Die Raben im Park

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Zwei Tage nach dem Verschwinden von dem grünhaarigen Clown, saß Marry Castienne in einem verlassenen Park.
Die Bank, auf der sie saß, war aus altem Holz und durch die Kälte eiskalt.
An einigen Stellen war die Farbe der alten Parkbank schon abgeblättert und man konnte das dunkle, vom Regen aufgeweichte, Holz sehen.
Marry wickelte ihren schwarz-weiß karierten Schal enger um ihren Hals, um der Kälte weniger Angriffsfläche zu bieten. Ihren Atem konnte man gut beim Ausatmen erkennen. Er ging stoßweise.
Sie wippte etwas mit ihren Beinen auf und ab, damit ihr warm wurde.
Der große wuchtige Baum verlor immer wieder eines seiner vielen Blätter. Es neigte sich langsam immer mehr dem Winter zu. Irgendwann würde der Apfelbaum kahl in diesem Parkgelände neben dieser alten Bank stehen. Solange bis er im Frühling wieder anfing zu blühen.
Ein Rabe ließ sich auf einen bereits kahlen Ast des Baumes nieder und krähte unaufhörlich vor sich hin.
Marry blickte etwas zu dem Raben nach oben, welcher mit tiefschwarzen Augen in ihre Richtung sah. Sie lächelte etwas, bevor ihr Blick über das Parkgelände schweifte.
Währenddessen dachte Marry nach. Vielleicht sollte sie etwas ändern? -an ihrem Leben?
Vielleicht könnte sie sich einfach zurück ziehen.
Ihr Blick blieb an einer alten Schaukel hängen. Als sie noch klein war, war sie oft mit jemandem hier gewesen, der auf sie aufpassen sollte, damit sie sich nicht verletzte. Wer es war, wusste sie nicht mehr. Er war irgendjemand aus der Verwandtschaft. Vielleicht ihr Cousin oder Onkel?
Sie konnte sich, egal wie sehr sie darüber nachdachte, nicht mehr an den Namen oder das Aussehen erinnern.
Wer wusste schon, ob derjenige überhaupt noch lebte. Aber sie hätte es toll gefunden, wenn sie noch jemanden aus der Familie um sich herum hätte. Vielleicht wäre sie dann durch ihre Verzweiflung nie so geworden. Sie wäre nicht mehr alleine gewesen.

Der Rabe über ihr auf dem Ast krähte laut, als ein zweiter sich zu ihm auf den, mit Flechten überwucherten, Ast setzte.

Marry sah zu den Beiden nach oben, bevor sie eine Bewegung am Parkeingang wahrnahm. Etwas verwundert darüber, dass noch jemand außer ihr in diese alte Parkanlage kam, sah sie zum Eingang.
Jemand in einem schwarzen Mantel spazierte über den Weg in Richtung Bank, auf der Marry saß.
Der Mann schien sie noch nicht wahrgenommen zuhaben. Sein Blick war stur auf den Boden gerichtet.
Marry musterte den Mann, bis er vor der Bank stehen blieb und langsam den Blick hob. Etwas überrascht und zeitgleich auch ziemlich verwirrt, sah er sie an.
"Hallo", brachte Marry hervor und die Raben über ihrem Kopf fingen wieder laut an ihr bekanntes Geräusch von sich zu geben.
Der Mann sah etwas nach oben und musterte die beiden schwarz gefiederten Vögel. Langsam sah er wieder zu Marry: "Guten Abend. Kennen wir uns?"
Marry legte etwas den Kopf schief: "Nein nein. Ich wollte nur höflich sein, wenn Sie schon so auf mich zugesteuert kamen."
"Verzeihung. Ich wusste nicht, dass noch jemand hier ist. Ich war in Gedanken."
Er sah sie entschuldigend an.
"Ist doch kein Problem. Man kann ja nicht wissen, dass es noch Menschen gibt, die diesen Park betreten."
Der Mann sah sie stirnrunzelnd an: "Das klingt ziemlich sarkastisch aus Ihrem Mund."
Marry zuckte etwas mit den Schultern: "Ja das höre ich oft. Ob Sie es glauben oder nicht."
Er lächelte: "Und ob Sie es mir glauben oder nicht... Aber ich glaube es Ihnen."
Die Schwarzhaarige strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und lehnte sich auf der Bank etwas zurück: "Sie können aufhören mich zu Siezen. Das klingt irgendwie falsch."
Verständlich nickte er und steckte seine Hände in die schwarzen Manteltaschen.
Er blickte Marry an: "Was tut jemand wie du in diesem Park?"
Marry zuckte mit den Schultern: "Hier ist es ruhig. Also kann man in Ruhe nachdenken. Und es erinnert mich etwas an meine Kindheit. Soweit ich weiß, war ich damals oft hier. Und Sie?"
Verstehend nickte der Mann wieder: "Wie es scheint aus dem gleichen Grund, wie du."

