Selection - The Dissident - Kapitel 23 | Evelyn

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Unsanft wurde ich von zwei Händen durch den Wald geführt, wobei unsere Entführer anscheinend nicht wirklich darauf acht gaben, uns sicher bis zu ihrem Lager zu bringen. Als ich dann zum vierten Mal mit dem Fuß gegen eine der vielen Wurzel stieß und mich gerade so noch abfangen konnte, wurde es mir zu viel.

„Was auch immer ihr von uns wollt, ich denke nicht, dass ihr es bekommen werdet, wenn ihr uns jetzt bis zum Lager alle vier Beine brecht. Wenn ihr uns umbringen wollt, könntet ihr es auch auf eine schnellere Weise erledigen", entfuhr es mir gedämpft. Geschockt über meine eigene Worte blieb ich stehen. Es hatte sich so unbeschwert angehört, so als ob ich mich schon damit abgefunden hätte, dass ich heute oder in naher Zukunft möglicherweise sterben werde.

Währenddessen war es plötzlich bemerkenswert ruhig geworden. Das Rascheln von Laub war verstummt und doch spürte ich, dass einer unserer Entführer unmittelbar vor mir stand.

„Wer, glaubst du, sind wir?", fragte dieser schließlich mit ruhiger Stimme. Obwohl ich wusste, dass er vor mir stand, zuckte ich zusammen.

„Unsere Rettung oder unser Tod", antwortete ich schließlich leise, so leise, dass ich mir überhaupt nicht sicher war, ob er mich verstanden hatte. Doch kurz darauf wurde mir der Sack mit einem Ruck vom Kopf gezogen und zum ersten Mal konnte ich meinen Entführer genauer betrachten. Das kantige Gesicht und die dunkelgrünen Augen kamen mir bekannt vor, doch konnte ich es keinem Namen zuordnen. Braune schulterlange Haare mit einem blonden Ansatz umrahmten sein junges Gesicht und eine frische Narbe zierte seine rechte Schläfe, die bis zur Wange führte.

„Wer gibt dir das Recht so von uns zu denken?", fragte er, während sein Blick ebenfalls forschend über mich glitt. Bevor ich jedoch etwas darauf antworten konnte, weitete sich sein Blick merklich, als er etwas an meinem Hals bemerkte. Blitzschnell schoss seine Hand hervor und umfasste die Kette der Nordrebellen, was mir einen halben Herzanfall gab.

„Woher hast du das?", knurrte er mit gerunzelter Stirn und drehte den Nordstern zwischen seinen Fingern hin und her. Zeitgleich glitt seine andere Hand an seinen Hals und zog den gleichen Stern aus seinem Kragen hervor. Wie erstarrt blickte ich ihn an. Ein Bild eines Jungen erschien vor meinem inneren Auge. Ein Junge mit dem gleichem Gesicht, nur dass seine Haare kurz und komplett braun waren.

Nun war ich es, die die Stirn runzelte und ihn mit halb offenem Mund anstarrte. „J-Jace?" Ein erstaunter Blick, den er schnell zu verbergen versuchte, war die Antwort. Schnell nahm sein Blick wieder den distanzierten Ausdruck an und ließ die Kette los, bevor er einen Schritt zurücktrat.

„Kennen wir uns?", fragte er schließlich und kniff die Augen zusammen.

Hoffnung flatterte wie ein junger Vogel wieder in mir auf und ich konnte mich nicht davon abhalten, wild zu nicken.

„Nun, da ich dich allerdings nicht wieder erkenne, kann unser Zusammentreffen nicht zu wichtig sein", meinte er schließlich überraschend gleichgültig und winkte dann einen der anderen hinter mir zu. Wieder wurde ich unsanft nach vorne getrieben, wobei ich diesmal wenigstens sehen konnte, wo ich entlang lief.

Zu erstaunt darüber, was gerade passiert ist, war ich unfähig etwas zu sagen, geschweige denn zu protestieren. Erst als ich das Lager bereits in der Ferne sah, löste sich meine Zunge.

„Ist Hel wieder auf den Beinen?", eine Frage, die mir schon viel zu lange auf der Zunge brannte. Abrupt blieb Jace stehen, so plötzlich, dass ich, trotz der Hände, die mich festhielten, in ihn hineinlief.

Eine Weile lang war es still, ehe er sich umdrehte, und blickte mich aus dunklen Augen an. Doch anstatt mir zu antworten, stellte er mir im Gegenzug eine Frage.

The Dissident | Selection  (DEU)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt