Chat ⑦⑨

5.4K 623 40
                                    

Jungkook:

Schwer atmend komme ich vor der braunen Eingangstür zum stehen.
Ich hole einmal tief Luft und schließe meine Augen, um mich zu beruhigen.
Ganz ruhig, Jungkook. Das war deine Idee und es ist richtig so.
Meine Hand zittert, als ich sie hebe um auf die Klingel, unter welcher mit einer unglaublich schönen Handschrift 'Familie Kim' steht, zu drücken.
Als ich diese Gedrückt habe ziehe ich schnell meine Hand zurück und würde am liebsten wieder zurück rennen. Am besten ganz weit weg.
Die Tür wird mir geöffnet und ich weiß nicht ob ich froh sein soll, dass Frau Kim vor mir steht und mich mustert. Zum einen bin ich froh, weil ich noch etwas Zeit habe. Zum anderen habe ich jetzt noch die Möglichkeit zu rennen und diese würde ich auch unglaublich gerne nutzen.
"Jungkook? Was machst du denn hier? Ich hab dich eine Weile nicht gesehen.", lächelt sie und ignoriert die Tatsache, das sie mich höchstens zweimal gesehen hat.
"Ich möchte kurz mit Taehyung reden.", sage ich leise und sie nickt.
"Er ist in seinem Zimmer.", lächelt sie und schließt die Tür. Das wars dann wohl mit abhauen.
Ich laufe durchs Haus und finde es abermals viel zu groß. Die kleine Wohnung mit meiner Mum reicht vollkommen. Vor der Zimmertür, hinter welcher leise Musik ertönt, bleibe ich stehen. Augen zu und durch. Ich klopfe und hoffe, dass Taehyung es durch die Musik hört. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals und wie schon so oft heute lecke ich mir über die Lippen, da sie sich trocken anfühlen.
Die Tür wird geöffnet und bevor Taehyung irgendwas sagen kann, habe ich meine Arme um ihn geschlungen und drücke mich fest an ihn. Anscheinend mit etwas zu viel Kraft, denn Taehyung stolpert ein paar Schritte ins Zimmer zurück.
"Jungkook?", fragt er leise und ich nicke in seine Halsbeuge. Hinter uns höre ich die Tür ins Schloss fallen.
Taehyung erwiedert meine Umarmung weiterhin nicht, doch ihn los zulassen kommt nicht in Frage. Ich habe dieses Gefühl vermisst.
"Was willst du hier?", fragt er etwas weicher, als ich es die letzten Tage von ihm gewohnt bin.
"Reden. Dir alles erklären. Ich will, dass du mir endlich zuhört.", hauche ich und plötzlich spüre ich Taehyung Hände an meinem Rücken.
Sanft streicht er über mein Shirt und sagt nichts. Ich habe seine Berührungen so vermisst. Ihn so vermisst. Ich ziehe noch schnell seinen betörenden Duft ein und ziehe mich langsam zurück und sehe ihm endlich ins Gesicht. Seine Augen huschen hin und her, scheinen jeden Zentimeter meines Gesichts einzusaugen.
"I-Ich hab dir doch von dem Video erzählt und dass ich deswegen im Krankenhaus liege oder?", frage ich und Taehyung nickt.
"Das Stimmt, jedoch habe ich als ich meinte, dass ich Sex mit einem anderen hatte ein wichtiges Detail, nein so kann man es nicht nennen, das wesentliche ausgelassen. Der Typ, der mich, wie einen Gegenstand den er besitzt, nach Lust und Laune zu sich geholt hat, hat mich ins Krankenhaus geprügelt und das nicht das erste mal."
Ich schlucke kurz.
"Er hat mich oft fertig gemacht und irgendwann hatte ich einfach keine Kraft mehr, hab alles was sie Taten über mich ergehen lassen. Irgendwann hatte ich mich sogar an das tägliche Leben mit körperlichen Schmerzen gewöhnt. Einmal haben sie es dann übertrieben und mich ins Krankenhaus befördert. Kurz darauf hat er mir dann den Vorschlag gemacht, dass wenn ich ihm meinen Körper zur Verfügung stelle, würde er mich 'in Ruhe' lassen.
Ich habe eingewilligt, dachte, dass es besser sein würde, als mich von ihm und seinen Kumpanen verprügeln zu lassen. Ich hab mich geirrt. Es war die Hölle, jedes mal. Habe ich nicht getan was er wollte, hat er mir trotzdem körperliche Schäden zugefügt. Ihm war egal wie ich mich dabei fühle. Er hat getan was ihm gefällt, er hat alles mit mir getan. Ich wollte ein paar mal aufhören, wusste aber, dass alles schlimmer werden würde. Er würde es allen erzählen und er und seine Freunde würden wieder auf mich los gehen. Ich hatte Angst. Aber weißt du was das lustigste dabei ist?"
Ich lache kurz auf.
"Er fickt mich, aber hat mich dafür geschlagen, dass ich Schwul bin und mit einem anderen Jungen geschlafen habe, nein Sex hatte, denn er hat nichts zur mich erfunden."
Ich atme einmal laut aus und schließe kurz meine Augen.
"Ich hatte Sex für Gegenleistung, wie eine Schlampe. Ich hasse mich dafür und mein Gewissen macht mich jeden Tag fertig. Ich fühle mich grässlich und benutzt, schmutzig und am liebsten würde ich aufwachen und alles war nur ein böser Traum. Aber es ist nicht so. Ich habe es wirklich getan und fühle mich erbärmlich. Vorallem dir gegenüber. Am Tag als ich ins Krankenhaus kam habe ich es beendet. Ich wollte es dir nicht mehr antun und habe dafür die Folgen in Kauf genommen. Aber mein Gewissen hat mich einfach nicht in Ruhe gelassen. Du hast das Recht zu erfahren, was ich getan habe."

"Ist das wahr?", fragt er nach Minuten der Stille.
"Denkst du wirklich, dass ich dir in solchen Momenten irgendeine Lügen Geschichte auftischen würde?", frage ich ungläubig.
"Nein... Es klingt nur so Krass, so surreal. Ich- Ich-". Er bricht ab und zieht mich in eine Umarmung.
"Es tut mir leid.", füge ich noch zu meiner Erzählung hinzu.
"Nein, mir tut es leid, so sehr. Ich habe dir nie zugehört und dann kommst du mit sowas! Ich- Es tut mir so leid.", haucht er und zieht einmal die Nase hoch, was mich kurz das Gesicht verziehen lässt, doch dann lächel ich gegen seinen Hals.
So stehen wir lange da. Taehyung fährt mit seinen Händen über meinen Rücken und ich habe meine Hände ruhig auf seinen Schulterblättern liegen. Wir beide genießen einfach die nähe des anderen, die ich so vermisst habe.
"Ich habe dich vermisst.", hauche ich.
"Ich dich auch, so sehr."

Und ich bin mir sicher, er weiß, dass ich damit auch noch etwas anderes gemeint habe, was wir beide momentan noch nicht aussprechen können, egal wie sehr wir es tun.

Sure? || Vkook {Texting}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt