Von Lämmern und Wölfen

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Das Lachen, dass die Wohnung für einen Moment erfüllt hatte, ebbte ab und hinterließ nichts, als die schwere Stille der Nacht.

Weber blinzelte und kniff dann verwirrt die Augen zusammen, um in der Dunkelheit auszumachen, was die Ursache des Geräuschs gewesen sein könnte. Dieses fiese Scheppern, welches ihn so unsanft aus seinem Schlaf gerissen hatte. Kurz musste er sich an das dämmrige Licht gewöhnen, bis seine Sicht klarer wurde und er Liv und Hell auf der anderen Seite des L-förmigen zweiten Geschosses erkennen konnte.
'' Was macht ihr denn da?'', empörte sich der zweite Fahrer der Barakudas noch völlig verschlafen. Dem Klang nach zu urteilen, hatten sie begonnen grobe Scherben mit den Füßen zu einem Haufen zusammen zu scharren. Damit machten sie allerdings nur noch mehr Krach. Dann hatten sie also einfach irgendwas umgeschmissen...
Konnte man hier nicht einmal seine wohlverdiente Ruhe haben?

Auf einmal ganz kleinlaut, fing Liv an zu stottern: '' Wir waren...wir wollten... '' Tja, wollten sie nicht ursprünglich schlafen gehen? Das Barakudabiest verstummte, jedoch konnte Hell die verräterische Röte erkennen, die sich auf ihren Wangen bildete. Unbeholfen schaute sie zu ihm auf, doch er machte einfach nur eine wegwerfende Geste mit der Hand.
" Geh' wieder schlafen, Weber. ", riet er, klaubte dann eins der großen Glasstücke aus dem Haufen neben ihm und ließ es in seiner Hosentasche verschwinden.
" Wisst ihr was, ist mir auch egal. ", beantwortete die Spinne sich seine Frage selbst. " Seit einfach nur leise. " Und damit stülpte er sich das weiße Handtuch über die Ohren, um alle weiteren Störgeräusche abzuschirmen und ließ sich mit dem Gesicht nach unten wieder auf die braunen Polster der Couch plumpsen.
Liv warf noch einen skeptisch belustigten Blick auf den Fahrer, dann wandte sie sich wieder an Bullet. " Komm mal mit. " Sie griff nach seinem Handgelenk, ließ die Scherben Scherben sein, die konnten sie nachher immer noch wegräumen. Genauso wie das Mädchen kurz zuvor, wurde Hell rot. So rot wie die Rennstreifen auf der Haube seines Wagens, als er sich von ihr mitziehen ließ. Bis hin zu der Leiter, die zu einem weiß gestrichenen Querbalken führte, an der rechten Längswand des Raumes. Dort ließ sie ihn gezwungener maßen los, um nach den Streben zu greifen. Auf dem Balken lag Webers rubinfarbene Matratze und einzig von diesem Punkt aus ließ sich der Griff der Dachfenster betätigen. Liv drehte ihn, stemmte das Fenster nach oben und stieg hinaus auf das Flachdach. Hell folgte ihr, auch wenn er nicht wusste was sie vorhatte.

