Teil4

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Ich wusste nicht mehr genau, wie ich nach Hause gekommen war. Jedenfalls stand ich jetzt vor der Tür und versuchte zitternd, sie aufzuschließen. Doch meine Hände gehorchten mir nicht wirklich. Nach einer Ewigkeit gelang es mir dann doch. Ich rannte fast die Treppe hoch, während ich meine Jacke bereits auszog. Oben angekommen schmiss ich meine Schuhe in die Ecke und rief nach Finn und Em. Als mir niemand antwortete, sah ich kurzerhand im Kinderzimmer nach. Tatsächlich, da lag sie, friedlich schlummernd und keine Ahnung davon, was ihr morgen bevorstand.

Ich hatte Finn, den ich gestern eingeschlafen im Bad gefunden hatte, nichts von Ed oder Taylor erzählt. Somit war ich jetzt mit meinen Gefühlen alleine, als sich Em die Schuhe zuband und versuchte, in ihre blaue Jacke zu schlüpfen. Es war bereits halb zwei, weswegen ich langsam nervös wurde. Kurzentschlossen half ich meiner Tochter mit dem Reißverschluss und zog sie mit aus der Wohnung. Natürlich war ihr aufgefallen, dass wir nicht zur KiTa fuhren und natürlich auch, dass ihre Mutter ziemlich aufgeregt war. Während ich fieberhaft versuchte, einen Parkplatz zu bekommen, löcherte sie mich mit Fragen. „Wir gehen frühstücken.", sagte ich ihr und schrie kurz auf, als ich endlich eine Lücke gefunden hatte. „Mit wem? Warum?" „Einem Freund." Schmollend weigerte sie sich, auszusteigen, so dass ich sie praktisch bis zur Tür tragen musste. Kurz bevor ich diese öffnete, kam mir die Erinnerung davon, wie ich das letzte Mal mit Em bei Ed war.

„Was willst du hier?", lallte mir Ed entgegen, der Alkoholgeruch stieg ich meine Nase und ich hielt das Kind in meinen Armen, noch fester an mich gedrückt. „Mit dir reden.", murmelte ich und trat vorsichtig ein. Wir wohnten schon seit Monaten nicht mehr zusammen und meine schlimmsten Befürchtungen waren offensichtlich eingetreten. Überall lagen Bierdosen und -flaschen, es stapelten Pizzakartons. Ich kickte ein paar zur Seite und setzte mich auf das ramponierte Sofa. Beruhigend sprach ich auf meine Tochter ein, während sich Ed auf dem Stuhl mir gegenüber niederließ. „Also, was willst du?" Ich sah ihn vernichtend an. „Das Haus. Was machen wir damit?" „Erst nimmst du mir mein Kind per Gerichtsbeschluss weg und dann willst du auch noch mein Haus?", er begann schon wieder, auszurasten. Ja, ich hatte ihm das Sorgerecht entziehen lassen. Genau aus diesem Grund. Er hatte sich fast jeden Abend besoffen und seinen Stress an uns ausgelassen. Es ging nur noch um ihn. Therapien lehnte er ab. Irgendwann konnte ich nicht mehr und bin eines Nachts mit Emmylou abhauen. „Ich will es nicht. Wir ziehen erstmal zu meinen Eltern." „Mach das.", grummelte er und wollte sich abwenden, um sich eine Zigarette anzuzünden, doch ich hielt ihn zurück, indem ich ein Papier aus meiner Tasche zog und es ihm vor die Nase hielt. „Und das, musst du nur unterschreiben und an deinen Anwalt schicken.", sagte ich nachdrücklich. „Was ist das?" Als er die ersten Zeilen gelesen hatte, schmiss er es auf den Boden. „Scheidungspapiere? Ist das dein Ernst?" Er war aufgesprungen. Ich setzte Em vorsichtig ab und stand jetzt ebenfalls. „Ja. Was denkst du denn, was der nächste Schritt ist?" „Aber...", zu meiner Überraschung füllten sich seine Augen mit Tränen. „Aber ich liebe euch doch. Du kannst nicht einfach gehen. Ich lasse mich nicht einfach wegschmeißen." „Verdammt, Ed!", jetzt war ich daran, die Beherrschung zu verlieren. „Du hattest deine Chance, vor Monaten! Du hättest in die Klinik gehen sollen. Dann hätten wir neu anfangen können. Aber nein, der werte Herr musste ja seiner scheiß Sucht nachgeben und alles um ihn herum vergessen! Du bist der größte Fehler, den ich jemals gemacht habe, Edward Cristopher Sheeran.", ich spuckte seinen Namen förmlich aus. Ich sah ihm direkt in seine blutunterlaufenden Augen. Dann spürte ich einen brennenden Scherz auf meiner Wange. 

Hide and Seek || Ed SheeranWo Geschichten leben. Entdecke jetzt