3. Kapitel: Ein neues Jahr beginnt

25 1 0
                                    

Ich sitze im Zug, mit geschlossenen Augen, lausche meiner Umgebung und freue mich auf unsere baldige Ankunft in Hogwarts. Ich war wohl während der Zugfahrt kurz eingedöst und nun, mit meinem Wachwerden, höre ich Aidan und Ophelia in unserem Abteil rumblödeln und freue mich einfach, dass ich die beiden habe.

Ich kann es noch gar nicht so richtig glauben, dass ich nun schon in die zweite Klasse gehen werde! Als in den Ferien die Eule mit meinem Zeugnis kam... Meine Eltern waren total aus dem Häuschen, nannten es ersthaft ein "Hermine-Zeugnis", weil ich überall Ohnegleichen hatte- außer in Verteidigung gegen die dunklen Künste, da war es ein Erwartungen übertroffen. Mir selbst fiel gleich ein ganzer Felsbrocken vom Herzen, dass ich tatsächlich versetzt werden würde. Und weil ich so gute Noten hatte, haben meine Eltern erlaubt, dass ich zwei Freunde für eine Woche zu uns nach Hause einladen darf! War ja wohl klar, wen ich da fragen würde. Wenn ich daran zurückdenke, wie wir drei uns kennen lernten...

Ich war noch ganz neu an der Schule und hatte mich anfangs ständig verlaufen. Dann kam Nicks Todestagsfeier und an jenem Abend lernte ich erst Ophelia und später Aidan kennen. Aidan hatte ich zuvor schon ein paar Mal im Treppenhaus und im Gemeinschaftsraum gesehen. Er war mir seines Vertrauensschülerabzeichens wegen sofort aufgefallen- und wegen seines guten Aussehens- und einige Male hatte ich ihn schon nach dem Weg gefragt, wenn ich wieder einmal nicht wusste, wo der Klassenraum der kommenden Unterrichtsstunde war. Jedes Mal, wenn ich wiedereinmal etwas nicht wusste und ihn um Hilfe bitten musste, kam ich mir so dumm vor, doch er hat mich spüren lassen, dass es völlig normal ist, anfangs viele Fragen zu haben und hat mir schlicht geduldig erklärt, wie in Hogwarts der Hase läuft.

Ich schlich mich also am 31.10. abends ganz vorsichtig und unauffällig in die Große Halle. Ich weiß noch, wie nervös ich gewesen bin, weil ich nicht sicher war, ob ich als Erstklässlerin so spät überhaupt noch mitmischen durfte. Und dann saß da diese eine recht hochgewachsene schlanke Zweitklässlerin allein an einem Ende des Slytherintisches in der Nähe der Tür der Großen Halle, in einem umwerfenden Halloweenkostüm. Sie wirkte amüsiert und belustigt über die Aufregung, die gerade am anderen Ende der Halle am Gryffindortisch herrschte- eins der Mädels dort wollte gerade einen Dementor bezwungen haben, musste aber schließlich einsehen, dass es sich um einen Irrwicht gehandelt hatte. Durch dieses Durcheinander konnte ich unbemerkt hineinschlüpfen und setzte mich schnell zu ihr. Ophelia hieß das Mädel am Tisch, mit dem schiefen Grinsen und den blitzenden Augen, doch bald begann ich, sie schlicht Ophi zu nennen.

