Schreckliche Klarheiten

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Was war das denn gerade gewesen?

Seine letzten Worte hallten mir immer noch im Kopf. ‚Das gilt genauso für dich‘, hatte er gesagt. Und die Zähne gebleckt. War es ihm doch nicht ganz so egal, ob ich lebte oder tot war, wie ich zuerst dachte? Konnte sich das Blatt, das über Glück oder Pech entschied, so schnell wenden?

Er wollte mit mir reden. War das nun gut oder schlecht? Das kam ganz darauf an, was er sagen wollte, entschied ich. Und ich entschied auch, mich nicht zu früh zu freuen. Eigentlich wollte ich mich gar nicht freuen, die Enttäuschung wäre zu groß. Wenn ich schon oft gedacht hatte, die Hoffnung würde mich jeden Moment umbringen, wäre dies dann, wäre sie wieder vergebens, tatsächlich der Fall.

„Und das war Edward Cullen?“, fragte Jake.

Ich nickte nur.

„Dieser Kerl bringt dich jede Nacht um deinen Schlaf?“

Wieder nickte ich.

„Der verursacht diese Träume?“

Nicken.

„Für ihn willst du eine glückliche Zukunft wegwerfen?“

Ich schnaubte. „Jake, nur mit ihm kann ich eine glückliche Zukunft haben.“ Die Überlegungen vor nur so wenigen Minuten wurden nichtig und idiotisch. Eine schwachsinnige Idee, es würde alles gut werden, würde ich Jake nehmen, meine Option zwei. Pah.

„Das sind ja rosige Aussichten für dich“, meinte er nur.

„Denkst du, ich bin nicht gut genug für ihn?“

Er lachte. „Wie kommst du denn darauf? Natürlich bist du gut genug für ihn. Er ist es nur nicht für dich.“

„Das ist jetzt wirklich schwachsinnig“, flüsterte ich, denn ich wusste, dass es nicht so war.

Er zuckte die Schultern. „So sehe ich das zumindest.“

„Du bist ein Junge, du siehst sowieso alles anders.“

„Woher willst du das so genau wissen?“

„Jake, ich habe jetzt keine Lust auf Scherze.“

„Aber jetzt mal im Ernst.“

„Das ist mein Ernst. Mein voller Ernst.“

„Meiner auch. Oder denkst du, ich mache Witze?“

„Hmm … ich glaube schon.“

Er seufzte. „Okay, ich gebe auf. Also, erzähl schon, was genau ist denn an ihm so unglaublich besonders?“

Da musste ich nicht lange überlegen. „Er sieht unheimlich gut aus, er ist lieb, er hört mir zu, er ist zärtlich, einfach wundervoll … - also, zumindest war er das in meinem Traum.“

Jake zeigte auf sich. „Das bin ich doch auch.“

Ich hob nur die Augenbraunen.

„Nein wirklich!“, beteuerte er mir.

„Beweis es.“

Er grinste breit. „Gerne.“ Er beugte sich zu mir und mein Herz fing polternd an, sich zu überschlagen, als sich sein Gesicht meinem näherte. Wir hatten uns schon einmal geküsst – also, in dem Traum. Dreimal sogar. Es war toll gewesen, musste ich ehrlich zugeben. Er hatte sich nicht zurückhalten müssen, sodass er mir nicht wehtat, er konnte seiner Leidenschaft einfach freien Lauf lassen. Aber der wirklich erste Kuss von Edward, als ich ein Vampir geworden war und er sich ebenso keine Sorgen mehr machen musste, war damit nicht zu vergleichen gewesen. Ich verdrängte diese Gedanken und konzentrierte mich auf das Jetzt. Das Jetzt, indem Jake mich küssen wollte.

Bis(s) zum Erwachen - Wie ein Déjà-vuWo Geschichten leben. Entdecke jetzt