VIII

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Die Situation schien sich ewig zu ziehen. Alles schien sich ewig zu ziehen. Atmen. Denken. Schauen. Schlucken. Bis Harry irgendwann mit einem Seitenblick auf mich nickte und sagte: "Ja, ich bin mit einer der anwesenden Personen weg gegangen." Eine Ohrfeiger schallte durch das Zimmer, zerbrechendes Porzellan folgte. Vor Schreck hatte ich die Tasse fallen lassen, als Harrys Mutter ihn geschlagen hat. Kurz liegen alle Blicke auf mir. Nur Harry sieht zu Boden. "Was bildest du dir ein, hm? Unverheiratet mit einem Gast zu schlafen, ich glaube es nicht! Das gehört sich nicht! Und wenn ich's könnte, würde ich es aus die raus prügeln!", brauste seine Mutter auf und packte Harry am Kinn, um ihn dazu zu zwingen, sie anzusehen. Zitternd kniete ich neben dem Bett auf dem Boden und sammelte die Scherben auf. Ich konnte nicht glauben, was gerade passierte. "E-es tut mir leid.. W-wir h-ha-ben nur ge-gere-redet u-und-", stotterte er und ich konnte die Tränen in seinen Augen förmlich hören. "Ich will nichts hören!", rief sein Vater und holte ebenfalls aus. Ich kniff die Augen zusammen und merkte, wie mir selbst eine Träne die Wange hinab rann, als Harry einen gequälten Laut von sich gab, und die Ohrfeige knallte. "Vater!", schritt endlich Gemma ein schützte ihren Bruder vor einem erneuten Schlag. "Hört auf, beide! Es ist nun mal passiert! Jetzt sollten wir lieber alles daran legen, diese Frau zu finden, und hoffen, dass sie noch unverheiratet ist!", schlug Gemma vor. Mein Herz raste. Mein armer Harry, mein armer Harry, mein armer Harry. Streng genommen war es meine Schuld! "Eine Schande ist das! Schütze deinen Bruder nicht, er hat es nicht anders verdient!", schimpfte Misses Styles und schüttelte dann resigniert den Kopf. "Aber du hast Recht. Er hat seine Strafe bekommen, jetzt müssen wir weiter sehen." Ich atmete auf und bemerkte, dass ich meine Hand, in der die Scherben lagen, zu einer Faust gedrückt hatte. Vorsichtig öffnete ich sie und bemerkte, wie sehr ich mich geschnitten hatte. Verdammt!, fluchte ich innerlich und sah wieder auf.

Das Königspaar verließ den Raum, Harry saß weinend auf dem Bett und Gemma sah zu mir. Sie lächelte leicht. "Komm schon her und tröste ihn.", meinte sie dann zu mir und trat einen Schritt von Harry weg. Erst sah ich sie zögernd an, doch als Harry leise schluchzte, sprang ich auf, vergaß meine Hand und hastete zu ihm. Tränen rannen über mein Gesicht und ich zog meinen Freund in meine Arme. "Lou...", schluchzte er und schloss langsam seine eigenen Arme um meinen immernoch zitternden Oberkörper. "Ich bin da, Harry.", flüsterte ich. "Lou, du zitterst!", stellte er erschrocken fest und ich nickte an seiner Schulter und zog ihn noch näher. "Ich hatte Angst um dich.", gab ich dann in seine Halsbeuge nuschelnd zu.