Obwohl ich nur eine Erstklässlerin und noch neu an der Schule war, schien ich ihr vom ersten Augenblick an genauso sympathisch zu sein, wie sie es mir war. Schnell vergaß ich meine Nervosität und bald zogen wir gemeinsam über die Gryffindor-Mädels her. Zwar kommen alle Häuser heute recht gut mit einander aus und es herrscht insgesamt eine angenehme, lockere Atmosphäre an der Schule, unter der Leitung unserer erfrischend jungen Schulleiterin Fealin, doch auf eine recht harmlose, eher spielerische Weise ist die alte Rivalität, besonders zwischen Slytherin und Gryffindor, noch immer spürbar. Und so lachten und feixten wir ausgelassen und schon ging es runter in die Kerker, zu Nicks lang ersehnter Feier und als dort das Labyrinth eröffnet wurde, gesellte sich Aidan zu uns und zusammen erlebten wir einige Abenteuer. Wir zauberten Spinnweben und ähnliches Zeugs, um das Labyrinth noch ein wenig... interessanter zu gestalten, aber immer wieder machten uns die Gryffindor-Mädels einen Strich durch die Rechnung. Bis Aidan schließlich in einem Flur einen seiner tragbaren Sümpfe platzierte. Das werde ich nie vergessen! Erst sind die beiden Gryffindors voll reingetappt, waren aber extrem sauer und das ganze wäre um ein Haar eskaliert. Aber Aidan blieb völlig cool und konnte so auch Ophi und mich davon abhalten, eine Dummheit zu begehen.
Dann stießen wir auf einen Irrwicht und das war nun WIRKLICH gruselig. Wieder hat Aidan uns da rausgeholt. Und was passierte auf dem Rückweg? Wir sind natürlich geradewegs in Aidans Sumpf getappt! Wer anderen eine Grube gräbt, nicht wahr? Nun standen wir also selbst bis zur Hüfte im Sumpf und nun wollte ich einmal diejenige sein, die zeigte, was in ihr steckt und uns so aus der Patsche helfen.

Durch die Ahnenforschungen meiner Eltern weiß ich eine ganze Menge über antike Magie, alten Zauber und solche Sachen. Ich dachte an den Zauberer Mose und an den Zauberspruch, mit dem er das Meer geteilt hatte, um sein Volk zu retten. Leute, ich sage Euch eins: Theoretisches Wissen und praktische Anwendung sind zwei GANZ verschiedene Sachen! "Partis vestri!", rief ich gebieterisch und richtete den Zauberstab auf den Sumpf. Und platsch- waren sowohl wir als auch der gesamte Gang, in voller Länge, von oben bis unten voller Matsch! Na, wenigstens steckten wir nicht mehr fest. Ich hatte schon Angst, die beiden wären jetzt stinksauer auf mich, schließlich waren ihre Kostüme, genauso wie meines, komplett ruiniert, aber dann lachten sie prustend los und ich lachte mit ihnen.

Seit diesem Abend waren wir DAS Trio schlechthin. Immer sah man uns zu dritt durch die Gegend ziehen, ein Herz und eine Seele. Nie hätte ich mir träumen lassen, so tolle Freunde zu finden. Eine Zweitklässlerin und ein Drittklässler hingen mit mir ab, wie cool ist das denn bitte? Doch vor allem lernte ich die beiden immer besser kennen und als die Menschen schätzen, die sie waren.: Aidan, hinter all seiner Coolness der hilfsbereiteste Mensch, den ich kenne und der einfach ALLES über Hogwarts weiß und Ophelia, deren sarkastische Art einfach ihre Methode ist, mit Verlusten umzugehen und dennoch ein lebensfroher Mensch zu bleiben.

Als ich den beiden am Anfang der Ferien Eulen schickte, ob sie mich besuchen kommen wollen, war ich mir nicht sicher, ob sie überhaupt Antworten schicken würden. Von Aidan wusste ich, dass er sich England ansehen und mal wieder durch das Land ziehen wollte und bei Ophelia war ich nicht sicher, ob sie in den Ferien von der Seite ihrer Schwester weichen würde. Schließlich kann sie nur außerhalb der Schulzeit bei ihr sein und sie hat mir mal anvertraut, dass ihre Schwester einst alles für sie gewesen ist, ihre zweite Hälfte eines Ganzen und ihre beste Freundin.

