2. Kapitel - Der Tag der Toten

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Seit unserer Fahrt über den See und der anschließenden Wahl des sprechenden Hutes, mich in das Haus Slytherin zu stecken, sind fast zwei Monate vergangen. Ich habe mich gut eingelebt und bin endlich da angekommen, wo ich hingehöre. Freunde habe ich auch schon gefunden, doch von ihnen ein andermal mehr. Denn nun sind die Herbstferien da. Zum ersten Mal seit ich in den Hogwarts-Express gestiegen bin, werde ich meine Eltern wiedersehen. Denn in den Herbstferien bin ich selbstverständlich nach Hause gefahren. Das ist ein Muss bei uns! Schon an der Grundschule war das so. Anderen Schülern ist es besonders wichtig, zu Weihnachten oder Ostern zu Hause sein zu können, doch bei uns ist das wichtigste Fest des Jahres der Tag der Toten, Día de los Muertos.

Niemand in meiner Familie stammt aus Mexiko, nein, das nicht. Aber meine Mutter (ihr wisst es ja bereits, sie ist der Muggel bei uns in der Familie) unterrichtet Kulturgeschichte und Anthropologie an der Cambridge University und ihr ist dieser Brauch schon allein deshalb so sehr wichtig, weil er praktisch "vom Aussterben bedroht" ist, wie sie nur allzu gern predigt: Weltweit feiern immer mehr Menschen das nordamerikanisierte Halloween, die alten Bräuche werden mehr und mehr verdrängt.
Außerdem war Stammbaum- und Ahnenforschung schon immer mehr als nur ein Hobby in der Familie meiner Mutter. Ihre eigene familienhistorische Forschung hat ergeben, dass ihr Ururur... frag-mich-wie-viele-ur ...onkel im Jahre 1326 bereits seinen Stammbaum erforschte, weshalb sie ihre Linie letztlich bis ins Jahr 609 zurückverfolgen konnte.
Und als mein Dad meine Mom heiratete... Naja, Dad entstammt einer der ältesten reinblütigen Zaubererfamilien Großbritanniens, da muss ich wohl kaum noch hinzufügen, wie weit zurückgehend er "die Reinheit seines Blutes" nachweisen kann...
Für seine Eltern war es übrigens, vorsichtig ausgedrückt, ein Schock, als er eine Muggelfrau heiratete. Die Situation beruhigte sich erst mehr oder weniger, als meine Mutter etliche Magier in IHREM Stammbaum nachweisen konnte, obgleich sie es freilich selbst nicht wusste, bis sie meinen Vater kennenlernte und er sich ihr als Zauberer offenbarte. Nun war man sich nicht mehr einig, ob meine Mutter folglich einer langen Reihe Squibs entstamme, die sich auf eine Hexe im 9. Jhd. zurückverfolgen ließen, oder ob es nicht doch besser sei, sie als Muggel zu betrachten (denn seien wir mal ehrlich: hätte mein Vater eine Squib geheiratet, wäre das für einige unserer engsten Verwandten eine noch größere Schande gewesen, als eine "gewöhnliche Muggelfrau").

Doch ich schweife vom Thema ab. Der Tag der Toten ist also eine nicht unerheblich wichtige Familientradition bei uns. Und darum ist es umso wichtiger für mich, in den Tagen vor dem 31.10. zu Hause zu sein, um bei den Vorbereitungen dabei sein zu können. Und vom 31.10. bis zum 2.11. wird gefeiert.

Heute ist der 30.10. und es ist noch viel zu tun. Mein Dad und ich sind für die Dekoration zuständig, meine Mom kocht und bäckt.
Erst einmal zaubern wir Blumen in Hülle und Fülle, das ganze Haus und der Garten sind damit geschmückt. Totenköpfe gehören natürlich auch dazu und keiner kann bessere heraufbeschwören, als mein Vater. Auch ich zeichne mit meinem Zauberstab einige in verschiedenen Größen in die Luft und mit "Creare" werden sie Materie. Sie sind noch recht schlicht, doch der Zauber gelingt mir von Mal zu Mal besser. Seit wir in Verwandlung Stühle heraufbeschworen haben, ist bei mir der Knoten geplatzt und ich bekomme diesen Zauber für mich selbst überraschend gut hin.

Auch mein Dad hat das gemerkt. "Mensch, Adamantha - deine Totenköpfe sind dieses Jahr ja schon richtig gut!", nickt er anerkennend.
Ich grinse ihn an, etwas unfähig, mit seinem Lob umzugehen.
Wir treten beide ein Stück zurück und begutachten das von uns erschaffene Gesamtwerk. Es sieht einfach toll aus! Die Farbenpracht der Blumen ist überwältigend und stellt einen tollen Kontrast zu den weißen Schädeln dar. Die vorherrschenden Farben der Blüten sind in traditionell kräftigem Gelb und Orange gehalten, weil der Volksglaube besagt, dass die Toten diese Farben besonders gut sehen können und sie so den Weg aus dem Totenreich leichter in die Welt der Lebenden finden.

Sieben Jahre in Slytherin - Adamanthas SchulzeitWhere stories live. Discover now