Er rennt.
Die anderen glauben, er ist einfach sportlich und übt für den bevorstehenden Wettkampf.
Doch er weiß, dass das Rennen nicht seine Sportlichkeit wiederspiegelt.
Er weiß, dass es bloß die einfachste Lösung ist. Somit geht es ihm gut, somit gerät er in keine Schwierigkeiten.
Er weiß, dass wenn er stehen bleibt, sein Vater ihn beschimpfen und seine Mutter enttäuscht sein wird. Durch den verpassten Schulstoff würde er, wenn er in der Schule anwesend wäre, bei den Arbeiten durchfallen und das Jahr nicht bestehen. Dann würden seine Eltern ihn wieder beschimpfen und enttäuscht sein.
Deshalb ist er stets auf der Flucht. Um allen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen. Um die Bemerkungen und das Anstarren zu vermeiden. Vielleicht ist er auch einfach nur zu schwach, um sich den Problemen entgegenzustellen.
Denn er rennt nicht. Er rennt weg.
Wenn sich wirklich jemand für ihn interessieren würde, würden sie erkennen, dass er gar nicht sportlich genug ist, um bei dem Wettkampf eine Chance zu haben und dass er selten Sportkleidung trägt, wenn er rennt.
Aber niemand sieht genau hin.
Also rennt er weiter.
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Short StorySie lächelt, doch ist sie wirklich glücklich? Sie sehen, doch sehen sie wirklich? → Fortsetzung: "Sie erkennen" [#60 in Kurzgeschichten, 28.06.17]