Ich sitze schweigend neben ihm und überlege ob ich ihm irgendwie helfen kann, vielleicht die Hand auf den Arm oder sie Schulter legen, entschiede mich schließlich aber dagegen, da ich ihn nicht bedrängen möchte und er weder mich, noch ich ihn kenne.
Ich schätze, das hier ist ein sehr emotionaler Moment für ihn. Wieso sonst sollte er zitternd mit dem Kopf in den Händen im Regen da sitzen. Ich verwerfe die Drogen-Theorie.
Außerdem schätze ihn mal als diese Art von Person ein die in einem solchen emotionalen Moment Zeit für sich selbstInzwischen ist ein enormes Unwetter aufgezogen. Der Regen ist unfassbar laut, der Wind weht ohrenbetäubenden und die Blätter, ja sogar manche dünnen alten Äste fallen von den Bäumen.
So etwas habe ich bisher sehr selten erlebt.
Ich versuche mich zu erinnern wann ich ein solches Wetter gesehen habe, zweifle dann aber dass das Unwetter jemals so schlimm war wie heute.Ich wende meinen Blick wieder zu dem Jungen. Er sitzt nach wie vor den Kopf in die Hände gestützt regungslos da. Der dünne Stoff seines schwarzen T-shirts ist vollkommen durchnässt und klebt an seinem Rücken.
Ihm muss kalt sein. Der Wind scheint immer stärker und kälter zu werden, und sein T shirt bietet ihm kaum Schutz.
Er zittert auch, was aber auch daran liegen kann dass er gerade möglicherweise ziemlich am Ende ist.Plötzlich richtet er sich auf und Blickt mich an. Ich schaue zurück. Diese Augen sind abschreckend und anziehend zugleich.
Das rote seiner Augen schreckt mich ab, aber der einer Meerestiefe ähnelnde Blauton zieht mich an.
Er kann nicht geweint haben, es sind keine Tränen in seinem Gesicht zu sehen. Vielleicht stummes Trauern?Ich sehe wie sein Blick mich von oben nach unten und wieder zurück streift, dann blickt er mir wieder in die Augen. Schließlich wendet er seinen Blick ab, stützt seinen Kopf wieder in seine Hände und nimmt dieselbe Position wie vor zehn Sekunden ein.
,,Danke", höre ich ihn sagen.
Danke wofür?, Frage ich mich. Er bedankt sich bei mir. Wahrscheinlich weil ich neben ihm im Regen sitze und ihn nicht allein lasse. Oder weil ich ihn nicht frage was los ist und stattdessen Abstand halte? Weil ich ihm dadurch dass ich da bin emotionale Unterstützung leiste?Ich habe im letzten Monat realisiert was es bedeutet traurig zu sein, und vielleicht ist es auch das, was mich so sicher sein lässt dass er keine Drogen nimmt und auch keineswegs gefährlich ist. Und ich weiss wie sehr man sich in so einem Moment nach einer Person sehnt, die einfach bei einem ist und einem das Gefühl gibt nicht allein zu sein. Die einem das Gefühl gibt wichtig zu sein und einem einfach mal zuhört, sich für einen interessiert.
Was soll ich darauf antworten? Soll ich überhaupt darauf antworten? Vielleicht ist er noch nicht so weit oder hat nicht das Bedürfnis zu reden. Vor allem nicht mit mir, da ich eine Fremde bin?
Also rücke ich, von irgendeinem tiefer sitzenden Instinkt geleitet, nur näher zu ihm heran.Es vergehen Minuten in denen meine Finger immer kälter und schließlich eiskalt werden, und nun fange auch ich vor Kälte an zu zittern. Ich versuche eine Hand mit der anderen zu wärmen, bleibe jedoch Erfolglos.
Der geheimnisvolle Junge richtet sich wieder auf, fährt sich erst mit einer, dann mit der anderen Hand durch die nassen Haare und dreht seinen Kopf zu mir.
Wir schauen uns wieder sekundenlang an, und ohne groß darüber nachzudenken tue ich das, was ich im Moment für richtig halte: Ich lege meine Hand auf seinen Unterarm.
Er schaut zu meiner Hand hinunter, dann in die Ferne. Ich mache es ihm gleich.Jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen, etwas zu sagen. Etwas harmloses, nichts zu emotionales oder nerviges. Kein Standart "alles wird gut".
Nach kurzem überlegen weiß ich was ich sagen kann.
,,Ist dir kalt?", durchbreche ich unser Schweigen mit einer einfachen Frage.
Das ist eine gute Frage. Nicht emotional.
Wir schauen uns an, und als ich schon denke, dass ich keine Antwort von ihm bekommen werde antwortet er schließlich: ,,Weiß nicht", und schaut wieder weg.Wir sitzen wieder eine Weile lang stillschweigend da, beobachten wie der Regen auf den dunklen Asphalt fällt und Wasser am Straßenrand entlang fließt, als er schließlich seinen Arm unter meiner Hand hervorzieht, und mit seiner anderen Hand meinen Unterarm umfasst und leicht drückt.
Dann steht er auf, und läuft die Treppen hinunter davon.
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Troye - the one
Ficção Geral,,...und Zwischen den Schmerzen unserer Herzen in den letzten Monaten waren wir schon immer viel mehr als leblose Menschen. Wir wollten nicht so sein. Wir wollten leben und die Welt von ihrer besten Seite mit ihren unendlich vielen bunten Farben die...