Doch zu meiner großen Freude sagten beide zu, mich in der vorletzten Ferienwoche besuchen zu kommen und so richtete ich die beiden Gästezimmer, die an mein eigenes angrenzen, für die beiden her. Eine ganze grandiose Woche lang hatten wir drei so viel Spaß, wie es auch in Hogwarts immer gewesen war. Im Garten hinter dem Anwesen übten wir Quidditch, indem wir einen Schnatz losließen und ihn dann um die Wette versuchten einzufangen, oder wir übten Hüter, Jäger und Treiber, auf eine von uns erfundene Art: immer im Wechsel war einer von uns an den Torringen, einer versuchte, mit dem Quaffel Tore zu schießen und der Treiber versuchte, die Tomaten abzuwehren, die unsere drei Hauselfen auf den Jäger warfen. Anfangs bereitete diese Aufgabe den Elfen Unbehagen, aber als sie sahen, wie glücklich wir waren und wie wir lachten, wenn wir getroffen wurden, verloren sie zunehmend ihre Scheu und hatten schließlich sogar richtig Spaß dabei. Sie begannen sogar, eigene Trefferlisten anzulegen, sodass auch für sie eine Art Wettkampfsport daraus wurde (der Sieger brachte uns an dem Abend dann immer unsere Snacks auf die Zimmer, was die Preise eines Siegers angeht, brauchen unsere Hauselfen wohl noch ein wenig Übung...).

Als am Samstag Abend die Eulen mit den Bücherlisten fürs neue Schuljahr kamen, verabredeten wir uns für den kommenden Dienstag in der Winkelgasse und am nächsten Morgen fuhren die beiden heim. Mit jedem Tag wurde ich nun aufgeregter, denn bald schon würde es nach Hogwarts zurück gehen. Meine Eltern spürten meine unruhige Vorfreude und ließen mich weitgehend in Ruhe. Am Dienstag kauften wir die neuen Schulbücher, neue Umhänge, Schreibfedern und Zaubertrankzutaten in der Winkelgasse und meine Eltern trafen zum ersten mal auf die Eltern von Aidan und Ophi. Wir ließen sie sich in Ruhe unterhalten uns stöberten inzwischen noch im Weasley- Laden nach neuen Scherzartikeln, kauften Würgzungdntoffees und eine neue Packung Karten für die Zugfahrt und lange Regentage in Hogwarts.

Noch am selben Abend packte ich meinen Koffer. Ich liebe meine Eltern wirklich sehr und ich fühle mich nirgends so wohl, wie im Starrkopfanwesen, dem Familiensitz der Starrkopfs seit... was-weiß-ich-wievielen Generationen. Und doch konnte ich es kaum erwarten, dass es wieder losgehen würde, dass wir alle dieses einmalige Schloss wiedersehen, unglaubliche Dinge lernen und Kreaturen und Pflanzen einer phantastischen Welt verstehen lernen würden...

"Na, Du Schlafmütze? Wieder wach?" Ophelias Stimme.
Ich öffne meine Augen und sie grinst mich an. Aidan hat ihr einen Arm um die Schultern gelegt und sieht aus dem Fenster. "Seht mal!", ruft er plötzlich und wir folgen seinem Blick mit unseren Augen. In der Ferne zeichnet sich die Silhouette Hogwarts' vorm tiefblauen Himmel ab. Ein warmes Glücksgefühl macht sich in mir breit und schon verlangsamt der Zug seine Fahrt, bremst ab und hält schließlich am Bahnhof Hogsmeade. Zum ersten Mal nun darf ich mit den von Thestralen gezogenen Kutschen fahren. Sehen kann ich sie nicht und so ist es schon ein wenig seltsam, zu sehen, wie die Kutschen sich scheinbar von selbst bewegen. Hagrid hat sich mit den neuen Erstklässlern schon auf den Weg zu den Booten gemacht und nun setzen auch wir uns in eine der Kutschen. Zwei weitere Slytherins und drei Ravenclaws gesellen sich zu uns und so haben wir uns viel zu erzählen, während der Fahrt.

