Kapitel 1

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"Ist alles okay?", fragte mich mein Bruder Enes. Um genauer zu sein ist er mein Zwillingsbruder.

"Ja abi (Bruder - aus Respekt), mach dir um mich keine Sorgen. Ich habe Allah."

Als wir endlich vor unserem Haus standen, gingen wir rein. Ohne ein hallo rannte ich nach oben in mein Zimmer und schloß mich ein.

Ich hatte es einfach satt. Satt von allem und jedem. Ich wollte und konnte einfach nicht mehr. Während alle anderen glücklich sein Leben leben, kann ich nicht mal ein gefälschtes Lächeln aufsetzen.

Ich öffnete meine Hände, richtete mich Richtung Kaaba und machte Duaa. Ich ließ alles raus bis ich nicht mehr konnte. Allah ist der beste Helfer. Ich vertraue auf Allah.

"Ya Allah, bitte mach, das es aufhört. Es ist für mich so eine harte Zeit.. Ich weiß, dass du mich prüfst. Ich weiß, dass ich standhaft bleiben muss. Aber ich kann nicht mehr, es ist zu viel geworden in diesem islamfeindlichen Dorf..

Heute kam ein Mann von hinten und hat mich mit seiner Faust geschlagen, nur weil er mich mit meinem Hijab gesehen hat. Die Leute um mich herum guckten - aber taten nichts, außer mein Bruder. Er macht die Menschen immer fertig, um mich zu beschützen.. Alhamdulillah, dass ich ihn habe ya Rabb! Er versucht mich immer wieder aufzubauen, Mut zu geben,... "Sie werden schon die gerechte Strafe von Allah bekommen.", sagt er mir immer wieder..."

Ich musste mit der Duaa aufhören, da meine Mutter an der Tür klopfte um mich zum Essen zu rufen. Sofort wischte ich meine Tränen weg, wusch mein Gesicht und ging nach unten.

Alle saßen am Tisch und aßen. Ziemlich ruhig war ich heute als alle im durcheinander redeten. Mein Vater unterbrach die Gespräche zwischen meiner Mutter und Enes Abi.

"Eure Mutter und ich haben euch was wichtiges mitzuteilen.", sagte er aufgeregt und setzte fort: ,,Ich habe diesen Brief hier bekommen (legt Brief auf den Tisch), wollt ihr wissen was drin steht?"

"Söylesene Baba!" (Sag doch, Papa!)

"Also gut. Wir ----" meine Mutter unterbrach meinen Vater und sie setzte fort: ,,Wir ziehen um!"

"WAS?", antworteten mein Bruder und ich.
"Das könnt ihr nicht tun, jeder ist hier! Meine Freunde, meine ---"

Aber ich freute mich. Sehr sogar.
"Yeni evimiz nerde Baba?" (Wo ist unser neues Haus, Papa?)", unterbrach ich meinen Bruder.

"Das Haus ist in Hamburg, wir werden heute schon packen und morgen losfahren. Deine Mutter hat schon bisschen angefangen, wenn ihr schnell seid, können wir sogar heute Nachts fahren, sodass wir dann Morgens ankommen."

Mutter: "Freust du dich denn nicht Enes?"

Enes: "Wieso sollte ich mich freuen? ALLE meine Freunde sind hier, was soll ich ohne sie machen? Zwischen Hamburg und hier liegen bestimmt 400km!"
Er verließ den Tisch und ging in sein Zimmer wobei ich ihn verfolgte.

Ich: "Warum reagierst du so? Du weißt doch, dass Hamburg viel besser als dieses kleine Dorf hier ist! Überall sind nur islamfeindliche Menschen, denk doch auch mal an mich. Ich hab soviel Duaa gemacht, dass was passieren soll, dass Allah mich aus dieser Situation retten soll! Du denkst nur an dich, nur an deine Freunde als wären sie die Welt! Sie sind nicht mal religiös! Was ist, wenn sie dich eines Tages vom Islam entfernen, sodass du dann so wie sie wirst? Hör auf, nur das negative an Babas Nachricht zu sehen!"

Ohne ihn ausreden zu lassen verließ ich sofort sein Zimmer. Ich ging nach unten um zu sehen, was meine Eltern gerade machten.

Als ich mein Vater sah, ging ich direkt zu ihn, umarmte ihn und gab von mir ganz tief aus dem Herzen ein Danke.

"Das Leben dort wird viel besser sein, du kannst mir vertrauen.", sagte er und gab mir ein Kuss auf die Stirn.
"Geh zu deiner Mutter und hilf ihr, sie benötigt deine Hilfe."
Direkt rannte ich zu meiner Mutter und half ihr. Wir redeten über den Umzug, wie das neue Leben dort sein könnte, usw.

"Vielleicht findest du dort deinen Zukünftigen.", gab sie von sich mit einem pedoblick.

"Anne (Mama), Allah weiß, aber direkt möchte ich keinen erstmals haben. Ich muss mich auf die Schule und auf mein Leben konzentrieren.

"Nihan, wer weiß, vielleicht findest du einen ja direkt." und schon wieder gab sie von sich ein pedoblick.

,,Anne (Mama)!" gab ich von mir und lachte dabei einwenig.

Meine Mutter versucht mich immer mit sowas oder anderen Sachen zu nerven, jedoch liebe ich diese Art so sehr an ihr.

Viele Stunden vergangen, bis wir endlich eine Pause machten.
"Geh mal zu deinem Bruder nach oben und sag ihm, dass er anfangen soll, aufzuräumen. In paar Stunden sind wir mit dem Haus fertig Nihan, bis dahin muss er auch fertig sein."

Ich ging nach oben. Als ich die Tür aufmachte, traute ich meinen Augen nicht - Er hatte alles fertig eingepackt.

"Ich hab über deine Worte nachgedacht, du hattest Recht.. Ihr alle hattet Recht, der Umzug wird wohl das beste für uns sein, als hier weiter zu leben."

Ich drückte ihn ganz fest in meine Arme und wurde sehr stolz. Wir gingen nach unten und Enes schrie, dass er schon fertig ist mit packen.

"Ma shaa Allah mein Sohn, du kannst dich erstmal ausruhen. Nihan und ich werden jetzt noch in den letzten Zimmern einpacken, sodass wir dann fahren können.", antwortete meine Mutter ihm zurück.

Als wir mit dem packen fertig waren, rannte ich direkt ins Bad, duschte, zog meine besten Anziehsachen an (Bild oben) und ging schließlich mit meinem Gepäck ins Auto. Bevor ich einstieg, schaute ich mir die Gegend noch das letzte mal an und flüsterte mir Alhamdulillah ya Rabb.. Das war für mich eines der schönsten Gefühle der Welt.

-Überarbeitet am 13.04.2017-

Du bist mein Nasib - Nihan & MansurWo Geschichten leben. Entdecke jetzt