Feigling

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Ich bin ein Feigling. Und das sag ich nicht nur, um mich zu rechtfertigen oder Sympathie zu erwecken. Nein. Ich meine es auch so.

Wer würde sonst vor seinen Gefühlen und dem ganzen Mist, der sich Leben nennt, davonlaufen? Nur ein Feigling würde so etwas tun. Also bin ich wohl einer, denn genau in diesem Moment laufe ich davon. Und dabei habe ich nur versucht jemandem zu helfen.

Aber leider ist die Situation jetzt so verdreht, dass es für mich leichter ist hier oben auf dem Dach zu sitzen, als mich unten im Haus allem zu stellen. Mich ihnen zu stellen.
Und genau wie ich es gerade tue, machen sich sicher auch ein paar Millionen anderer Menschen das Leben viel einfacherer, weil sie davonlaufen wie die Feiglinge. Aber warum handeln wir so?
Wäre das Leben nicht viel interessanter, wenn wir uns unserem Schicksal stellen würden, anstatt immer nach Umwegen und Notausgängen zu suchen. Wäre es dann nicht Lebenswerter?
Und trotz dieses Gedanken sitze ich hier und drehe mein Leben so, dass es für mich simpel, einfach und leicht ist.

In diesem Moment bemerke ich, dass mein T-Shirt wahrscheinlich durch das aufs Dach klettern hochgerutscht ist, also ziehe ich es wieder runter, über meine Knie. Trotzdem dringt die Kälte der Dachziegel durch meine Oberschenkel und breitet sich aus. Das Laub und der Schmutz hingegen finden keinen Weg in meinen Körper, sondern beflecken nur meine Haut. Aber das macht keinen großen Unterschied, denn auch wenn das alles nicht in mir ist, fühlt sich mein Inneres doch verunreinigt und beschmutzt an.

Ich schlinge meine Arme wieder um meine nackten Beine und starre weiter einfach die Bäume an, während der Wind leise weht und die Blätter der Pflanzen hin und her wiegen lässt.
Ich wäre gerne ein Baum. Die Müssens guthaben, denke ich dabei. Die können nicht vor ihren Problemen wegrennen. Noch nicht einmal laufen. Oder ist das eher schlecht? Ich schätze, dass liegt ganz im Auge des Betrachters.
Für mich wäre es auf jeden Fall ein Geschenk, wenn ich endlich mal genug Mut hätte, um meinen Erschwernissen und vor allem dem Leben direkt ins Gesicht zu sehen. Von Angesicht zu Angesicht. Doch ich weiß, dass das niemals passieren wird. Niemals.

Und wieso? Weil ich ein Feigling bin und das macht mich wütend. Oder vielleicht ist wütend das falsche Wort für meine Gefühle. Aber kein anderer Begriff könnte meine Emotionen besser ausdrücken. Das einzige was dem herankommen würde, wäre das Wort frustriert.

Doch bin ich der Meinung, dass es einige Parallelen zwischen diesen zwei Empfindungen gibt. Denn wenn ein Mensch wie ich sie empfindet, ist er nicht fähig zu Handeln. Sie paralysieren meinen Körper und lassen alles nur noch in meinem Kopf stattfinden. Dort herrscht dann ein regelrechtes Chaos. Mein Gehirn versucht die üblichen Fragen zu klären: Wieso? Weshalb? Warum?
Und mein Verstand schreit dann immer noch dazwischen: Mach endlich etwas! Schwing deinen Hinter hoch! Zeig wer du bist!
Aber alles was ich machen kann, ist stillzustehen. Mich nicht zu rühren. Keinen Zentimeter zu bewegen. Manchmal glaube ich sogar, dass mein Herz stehen bleibt, weil all das es überfordert.

Seht ihr? Selbst mein Herz ist ein Feigling. Es bleibt lieber still und rührt sich nicht, anstatt weiterzuschlagen und mich so dazu zu drängen, dass ich weitermachen soll.

Und dass alles nur, weil ich zu feige bin allen anderen da unten zu sagen, dass ich es war. Dass ich es getan habe. Dass ich die Schuld trage. Dass ich ein Feigling bin.



Hey, ich weiß, ich hab schon lange nicht mehr geupdatet, aber dafür gab es einige Gründe. Nun ja, ich hoffe euch hat die Geschichte gefallen und scheut euch nicht konstruktive Kritik dazu lassen.

Noch eine schönen Tag euch allen da draußen :)

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 06, 2018 ⏰

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