Ich sitze auf meinem Bett und starre in mein neues Zimmer. Eigentlich ist es perfekt. Die zwei grauen Wände, die weißen Bücherregale, der graue Sessel und nicht zu vergessen das weiße Himmelbett und die vielen Fotos an der Wand. Auch der Balkon und die großen Fenster stellen dieses riesige Zimmer mit Bad nur gut dar. Doch eigentlich heißt dieses Zimmer nur „Entschuldigung".
Entschuldigung, dass du immer alleine bist. Entschuldigung, dass wir nicht da sind. Entschuldigung, dass du dich nicht alleine beschäftigen kannst. Entschuldigung, dass du so bist, wie du bist.
Ja, das ist die Botschaft hinter dem achsotollen Zimmer. Weil meine Eltern das Einkommen vor alles stellen, sitze ich abends bis um elf alleine in einer Villa mit Alarmanlage. Weil meine Eltern nicht wissen, was Alleinsein oder Liebe bedeutet. Weil sie nicht wissen wie es ist, wenn man niemanden hat. Denn sie haben im Zweifel ihre Arbeit. Ich nicht.
Ich bin ein 17-jähriges Collegemädchen, das mittlerweile keine Gefühle mehr zulässt. Ja, mein Leben besteht eigentlich nur aus Leistung, und ich werde wahrscheinlich wie mein Eltern enden. Keine schöne Vorstellung.
Das klingt jetzt alles sehr pessimistisch, aber es ist ja nicht mal nur das. Ich habe eine schwarze Seele. Tief im Innern bin ich verletzt und einfach traurig.
Natürlich wissen meine Eltern nichts davon. Genau so wenig wie von den schönen Narben, die meine Unterarme schmücken.
Wir sind vor kurzem umgezogen und morgen wird die Schule anfangen. Ich habe noch zwei Jahre vor mir. Zwei Jahre, bis ich fliehen kann. Vor meine Eltern. Vor mir.
Ich habe keine Lust auf die neue Schule. Ich bin war zwar gut, doch Spaß ist das lange nicht.
Wenn ich Glück habe, werde ich nicht gehänselt. Oft genug sind wir deswegen umgezogen. Ein großer Aufwand für meine Eltern.
Jedenfalls sitze ich hier mit meiner Gitarre und zupfe ein paar Akkorde. Gitarre ist meine heimlich Leidenschaft. Nur meine Eltern wissen, dass ich eine hab. Na ja,wer würde es auch sonst wissen wollen?
Langsam wird es dunkel und die Schatten der anderen teuren Häuser verschwinden allmählich. So verbringe ich meistens meine Zeit: mit Gitarrengeklimper und träumen.
Das kann ich noch. Träumen. Und das dauert dann so ungefähr den halben Tag.
Bis mein Magen rebelliert und ich esse. Oder ich ohne essen schlafen gehe. Oder lese.
„Gemma, du musst zum Essen komme. Ich habe Spaghetti gemacht. Dein Lieblingsessen!", ruft mir meine Mutter von unten zu.
Schnell ziehe ich mir die Ärmel meines Pulli über die Fingerspitzen und steige langsam die Treppe runter. Da merke ich erst, dass ich höllischen Hunger habe.
Unten angekommen gibt mir meine Mutter einen Kuss auf die Stirn und deutet auf den große Tisch. Für drei Personen im Haushalt definitiv zu groß. Aber so mögen es meine Eltern. Groß und protzig.
Ich setze mich auf meinen Platz und warte brav, bis auch mein Dad am Tisch sitzt. Dann fange ich an, die viel zu weichen Spaghetti mir der ungesalzene Dosensoße zu essen. Es schmeckt wirklich nicht gut, aber es ist sowieso ein Wunder, dass mein Mom überhaupt gekocht hat. Außerdem stelle ich keine großen Anforderung in Sachen essen.
Oder, meistens, gar nichts. Deswegen gehe ich danach auch direkt ins Bad und sorge dafür, dass das Essen nicht länger in meinem Magen ist.
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Scars - on our souls || h.s.
Teen FictionIch bin durschnittlich. Ich bin normal und doch irgendwie nicht. Ich gehöre zu den über 16 Prozent der Amerikaner, die an Depressionen und psychischen Krankheiten leiden, was mich einerseits eine von vielen macht. Und anderseits? Ich weiß n...