Die Große Halle ist geschmückt und herausgeputzt und alle Schüler haben ihre Plätze an den vier Haustischen eingenommen. Fealin sitzt oben in der Mitte des Lehrertisches und lässt zufrieden ihren Blick durch den Raum streifen. Alle Gespräche verstummen, als die neuen Erstklässler hereingeführt werden. Der Sprechende Hut thront wie üblich auf einem Stuhl und wartet darauf, Köpfe zu durchleuchten und in Herzen zu blicken, um eine neue Schar Schüler auf die vier Häuser zu verteilen. Doch zuvor singt er wie jedes Jahr, ein selbst komponiertes Lied. In diesem Jahr geht es so:

"Hogwarts, unser aller heim
Läd zum neuen Schuljahr ein.
Juchu, die Schüler sind schon da
Und warten mit viel Tamtara
Was ich alter Hut verkünde
Und sie an die vier Häuser binde.

Wer ist furchtlos, voller Mut?
Dem tut Haus Gryffindor wohl gut.
Doch bist Du nett und hilfsbereit,
Haus Hufflepuff über Dich sich freut.
Klug und weise, ist doch klar,
Das sind sie all, in Ravenclaw.
Willst gewinnen Du mit List und Tücke,
Baut Slytherin Dir eine Brücke.

So freuen sich der Häuser vier
Auf diese neuen Schüler hier.
Punkte sammeln, ist doch klar,
Für den Pokal, Jahr um Jahr.
Doch seid, Rivalen, nicht zu hart
Lasst Euch die Freundschaften bewahrt.

Dann wirds ein tolles neues Jahr
Und alle lernen, wunderbar,
Die Zauberkraft zu lenken,
Mit wedeln und mit denken.
Und alle stimmen fröhlich ein,
Lass Hogwarts unsre Schule sein."

Wie üblich, eine grottenschlechte Dichtung, doch das hat schon Tradition in Hogwarts. Mein Vater sagte immer kopfschüttelnd, es sei regelrecht unmöglich, ein ganzes Jahr lang nichts weiter zu tun zu haben, als ein neues Lied zu dichten und dabei doch jedes Jahr aufs Neue ein so schlechtes zustande zu bringen.
Doch das Getose am Slytherin-Tisch ist natürlich gewaltig und auch ich klatsche, was das Zeug hält, trample mit den Füßen und auch an den anderen Tischen wird gejohlt und geklatscht. Denn nun wird der Hut seine eigentliche Aufgabe erfüllen und die neuen Schüler auf die Häuser verteilen. So schlecht er auch dichten kann, so gut weiß er die Köpfe einzuschätzen, auf die er gesetzt wird.

Professor Fealin lässt es sich nicht nehmen, die Erstklässler selbst einen nach dem anderen aufzurufen, die nach und nach vortreten, den Hut aufsetzen und warten, bis er das entsprechende Haus verkündet. Jedes Mal, wenn sich ein neuer "Slytherin!" zu uns an den Tisch gesellt, heißen wir ihn mit erneutem tosenden Applaus willkommen und viele neue Erstklässler setzen sich zwischen uns auf die freien Plätze auf der Bank. Auch die Gryffindors, Hufflepuffs und Ravenclaws begrüßen ihre Neulinge mit unbändigem Jubel und als alle Schüler auf die vier Häuser verteilt sind, wird der Hut hinausgetragen. Professor Fealin hält eine kurze Rede und eröffnet dann die Feier mit dem Auftauchen der Festtagsspeisen auf den vier Haustischen. Auch der Lehrertisch ist zum Bersten voll beladen mit allerlei Köstlichkeiten und alle lassen es sich schmecken.

Zufrieden blicke ich erst nach links zu Ophelia und dann nach rechts zu Aiden und ich weiß, mit meinen beiden besten Freunden an meiner Seite bin ich bereit. Es kann nun kommen, das NEUE SCHULJAHR IN HOGWARTS.


Sieben Jahre in Slytherin - Adamanthas SchulzeitWhere stories live. Discover now