Vollmond

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Es war die Nacht des 21. Septembers im Jahre 1975. Für einige Menschen ist dieser Tag ein Feiertag. Sie nennen ihn Mabon, auch allgemein bekannt als die Herbst Tag-und-Nacht-Gleiche. An diesem Tag feiern diese Menschen den Herbstanfang und verabschieden sich vom Sommer. Auch ich sollte mich an diesem Tage von einigen Dingen verabschieden. Von meiner Familie, meinem Zuhause und meinem Leben.

Die Nacht war sternenklar und der Vollmond schien, die Welt in sein mysteriöses Licht tauchend. Auch die angenehme Temperatur, die trotz des beginnenden Herbstes herrschte, zog mich nach draußen und lud mich zu einem ausladenden Nachtspaziergang ein. Ich verlies das Haus, streichelte meinen Hund Takeru, ehe ich den Vorgarten verließ und die kleine Pforte hinter mir schloss. Unser Haus stand abseits der Stadt und deshalb auch näher an der freien Natur. Schon immer hatte mich der umliegende Wald und die Felder angezogen und fasziniert. Und dahin zog es mich auch dieses Mal. Ich hörte das Laub unter meinen Füßen rascheln und ging tiefer in den Wald hinein, bis ich bei einer gigantischen Eiche ankam. Leichter Wind kam auf und strich durch Haar. Ich schloss die Augen und genoss den Augenblick.

Ein Blick auf meine Uhr sagte mir, dass es fast Mitternacht war und ich mich schnell auf den Weg nach Hause machen sollte. Ich versicherte mich, dass ich den Haustürschlüssel noch bei mir trug, dann lief ich los. Mein Schritt verlangsamte sich, als unser Haus in Blickweite kam. Es war beinahe, als warnte mich irgendetwas tief in meinem Inneren. Vor unserem Gartentor blieb ich irritiert stehen. Ich war mir sicher, dass ich die Tür zu gemacht hatte, als ich gegangen war. Zudem sprang Takeru nicht um meine Beine um mich, wie üblich, zu begrüßen. Eine kalte Hand griff nach meinem Herzen und ein kalter Schauer lief meinen Rücken hinab. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht. Vorsichtig lies ich das Tor hinter mir zufallen und näherte mich unserem Haus. Mein Herz setzte für den Bruchteil einer Sekunde aus und starres Entsetzen erfüllte mich, als ich den unförmigen Fleischklumpen vor unserer Haustür entdeckte, der einst mein bester Freund und zugleich Familienmitglied gewesen war. „Takeru..." Meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern und drohte zu versagen. Ich fiel auf die Knie und streckte die zitternde Hand aus. Wer konnte nur etwas so Grausames tun?

Mein ganzer Körper bebte, ob vor Trauer, oder Wut, hätte ich nicht sagen können. Ein Schrei lies mich alarmiert hoch fahren. Er kam aus der geöffneten Wohnungstür. Erst jetzt kam mir der Gedanke, dass die Kreaturen, ich konnte es kaum wagen von Menschen zu reden, die Takeru das angetan hatten, sich im Haus befinden könnten. Ich versuchte meinen Körper unter Kontrolle zu bekommen und stand auf. Vorsichtig lief ich den Flur entlang. Seitdem ich das Haus verlassen hatte, war einiges geschehen. Sämtliche Türen, an denen ich vorbei lief, waren aus den Angeln getreten. Der Boden war verdreckt und voller Schlamm. Bilder waren von den Wänden gerissen worden und lagen verstreut auf dem Boden, zusammen mit Scherben von Fenster und Türen.

Ein erneuter Schrei trieb mich zur Eile an und ein vielstimmiges, hämisches Gelächter lies einen Schauer über meinen Rücken laufen. Von der Küche aus spähte ich durch die aus den Angeln gerissene Wohnzimmertür. Auf den ersten Blick sah es dort ebenso aus, wie im Rest des Hauses. Gegenstände waren wahllos zertrümmert und zerstört worden und die Trümmer und Scherben lagen achtlos auf dem Boden. Doch es war nicht das Chaos, welches meinen Blick auf sich lenkte. Inmitten der Unordnung standen ein halbes dutzend unbekannte Männer. Sie trugen Uniformen und Waffen bei sich. In ihrer Mitte stand meine kleine Schwester, welche nicht aufhören wollte zu schreien. Vor ihr lagen die blutüberströmten, fast zur Unkenntlichkeit zerfetzten Leichen meiner Eltern. Tränen rollten mir über's Gesicht und ein Körper begann erneut unkontrolliert zu zittern. Das Lachen der Männer schrillte in meinem Ohr. Meine Fäuste ballten sich und ich stieß ein tiefes Knurren aus. Blind vor Wut packte ich das Nächstbeste, was mir in die Hände fiel. Es war ein gebrauchsübliches Küchenmesser und ich beschloss damit meiner Wut Luft zu machen. Ich rannte mit einem wilden Aufschrei auf die Männer zu, welche mit dem Rücken zu mir standen und rammte einem von ihnen das Messer in den Rücken.

Hellsing ~A Deathangel Midian~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt