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4. Kapitel| Anna

Ich bin in meinem Bett aufgewacht. Das Licht war aus und neben meinem Bett stand das Glas mit Wasser.
Was soll ich jetzt denken? War es doch ein Traum und ich habe mir alles eingebildet? Meine Eltern haben nichts mitbekommen und ich glaube das ich verrückt geworden bin. Eine andere Erklärung habe ich nicht und ich muss zugeben das meine Nerven in letzter Zeit doch ziemlich gelitten haben. All die Aufregung muss mich zum fantasieren gebracht haben. Er war nicht dort. Es war ein dummer Alptraum, mehr nicht.
Trotzdem kann ich nicht verhindern das sich die Gedanken in meinem Kopf immer und immer wieder überschlagen. Ich wünsche mir, ich wäre einer der Menschen, der Geschehens einfach vergessen kann, ohne sich Gedanken darüber zu machen, was passiert ist, was getan oder gesagt wurde. Aber zu diesen Menschen gehöre ich leider nicht. Und das werde ich auch nie.

"Und das ihr mich ja nicht blamiert. Ihr repräsentiert hier schließlich die Schule." Die Stimme unserer Lehrerin befreit mich aus meinen Gedanken und dem unbehaglichen Gefühl mir nicht selber trauen zu können. Mit der Klasse besuchen wir heute ein Museum in der Nähe der Universität von Leeds.
Nachdem die Aufgabenblätter verteilt sind, löst sich die Ansammlung um Mrs. Meyer. Die ersten zücken ihre Handys, zuerst nur in der Hand aber kaum hat die Lehrerin das Blickfeld verlassen geht der Blick auf den Display.

"Ich gehe schon hoch", meine ich beiläufig. Irgendwann hat man seinen Platz in der Klasse und dann lässt sich der auch nicht mehr ändern. It-Girl bleibt It-Girl, graue Maus bleibt graue Maus. Und ich gehöre wohl zu letzterem, obwohl ich mich eher als Einzelgänger bezeichne.  Ich habe den Anschluss verloren und ihn nie ganz wiedergefunden. In den ersten Jahren schmerzte diese Rolle noch, dann hatte ich mich daran gewöhnt. Manchmal tut es noch weh, wenn die anderen mich links liegen lassen, wenn ich bei der Mannschaftsauswahl im Sport zuletzt übrig zu bleibe. Wenn die It-Girls von ihren tollen Geburtstagsparty erzählen, zu denen ich nie eingeladen bin. Aber ich habe gelernt damit zu leben. Ich habe meine Freunde, außerhalb der Schule.

Ich laufe zu den Fahrstühlen.  Mit einem Gong öffnen sich die Türen und ich steige in den Aufzug. Kurz nach mir, steigt jemand zu. Aus dem Augenwinkel sehen ich eine schwarze Hose und glänzende Derby Schuhe.

Sicher einer der Mitarbeiter. Er tritt in den Aufzug hinter mich, ehe sich der Fahrstuhl in Bewegung setzt.
Ich ziehe mein Handy aus der Jeanstasche. Taissa hatte sich per SMS gestern Abend noch für die Aktion im Park entschuldigt und zugegeben das die Idee doch dumm gewesen war. Benjamin hingegen hätte sich gefreut Mr. Hugglesworth wieder zu bekommen.

"Was ist auf deinem Handy so wichtig, dass du nicht auf deine Umgebung achtetest Anna, hat dein Leben so wenig Wert?" Die stille, bedrohliche Stimme erschreckt mich. In meinen Kopf arbeitet es. Ich kenne diese Stimme. Langsam drehe ich meinen Kopf so, das ich wieder seine lederne Schuhe sehen kann. Mein Blick wandert über die Stoffhose seines Anzugs, hoch zu seinem Schackett bis zu seinem Gesicht und den einschüchternden dunklen Augen. "Ich träume", flüstere ich zu mir selbst und starre ihn an. Ich habe ihn nicht so groß in Erinnerung. Er stößt sich von der Wand des Aufzugs, an der er bis eben gelehnt hatte, um den Stoppknopf zu drücken. Das Klirren der Glocke stürzt auf uns herab, meine Ohren schmerzen, mein Atem bleibt in meiner Brust stecken.
Er überwindet den Abstand zwischen uns in zwei schnellen Schritten. Seine Hand legt sich um meinen Hals und drückt mich gegen die kalte Stahlwand. Ich schreie auf als er seine Nase und Mund in meine Haare drückt und tief einatmet. Ein Schauer jagt über meinen Rücken. Angewidert schüttele ich mich. Seine freie Hand greift in meine Haare und zieht meinen Kopf zurück.