Draußen angekommen umwehte ihn die kalte Nachtluft, obwohl der Himmel schon begann heller zu werden. Er sah zu wie Liv zum Rand des Gebäudes ging und sich an die Kante setzte, ihre Beine baumelten in der Luft hin und her.
Hell tat es ihr gleich und versuchte sich von der Schwindel erregenden Höhe nicht abschrecken zu lassen. Für den hartgesottenen Fahrer waren 60 Pferdestärken kein Problem, aber wenn er hier hinunter stürzte, wäre der Fall unkontrollierbar, nicht so wie sein vergleichsweise einfach zu steuerndes Auto.
" Hast du etwa Höhenangst? ", fragte Liv erstaunt; Hell hatte überhaupt nicht gemerkt, dass er die ganze Zeit hinunter auf die von Graffitis gespickte Straße schaute.
" Nein. ", sagte der Missile Man, glaubte er klang dabei sehr überzeugend, bis Liv lachte. Okay...vielleicht doch nicht so überzeugend.
" Dann guck mal hoch. " Das tat er und im selben Augenblick blieb ihm die Spucke weg.
Unter ihnen erstreckte sich die gesamte Stadt. Man konnte alles sehen, vom höchsten Nordberg, an dessen Hang sich einige helle Villen gegen den dunklen grünen Wald abzeichneten, bis zum Galgenberg im Süden, wo der Hochsitz des Richters in den auflichtenden Himmel zu stechen schien. Der Fluss, der die nördlichen Wohngegenden von ihrem dreckigen Arbeiterviertel trennte, durchzog die Landschaft wie ein Keil und floss unter der alten Eisenbrücke hindurch.
Und hinter der ging gerade die Sonne auf, welche den Fluss in eine Straße aus flüssigem Gold verwandelte.
Die warmen Strahlen fingen an sich über das Tal zu tasten, in dem die Stadt lag. Dabei malten sie goldgelbe Streifen, die die harten Schatten der großen Fabrikgebäude verblassen ließen. Hell lehnte sich zurück und stützte sich auf seine Arme. Eigentlich kannte er die gesamte Umgebung, kannte die Straßen und vielen verwinkelten Gassen wie seine Westentasche. Durch das Periskop im Hauptquartier hatten sie alle, die Barakudas, immer einen Überblick über die 'verbotene Zone' gehabt. Nur betrachtete er ihre Welt von hier aus einem ganz neuen Blickwinkel.
'' Es ist schön hier oben. '', gab er zu. Hell griff in seine Hosentasche und zog die Scherbe hervor. Gedankenverloren drehte er sie hin und her. Als Liv das bemerkte nahm sie sie ihm sachte aus der Hand.
Natürlich war der Champ aufregende Adrenalin geladene Autorennen gewohnt, die schon fast einer Achterbahnfahrt glichen, also hätte er eigentlich unbeeindruckt sein müssen. Und trotzdem war er fasziniert von der Aussicht. Davon, wie sich die Wellen des Flusses am Ufer brachen, aber noch viel faszinierter und dass wunderte ihn am meisten, war er von Livs Gesicht, von der Ruhe die sie gerade ausstrahlte. Sie hielt die Glasscherbe gegen die Sonne und betrachtete die Art und Weise, wie sich der Sonnenschein darin brach. Lichtflecken tanzten über ihr Gesicht und sie kniff ein Auge zusammen, als einer dieser Flecken ihre Pupillen streifte.
" Nicht zu kitschig, für dich als Kerl? ", hakte sie mit vor Sarkasmus triefender Stimme nach.
" Doch total. " Der Hellboy verschränkte die Arme hinter dem Kopf und ließ sich genüsslich auf dem erwärmten Dach nieder. Der zufriedene Ausdruck auf seinem Gesicht strafte seine Worte Lügen. Gespielt schockiert schlug er sich mit der Hand vor den Mund. " Was würden nur die anderen von mir denken, wenn sie mich jetzt sehen könnten. "
Liv hatte aufgehört die Scherbe zu betrachten und ihr Blick klebte nun an ihm. Irgendwann ertappte sie sich dabei und wandte sich ganz schnell ab, sodass Hell nur ihren Hinterkopf sah. Etwas verwirrt davon stützte er sich auf die Ellenbogen. Was war denn schlimm daran, dass sie ihn einfach nur ansah? Ihm hatte der Gesichtsausdruck gefallen, den sie dabei gemacht hatte. Einen, mit dem er sie vorher noch nie zuvor jemanden hatte anschauen sehen.
" Seit wann interessieren dich denn die anderen? " Ihr plötzlich ernster Tonfall ließ ihn stutzen. Genauso wie die Tatsache dass sie das fragte, obwohl er eigentlich nur einen Scherz hatte machen wollen. Tun sie nicht, wollte er sagen, tat es aber nicht.
" Hier kümmert sich doch sowieso jeder nur um sein eigenes Wohl. ", erklärte er stattdessen, " Wir brauchen einander, aber nicht weil wir unersetzbar sind, sondern weil wir nur uns haben. Schlussendlich ist sich jeder selbst der Nächste. Es kann nunmal nur einer der Beste sein und darum sind wir kein Team. Wir sind keine Freunde. " Bei den letzten Worten drehte die Brünette den Kopf. Sie seufzte so tief, dass sich Hell fragte ob sie sich darum wirklich sorgte.
Mädchen...dachte er. Er würde diese Gefühlsduselei nie verstehen. Dabei würde er das so gerne. Würde das Mädchen, dass neben ihm saß gern verstehen.
Ihre selbstsichere, fiese Fassade bröckelte und Hell wollte unbedingt wissen, was dahinter lag. Er sehnte sich so sehr danach. Dieses Gefühl war komplett neu. Es überraschte ihn, dass er sich zum ersten mal etwas anderes ersehnte, als nur zu Gewinnen.
Liv legte sich neben ihn auf die Seite, wobei sie ihn forschend musterte.
" Und wir beide? Sind wir Freunde? "

"Guten Morgen..." Naiki lehnte sich in seinem Drehstuhl zurück, während Lotta sich auf die rechte Seite der gläsernen, mit Zetteln übersäten Tischplatte setzte.
" Irgendwelche Anliegen, Madam? "
fragte Dadidas, ganz der Geschäftsmann und schaute zu ihr hinauf. Das Barakudabiest überschlug dabei grazil ihre langen, glatten Beine.
" Nur eins. " Lasziv grinsend sah sie zu wie Naikis elegante Finger, die mit allerlei funkelnden Ringen bestückt waren, ganz sachte über ihren Oberschenkel fuhren, bis zum Saum ihres schneeweißen, knappen Kleides, dass ihre dunkelbraune Haut so gut zur Geltung brachte.
" Ist das so? " hakte der Junge betont interessiert nach und schürzte dann die Lippen. Sein Blick kletterte an den zwei pinken und schwarzen Längsstreifen, die sich am Kleid entlang zogen, hoch. Er drückte sich aus seinem Stuhl, wobei seine zahlreichen Ketten klimperten und beugte sich über die nickende Lotta. Sie küsste ihn und Naiki stellte sich zwischen ihre angewinkelten Knie, die unter seinem Mantel verschwanden. Seine Hände glitten über ihren Rücken, immer tiefer und pressten ihre Hüften gegen sein Becken. Dadidas fing an sich ihren Hals hinunter zu küssen; lauschte dem verzückten Keuchen, dass das Mädchen von sich gab. Während sein Mund ihr Schlüsselbein nachzeichnete und immer weiter nach unten wanderte, fuhr Lotta mit ihren Fingern über seinen weißen Undercut, dann durch die längeren schwarzen Locken. Mit jeder Bewegung wogte das Fell von Naikis Mantel über dem weißen Stoff von Lottas Kleid und lies ihn dabei aussehen, wie ein Wolf der dabei ist ein Schaf zu reißen.

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So, ich melde mich dann auch mal zu Wort...nach ner Ewigkeit 🙈 Ich hoffe es stört euch nicht, dass das Kapitel im Vergleich zum ersten so kurz geraten ist. Das sollte eigentlich ein OS sein, aber ich mag die Charaktere so sehr und ein paar andere Menschen haben mich inspiriert, daher jetzt das hier, was auch immer es ist XD
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Burning brighterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt