roten Schleife vor die Nase. „Hier", verkündet sie mit überschwänglichem Optimismus. „Das ist ein kleine Überraschung. Sieh es einfach als kleines Begrüßungsgeschenk von uns."

„O-okay", stotterte ich und nehme das Geschenk entgegen. „Danke." Ich linse einmal zu Caden hinüber. Er schaut etwas betreten auf den Boden. Was ist das bloß für eine Anziehungskraft, die ich zu ihm spüre? Dieses Gefühl der Verbundenheit zwischen ihm und mir? So viele Fragen, aber keine Antworten. Ich hatte ja beschlossen, zuerst einmal zu warten und ihn vorerst nicht zu überrumpeln. Also halte ich mich daran.

Ich halte dies Schachtel nach wie vor in den Händen. Unsicher schaue ich zu Nicole hinüber, denn ich weiß nicht was ich jetzt tun soll.

Sie nickt mir aufmunternd zu. „Du kannst es ruhig öffnen. Ist nichts gefährliches drin, versprochen."

Ich ringe mir ein kleines Lächeln ab. „Da bin ich aber beruhigt."

Dies quittiert sie mit einem leichten Grinsen.

Ich war ohnehin nicht besorgt, dass in dieser Schachtel etwas gefährliches drinnen sein könnte. Ich bin einfach nur etwas verwirrt, wegen der Sache mit Caden...

So, nun muss ich dieses Ding endlich öffnen. Also ziehe ich an dem roten Bändchen und öffne dann den Deckel. In der Schachtel befindet sich eine Torte mit einer rosafarbenen Glasur darauf. Sie sieht unheimlich köstlich aus. „Habt ihr die etwa selber gemacht?", frage ich euphorisch.

„Na klar", erwidert Nicole sofort.

„Wow, sie sieht toll aus", erkläre ich. Mir läuft schon das Wasser im Mund zusammen, wenn ich diese Torte auch nur angucken. „Ist das etwa eine Himbeerglasur?"

„Jap.", erklärt Nicole stolz.

„Das ist meine Lieblingsglasur.", verkünde ich glücklich. Ich liebe Himbeeren wirklich. Dieser süße Geschmack und das feine Aroma. Einfach köstlich.

„Ich liebe sich auch. Himbeeren allgemein schmecken einfach am Besten.", verkündet sie.

„Ja das finde ich auch." Ich betrachte die Torte wieder und muss lächeln, da sie meinen Geschmack einfach perfekt getroffen hat.

Doch gerade kommt mir die Situation irgendwie ziemlich komisch vor. Die Beiden stehen draußen vor der Tür mit ihren tollen Klamotten und ich stehe im Haus mit meinem Pyjama und versuche meinen Speichel unter Kontrolle zu halten. Mum würde mir bestimmt raten, dass ich höflich sein soll und sie rein bitten soll, um gemeinsam Tee zu trinken, den Kuchen zu essen und sie besser kennen zulernen.

Also beschließe ich mich, mich von meiner besten Seite zu zeigen. „Wollt ihr vielleicht rein kommen und mir Gesellschaft leisten?", frage ich hoffnungsvoll. Ich würde mich freuen, wenn sie da wären, denn ich hatte heute sowieso nichts vor. „Kuchen essen und Tee trinken?"

Davor sollte ich mich aber dringend umziehen! Hätte ich das doch einfach heute Morgen gemacht! Tja, das ist dann wohl wahrscheinlich die Bestrafung für meine Faulheit. Na toll!

Nicole wechselt einen schnellen und bedeutenden Blick mit Caden. Dieser zuckt nur leicht mit den Schultern. Als Nicole sich wieder mir zuwendet, setzt sie erneut ihr Lächeln auf und nickt. „Klar, gerne. Wenn wir dich nicht stören."

„Ach nein, ich habe heute sowieso nichts mehr vor." Ich trete einen Schritt zur Seite. „Kommt doch rein."

Nicole dreht sich noch zu Caden um. Dieser nickt wieder. Dann kommen sie langsam durch die Tür und betreten somit mein Haus.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 19, 2016 ⏰

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