"Fürchtest du dich, Anna?"

Ich nicke, so gut ich kann. Er soll mich los lassen. Ich will seine Hände und seinen Atem nicht auf mir spüren. "Du brauchst mich nicht zu fürchten, ich werde dir nur weh tun, wenn du mir einen Grund gibst. Tust du was was ich dir gesagt habe, musst du dir keine Sorgen machen, verstehst du?", erklärt er in einem ruhigen Tonfall, der mir trotzdem das Blut in den Adern gefrieren lässt.
"Mmhmm", murmele ich und er nickt. "Gut, jetzt geh, starte den Fahrstuhl und komm zu mir zurück."
Es dauert bis ich seine Worte verarbeitet habe. Meine Beine sind schwer wie Blei, als ich sie über den Boden bewege. Einen Fuß vor den anderen. Meine Hände zittern, als ich den Knopf drücke. Die plötzliche Stille kann ich nicht wahrnehmen, weil ich immernoch das Klingeln im Kopf höre. "Bist du der Mörder von den anderen Mädchen?", frage ich unverblümt. An mögliche Folgen denke ich gerade nicht. Ich will es endlich wissen. Ist der Mann, für den ihn alle halten?

"Vielleicht solltest du dich lieber um dich statt der Mädchen kümmern?" Er sieht mich abwartend an, und will das ich wieder zu ihm komme aber ich denke gar nicht mehr daran.
"Wieso sollte ich? Du hast gesagt du tust mir nichts", sage ich und er lächelt selbstgefällig.
"Denkst du nicht, es wäre für mich einfacher dich umzubringen, statt dich im Auge behalten zu müssen?"
Er deutet zu den Knöpfen. "Ich hätte warten können, bis du einen Knopf drückst. Dann hätte ich den Knopf der Etage direkt unter deiner gedrückt. Wenn wir auf dieser Etage ankommen, öffnet sich die Tür und ich wäre heraus gegangen. Bevor sich die Türen schließen hätte ich dafür gesorgt das du mich ansiehst, damit ich deinen dümmlichen Gesichtsausdruck sehen kann. Ich hätte dir gesagt das ich dich töten werde, sobald du die nächste Etage erreichst. Dann wäre ich die Treppen hinauf gelaufen und hätte auf dich gewartet. Wenn sich die Türen öffnen, wäre ich dort gewesen und hätte dich getötet. Und der schlimmste Teil wäre nicht der Tod selbst gewesen, sondern das schiere Entsetzen, das du zwischen diesen beiden Stockwerken erlebst, wenn du gefangen bist"

Ich kann nicht antworten.

"Du solltest aufhören dich um andere zu sorgen, das ist eine selbstsüchtige Welt, Anna. Bekommst du das hin?"

Seine Worte rauschen an mir vorbei. Ich starre auf die Stelle direkt vor mir. Ein Punkt auf dem gemusterten Fahrstuhlboden. 

"Antworte mir"

"Ja!"

Er macht einen Schritt auf mich zu, überwindet dabei mühelos den Raum der uns trennt.
Ich zucke heftig zusammen als er seine Hand hebt. Einen Moment zögert er, ich spüre seinen Blick auf mir brennen. Dann drückt er einen der Knöpfe und die Türen öffnen sich.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 17, 2017 ⏰

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broken heart | zayn malikWo Geschichten leben. Entdecke jetzt