Sie lächelt.
Die anderen glauben, sie ist einfach gut gelaunt und es geht ihr gut.
Doch sie weiß, dass das Lächeln nicht ihren Zustand wiederspiegelt.
Sie weiß, dass es bloß die einfachste Lösung ist. Somit wird sie von niemandem gefragt, wieso es ihr schlecht geht und von niemandem komisch angeguckt.
Sie weiß, dass sie gar keinen Grund hat, fröhlich zu sein. Doch sie hat einen Grund, ihre Fröhlichkeit zu täuschen.
Denn sie will niemanden mit ihren Probleme belästigen, sie will niemanden dazu zwingen, sich mit ihr zu beschäftigen und für sie da sein zu müssen. Sie will nicht anderen die Verantwortung anhängen, sich um ihre Mitmenschen und deren Gefühlszustände zu kümmern.
Ihre alte Freundin hatte immer gesagt, sie hätte genug eigene Probleme, als dass sie sich mit den der anderen auch noch beschäftigen könnte. Aber was ist, wenn man es nicht schafft, alleine damit fertig zu werden?
Wenn sich wirklich jemand für sie interessieren würde, würden sie erkennen, dass sie Tränen in den Augen hat und die Mundwinkel nur gequält nach oben schiebt.
Aber niemand sieht genau hin.
Also lächelt sie weiter.
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Short StorySie lächelt, doch ist sie wirklich glücklich? Sie sehen, doch sehen sie wirklich? → Fortsetzung: "Sie erkennen" [#60 in Kurzgeschichten, 28.06.17]