Mütter - die griechische Variante

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Bis 2011 dachte ich ja wahrhaftig, dass meine Mutter so ziemlich das Schlimmste sei, was einem im Leben passieren kann. Als ich dann jedoch Mr. Rights Mutter kennenlernen durfte erkannte ich schnell ... es geht noch schlimmer.

Nicht das ich mich damit dann besser gefühlt hätte, weil mein Schicksal so minimal und bedeutungslos gegen das von Mr. Right war.

Mr. Right Mutter war zum Zeitpunkt unseres Kennenlernens bereits 80 Jahre alt. Also eine Frau, die in einer Zeit geboren wurde, in der unsere heutige Lebensphilosophie absolut undenkbar angesehen wurde. Zusätzlich kam noch dazu, dass sie aus Nordgriechenland kam, diese Gegend war sehr starken türkischen Einflüssen ausgesetzt. Sie konnte weder lesen noch schreiben und wenn dann nicht in deutsch und obwohl seit 1969 durchgängig  in Deutschland lebte, sprach sie so gut wie nicht unsere Sprache.

In den ersten Wochen fragte ich mich immer wieder, was hatte diese Frau hier in Deutschland 40 Jahre lang getan. Die wenigen Erklärungen darüber, die ich von Mr. Righterhielt zeichneten eine starke und zielstrebige und obendrein sehr fleisige Frau auf, die sich 1969 von Griechenland aus, zusammen mit ihren beiden Kindern nach Deutschland aufmachte, ihren Mann ließ sie in Griechenland zurück, um in Deutschland zu arbeiten.

Für mich sah das eher so aus, als hätte sie ihren Mann verlassen und mit beiden Kindern nach Deutschland geflüchtet. Man muss es sich mal vor Augen führen, eine Frau, damals 38 Jahre alt, zwei Kinder, das Mädchen gerade mal 16 Jahre und ihr Bruder, schwerbehindert und pflegebedürftig kommen mit der Mutter nach Deutschland. Klingt das danach, dass diese Frau hier ihren Lebensunterhalt verdienen wollte, oder nicht eher danach, das deutsche Sozialsystem etwas in Anspruch zu nehmen.

Die 70ig war die Zeit der Gastarbeiter, in denen Deutschland ein europaweites Monopol darauf hatte, Arbeiter aus anderen Ländern praktisch auf Zeit zu importieren, um den deutschen Wirtschaftsboom gerecht werden zu können. Wenn man allerdings weiß, dass zur damaligen Zeit es nicht vorgesehen war, ganzen Familien zu beheimaten, dies kam erst gut 10-15 Jahre später, als man auch auf Regierungsebene das Drama von 1000fach verwaisten Gastarbeiterkinder erkannte.

Ich denke mal das dies bestimmt auch damals schon in Griechenland angekommen war und eigentlich kein Grund bestand, die Kinder nach Deutschland mitzunehmen, zumal eines der Kinder schwerstbehindert war und es, alleine vom logischen Verstand her, es kaum möglich ist, ein behindertes Kind zu pflegen und gleichzeitig so viel zu arbeiten, um die liebe Verwandtschaft in Griechenland auch noch unterstützen zu können.

Heute weiß ich, dass Mr. Right mir bereits in den Anfängen ein Bild von seiner Mutter aufgezeichnet hat, welches nichts mit der Realität zu tun hat. Ich gehe mal davon aus, dass er es selbst nicht besser wusste und unterstelle ihm an dieser Stelle mal keine Lügen. Er selbst wurde ja erst 1971 geboren und seine Erinnerungen ab dem 6 Lebensjahr, also einer Zeit, in der man sowieso erst beginnt sich erinnern zu können, verbrachte er in Griechenland. In diesen 10-12 Jahren, hat er dann nicht nur sein deutsch verloren, sondern auch den Bezug zu seinen Eltern, wobei in all seinen Erzählungen sein Vater kaum eine Rolle spielt.

Und an dieser Stelle hinterfrage ich doch nun einfach mal eine Tatsache. Seine Mutter kommt mit zwei Kindern, einer davon behindert, alleine ohne ihren Mann nach Deutschland und 6 Jahre später, schickt sie ihren gerade mal 6jährigen Sohn nach Griechenland, weil sie die Beaufsichtigung ihres Jüngsten nicht packt neben ihrem Job und das obwohl in der Zwischenzeit auch hier Mann hier in Deutschland lebt? Also wer über diesen doch sehr spitzen Stein nicht stolpert ist entweder blind, naiv oder saublöd!

Mütter – die griechische Variante

Seine Mutter jedoch ist für Mr. Right eine Heilige, die, nach seinen eigenen Aussagen, ihn unter Schmerzen das Leben geschenkt hat, na ja welche Frau bringt schon ein Kind ohne Schmerzen auf die Welt, also nichts besonderes, die ihn behütet und beschützt hat, wann genau soll das gewesen sein, in der Zeit von seinem 1-6 Lebensjahr, in der es zu unzähligen Eifersuchts-Attacken durch seine Schwester kam, oder ist mit Schutz die Zeit gemeint, in dem sie Mr. Right zu ihrer Schwester und ihrem gewalttätigen Schwager gab, und dieses Abgeben mit einem monatlichen Geldbetrag erledigt wurde. Wann, Mr. Right, hat sie Dich beschützt und behütet?

Mein Mr. RightWo Geschichten leben. Entdecke jetzt