Die Raben krähten etwas lauter auf dem Ast und versuchten sich gegenseitig mit dem schwarzen, leicht gebogenem Schnabel zu picken.

Marry sah zeitgleich mit dem Mann zu den Raben. "Als wollten sie uns etwas damit sagen", lachte der Fremde etwas.
Sie nickte zustimmend: "Aber was bloß? Sollen wir uns etwa auch gegenseitig das Gefieder ausrupfen?"
Der Mann lachte: "Wer weiß das schon?"
Marry sah die Raben an und dann den Mann: "Wer sind Sie?"
"Oh Verzeihung. Ich bin Bruce Wayne."
Etwas erschrocken sah Marry ihn an: "Ach ist das so?"
Sie wirkte verunsichert. Fragend legt er den Kopf schief: "Warum sollte ich lügen?"
Marry zuckte mit den Schultern.
"Man kann ja nie wissen...", murmelte sie etwas leiser.
"Da gebe ich dir recht. Das Meiste ist sowieso nur noch auf Lügen aufgebaut."
Bruce setzte sich neben Marry auf die Bank.
"Und wer bist du?", er sah sie von der Seite an.
Marry sah auf ihren Schoß: "Wäre es wichtig wer ich bin?"
Bruce schüttelte den Kopf: "Ich akzeptiere es, wenn du es nicht verraten möchtest. Immerhin hat man Macht über jemanden, dessen Name man kennt."
Marry nickte.
"Was machst du denn sonst so, wenn du nicht in diesem Park bist?", fragte Bruce.
"Ich bin daheim oder gehe spazieren", sie lächelte unsicher. Was wäre, wenn sie zu viel verraten würde?
Bruce musterte sie: "Du wirkst nicht so, als würdest du viel draußen sein. Deine Haut ist ziemlich blass. Fast so weiß, wie Schnee..."
Marry zuckte etwas zusammen: "Ähm... Ja. Ich sagte ja nicht, dass ich viel in der Sonne bin."
Bruce sah sie abschätzend an: "Solange du nicht in der Nacht draußen herum läufst."
"Nein tue ich nicht", Marry setzte ein Lächeln auf.
Beruhigt sah er sie an und stand dann auf: "Ich werde dann mal zurück in mein Büro gehen." Er kramte eine Visitenkarte aus seiner Manteltasche und reichte sie der Schwarzhaarigen: "Falls was sein sollte. Auch wenn ich deinen Namen nicht kenne."
Dankend nahm Marry die Karte und steckte sie in die Hosentasche.
"Dann bis irgendwann mal", meinte Bruce und drehte sich zum Gehen um.
Marry zögerte und hielt ihn dann an seinem Mantelärmel zurück. Etwas verwirrt blickte Bruce zu ihr herunter: "Was-"
"Ich...", unterbrach Marry ihn und zögerte kurz etwas: "Nenn mich bitte Luna."
Sie sah ihn an und ließ den Ärmel los.
"Mein Name ist Luna Wayne."

Be funny and smile (JokerxOC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt