~ Prolog ~

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Ich renne. Der Wind weht mir durch meine Haare. Die Häuser, die sonst hässlich und schmutzig in den Himmel aufragen, und einem die Sicht zu der scheinbar unendlichen Weite des Himmels versperren, scheinen zu verschwimmen. Ich nehme sie nur noch als wage Schatten an meiner Seite wahr. Fast so, als würden sie gar nicht existieren und ich mich ganz alleine hier befinden würde.

Ich renne weiter. Immer weiter. Es fühlt sich an, als würde ich fliegen. Abheben und mich von dem Wind tragen lassen. Dem Wind, der mir leise ein Lied in meine Ohren flüstert. Ein unbekanntes Lied, das aus einer Welt kommt, die weit, sehr weit entfernt liegt und droht, in Vergessenheit zu geraten.

Ein Lied der Freiheit und der Liebe. Ein Lied von Frieden und Geborgenheit. Ein Lied von Heimat, das mir merkwürdig bekannt vorkommt. Als hätte ich es schon einmal gehört. Nein, als wäre es ein Teil von mir. Ein Teil, der in mir im Verborgenen lauert und nur darauf wartet, ans Licht gebracht zu werden.

Plötzlich nehme ich schnelle, fließende Bewegungen neben mir, im Schatten der Häuser, war. Das hat aber gedauert. Ich dachte schon, sie kommen nie und ich würde gemütlich, ohne spannende Zwischenfälle nach hause spazieren.

Also biege ich links ab in Richtung Königspalast. Doch bevor ich dort ankomme biege ich blitzschnell noch einmal ab. In eine Sackgasse. Nach all den Jahren hier in Evendor kenne ich die Stadt wie meine Westentasche. Ich kenne alle öffentlichen Straßen und die meisten Geheimwege. Evendor ist eine alte und fast schon mysteriöse Stadt mit mehr Geheimen Gassen, Tunneln und Nischen, als ein Mensch wohl kennen kann.

Ich spüre permanent, dass mich jemand verfolgt. Und mit jemandem meine ich drei Personen. Es sind drei verschiedene Gangarten, die ich hören kann. Alle von ihnen sind sportliche, guttrainierte Personen. Sie scheinen alle nicht außer Puste zu sein und bewegen sich gleichmäßig und dynamisch. Das wird ein Spaß.

Am Ende der Sackgasse bleibe ich nun stehen und drehe mich um.

„Sieht wohl so aus, als würde es kein entkommen mehr geben. Weder für mich, noch für euch." sage ich mit einem grinsen im Gesicht zu den drei groß gewachsenen, gut trainierten Männern. Nun kommt es wohl zum Kampf. Ich spüre bereits das Knistern von Adrenalin in mir. Meine Magie rührt sich. Ein Feuer, das in mir lodert. Ein Schatten, der meine Umgebung verschlingen kann. Eine Kälte, die selbst die stärksten und kühnsten zum Zittern bringt.
Ich wurde schon von vielen konfrontiert und weiß, sie sind alle gleich. Kommen beängstigend und gefährlich rüber, dahinter steckt jedoch nicht viel. Nach meinem jahrelangen Training weis ich, wie man Menschen außer Gefecht setzt, ja, sogar Tötet.

„Mädchen, reiß mal deinen Mund nicht so weit auf. Ich würde an deiner stelle lieber gestehen und uns begleiten,als einen Kampf anzuzetteln, den du sowieso nicht gewinnen kannst." meinte der größte von ihnen mit einem selbstgefälligen grinsen. Das wird ihm bald schon vergehen. Denn sie haben nicht einmal den Hauch einer Ahnung, wer ich bin und zu was ich in der Lage !

Die Männer kommen mir immer näher und näher, bis uns nicht mal mehr zwei Meter trennen.

Ruckartig reißt der Blonde ein Messer hoch und versucht damit, mich in einem Zug zu töten. Doch schneller als das menschliche Auge sehen kann, zerschmelze ich mit meiner Umgebung und werde zu einem Schatten.
Mein Angreifer taumelt verwirrt zurück. Im nächsten Moment sackt er auch schon zu Boden. Die anderen Beiden versuchen, nachdem was sie gerade gesehen haben, die Flucht anzutreten. Doch ich bin schneller.
Mit unsichtbaren Händen packe ich sie. Sie fangen schon an zu zittern bei der Kälte, die ich ausströme. Ich presse sie gegen die Mauer.
„Wer hat euch geschickt ?" will ich wissen. Ich habe bereits eine Ahnung... „wir... können nicht..." stammelt der etwas kräftigere. „Bitte... sie werden uns foltern... töten" stammelt der zweite."
WIR. Das kann nur eines bedeuten. Sie haben mich entdeckt. Diese drei Widerlinge waren nur Schnüffler. Arme Hunde, die die Drecksarbeit erledigen müssen. Doch es bedeutet auch... Ich muss hier weg. Sofort.

Ich kann bereits ein leises Rumpeln hören. Die armen Marionetten lasse ich am Leben. Für etwas anderes habe ich keine Zeit. Ich zerschmelze mit der Dunkelheit der Nacht und mache mich, so schnell mich der Wind tragen kann und meine Kräfte es zulasse, auf den Weg zu meinem Unterschlupf.

Nun, das ist wohl das Leben, das ich lebe.
Das Leben eines 18jährigen Mädchens namens Eden. Eden Castorian. Permanent auf der Flucht, von einem Unterschlupf zum nächsten. Wenn die Lage richtig brenzlig wird, muss ich sogar die Stadt, mein geliebtes Evendor, verlassen und suche mir in der Wildnis einen Unterschlupf.
Seit zwei Jahr ist das nun so. Zwei Jahre ist es her, dass ich fliehen musste. Fliehen von den Menschen, die mir einst so nahe standen. Die einst fast so etwas wie eine Familie für mich waren. All das wegen einer Person.
Sein Name: Lerolon. Anführer der Königlichen Leibgarde.

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