Er schluchzte. Immer mal wieder erbebte sein Körper, immer mehr Tränen wurden von meinem Oberteil aufgesogen, bis es ganz nass war. Dann wurde er ruhiger und kuschelte sich an mich. Ich hatte ein furchtbar schlechtes Gewissen, aber etwas hinderte mich daran, mich zu entschuldigen. Und dieses Etwas stand hinter mir, wie ich gerade wieder realisierte, als Gemma hustete. Harry und ich sahen beide auf. "Oh, lasst euch nicht stören! Ich warte, bis ihr fertig seid!", sagte sie dann und grinste breit. Harry sah mich an. Ich erwiderte mit hilflosem Blick. Dann sah er wiede zu seiner Schwester, die nun wieder so breit grinste wie vorhin. "Aaaaaw mein kleiner Bruder hat einen Freund!" Sie schloss Harry stürmisch in ihre Arme und lachte. Harry sah mich erschrocken, aber auch überrascht über ihre Schulter hinweg an. "W-was?", stammelte er und Gemma ließ ihn glücklich los. "Komm schon, meint ihr, ich merke das nicht? Wenn mein bester Freund schwul ist?", grinste sie. "W-was?!", wiederholte ich und Gemma seufzte. "Du", sie zeigte auf Harry. "und du", ihr anderer Finger landete in meiner Richtung, "seid ein Paar!" Sie führte ihre Finger zusammen und Harry und ich sahen uns an. "Nein!", stritten wir es dann wie aus einem Mund ab, aber mehr bekam keiner von uns heraus. Gemma lachte und umarmte uns beide zeitgleich. "Ihr seid süß, aber Widerstand ist zwecklos! Ich habe es rausgekriegt! Und jetzt sagt: Wie lange schon?" Harry gab nach. "Zwei Wochen." "Harry!", sagte ich empört. "Louis?", fragte er unschuldig und mein Herz schmolz. Dann gab ich nach. "Es sind 15 Tage, Curly.", verbesserte ich ihn dann und Gemma sprang quietschend auf und ab, uns beide noch im Arm. Wir lachten leicht. "Oh man das ist so... Warte, du bist einer unserer Diener!", stellte sie fest, ließ uns los und reichte mir dann mit ernstem Gesicht ihre Hand: "Gemma Styles, Harrys Schwester." Ich kicherte so männlich es eben ging und nahm ihre Hand an. "Louis, Harrys Freund." "Sehr erfreut!", sagte sie, ich küsste ihre Hand und Gemma machte einen Knicks. Ich hatte sowas schon tausendmal auf den Bällen gesehen. Harry beobachtete uns schmunzelnd, und als Gemma ihre Hand wieder aus meine nahm, wandte ich mich wieder ihm zu. Sanft nahm ich sein Gesicht in meine Hände und küsste seine Stirn. "Tut es sehr weh? Deine Lippe ist aufgeplatzt..." Harry lächelte tapfer. "Nein, nicht schlimm.", sagte er dann und erleichtert atmete ich aus. Dann küsste ich ihn sanft und legte unsere Stirn aneinander.

"Es tut mir so leid!", sagte ich, als ich abends auf seinem Bett saß und endlich dazu kam, meine Hand zu verbinden. "Ich habe dir schon oft genug gesagt: Es muss dir nicht leid tun, Lou. Ich wollte es genauso wie du. Mit allem drum und dran. Und ich bereue nichts!" Ich nickte wieder sanft, aber mein schlechtes Gewissen biss immernoch zu. Ich hätte zu ihm gehen sollen, ihn verteidigen und verhindern, dass seine Eltern ihn schlagen. "Ich weiß genau, was du gerade denkst, Louis, also vergiss es! Wenn du zu mir gekommen wärst, wär die Situation noch mehr eskaliert.", sagte er sanft und küsste meine Wange, weil er an meine Lippen nicht ran kam. "Ich liebe dich." Seufzend beendete ich meine Sanitäts-Einsatz und kuschelte mich zu ihm ins Bett. "Deine Schwester ist echt genial. Sie hat verstanden, dass unsere Liebe nicht anders ist, als die, anderer Menschen. Alle sollten so sein, wie sie." Harry nickte leicht und ich merkte, wie er einschlief. Es war ein anstrengender Tag. Er sollte sich ausruhen. Morgen könnte der Tag ihm sogar noch mehr abverlangen.

My Prince(ss) ~LarryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt