Kapitel 1

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„Am Montag möchte ich die verbesserte und unterschriebene Schularbeit von euch allen bekommen! Ohne Ausnahme!", kündigte unsere Deutschlehrerin Frau Grünberger mit lauter Stimme an, und sah dabei mit strengem Blick zu Loris.

Wie üblich suchte nun jeder meiner Mitschüler nach seinem Aufgabenheft um es sich zu notieren. Denn an meiner Schule durfte man in jedem Semester höchstens zwei Aufgaben vergessen, ansonsten wurde ein Minus eingetragen. Gerade als ich mein Schulübungsheft wieder aufschlagen wollte, erklang der Gong und verriet mir damit, dass die letzte Stunde für diesen Freitag geschafft war.

Also räumte ich all meine Hefte und Bücher in meinen Schulrucksack. Da kam plötzlich meine beste Freundin Isabella aufgebracht zu mir und jubelte: „WOCHENENDE!!!" Sie lachte mich an und ich erwiderte ihre Geste.

Wir verabredeten uns um drei Uhr bei mir zu Hause. Somit hatte jeder von uns noch zwei Stunden Zeit um sich zu stärken und die Hausübung zu machen.

Eine Stunde später lag ich gelangweilt auf meinem Boxspringbett, weil ich mal wieder keine Fehler bei der Deutschschularbeit hatte und nun nicht wusste, wie ich die Zeit totschlagen sollte.

Also ging ich meiner Lieblingsbeschäftigung nach: Ich streichelte meine Katze Melody und sang ihr währenddessen meine Lieblingslieder vor. Doch als mir kein Song mehr einfiel war es erst halb drei. Also legte ich mich ins Bett und ließ meinen Gedanken freien Lauf.

Ich überlegte wie es wohl wäre wenn ich mehr als eine gute Freundin hätte. Kaum war mir dies durch den Kopf geschossen war ich auch schon deprimiert. Ich fuhr mir durch die Haare, und erst dann fiel mir auf, dass sie vollkommen wirr und zerzaust waren.

Somit schleppte ich mich ins Bad. Mein Spiegelbild sah aus wie immer: Mittellanges, leicht gewelltes, gold-braunes Haar, grüne Katzenaugen und eine (für meinen Geschmack) zu helle Haut. Jede Seite wurde wie immer zehn Mal durchgekämmt. Fast automatisch bewegte ich mich wieder in mein Zimmer und schloss die Tür ab, damit niemand mich stören konnte.

Müde lag ich nun im Bett, sah mir meine Fotos mit Isa durch bis es schließlich läutete. Ich sprang auf die Füße und wollte so schnell wie nur möglich hinuntersausen, bis mir circa zehn Zentimeter vor meiner Tür wieder einfiel, dass ich abgeschlossen hatte.

Ich schloss die Augen und war auf einen schmerzhaften Aufprall vorbereitet. Doch der kam nicht. Ich stand einfach so auf der anderen Seite meiner Tür. Als ob da nur Luft wäre.

Wie versteinert stand ich nun da, und starrte die Tür mit weit aufgerissenen Augen an. Was ist da gerade passiert? Wie bin ich da durchgekommen? Und... Wie komme ich da wieder rein? ... Mir sausten so viele Fragen durch den Kopf. Tausend Fragen und keine einzige Antwort.

„Träume ich etwa?", fragte ich mich selbst. Ich kniff mir in den Arm. Doch ich war hellwach. Ich weiß nicht wie lange ich da stand und einfach nur die Tür beäugte, wenn nicht ein weiteres läuten mich aus den Gedanken gerissen hätte. Langsam schlich ich zur Haustür und öffnete sie um meine Freundin herein zu lassen. „Hi!", begrüßte sie mich, doch ich sagte nichts und zog sie einfach mit zu meiner Zimmertür.

Schnell erklärte ich ihr was passiert war und dass wir nun nicht mehr hinein kamen. Isabella sagte nichts doch ihr Blick verriet mir, dass sie meine Geschichte lächerlich findet. „Wenn du so heraus gekommen bist, müsstest du doch auch so wieder hineinkommen. Probier' es doch nochmal!", riet sie mir in sarkastisch Tonfall.

Ich starrte sie böse an, weil sie mir scheinbar nicht glaubte. Doch dann nickte ich stumm und stolperte ein paar Schritte rückwärts, bis ich ein paar Meter von der Tür entfernt stand. Augen zu und durch, dachte ich. Also nahm ich nochmal tief Luft, schloss die Augen, und ging schnell, aber dennoch vorsichtig auf meine Zimmertür zu.

Es fühlte sich an, als ob ich durch einen Wasserfall gelaufen wäre. Kühl und feucht. Als würde ich in kleine Teilchen zerbrechen und wirder zusammengefügt werden. Schwindel und eine bedrückende Enge erfassten mich, doch dann war beides abrupt wieder verschwunden. Als ich wieder aufschaute stand ich in meinem Zimmer und konnte meinen Augen nicht trauen. Es hatte wirklich funktioniert.

Gleich darauf ließ ich Isa herein und bemerkte dabei, dass sie denselben Ausdruck auf ihrem Gesicht hatte, wie ich. Ungläubig und gleichzeitig erstaunt. „Cassandra Rory Kuref", sagte Isa mit lauter Stimme: „Was hast du da gerade gemacht? Das ist so unheimlich!"

Ich zuckte mit den Schultern. So standen wir nun da und starrten jeweils den anderen an, bis sie vorsichtig anfingt zu reden: "Hast du es schon mal im Gehen, statt im Rennen versucht? Oder mit offenen Augen?"

Also probierte ich alles Mögliche aus. Ich sah immer zur Seite, wenn ich losging, um mir nicht die Nase zu brechen, sollte es einmal nicht funktionieren. Ich war verblüfft, dass es im Gehen auch funktionierte und sogar wenn ich davor stand und mich stark dagegen lehnte. Es war für mich auch kein Problem durch unsere Wände ins Nebenzimmer zu gelangen.

Doch als ich es mit offenen Augen probierte, bin ich heftig gegen die Tür geknallt. Deshalb stoppte ich fürs Erste einmal meine Versuche. Erschöpft von dem ganzem hin-und-her-gehen ließ ich mich ins Bett fallen.

Cassandra Rory KurefWo Geschichten leben. Entdecke jetzt