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Als es dann endlich klingelt, renne ich förmlich aus dem Raum. Auf der Toilette lasse ich mich auf den Boden sinken. Ich will diese Schule jetzt schon nicht mehr. Zwar hat mich das braunhaarige Mädchen neben mir, Sophie heißt sie glaube ich, zum lunch eingeladen, aber ich habe sie abgewiesen. Eigentlich möchte ich die Schule nur hinter mich bringen, und dann einen Job ohne Menschenkontakt annehmen. Ich war noch nie gut mit Menschen und kann einfach nicht mit ihnen umgehen. Nach einer gescheiterten Freundschaft, oder dem Versuch, habe ich mich vollkommen gegen Menschen gewendet. Im Moment ist es mir so auch viel lieber.

Auf der Toilette verschnaufe ich erst mal.

Zu viele Menschen auf engen Raum machen mir Angst.

Es ist keine Platzangst. Ich habe keine Angst vor der Enge, sondern vor dem, was sie anrichten können und alleine die Tatsache, dass es Menschen sind. Es mag hart klingen, aber eigentlich kümmert sich der Mensch nur um sich selbst. Kein Mensch macht etwas, was keinen Vorteil oder sogar eine Schädigung für sich selber davon trägt. Meine Erfahrung bestätigt das.

Das Problem dabei ist, dass ich schon zu oft eine Schädigung für mich in Kauf genommen habe, für Menschen, die es nicht wert waren. Aber irgendwie lag es doch an mir.

Als ich langsam wieder normal bin und nicht gleich zu hyperventilieren drohe, schließe ich die Tür auf. Ich streiche mir die Haare aus dem Gesicht und wasche mir die Hände. Im Spiegel gucke ich mir meine schwarzen, ausdruckslosen Augen und flüstere:

„Den restlichen Tag schaffst du noch. Du musst nur noch kurz durchhalten."

Wenn ich glücklich bin, leuchten meine Augen bräunlich. Jetzt sind sie fast schwarz. Und trotzdem erkennt keiner die Dämonen, die in mir hausen. Obwohl schwarze Augen das doch anzeigen, oder?

Doch das letzte Mal als ich glücklich war, habe ich wahrscheinlich meine Cousine gesehen. Sie ist ein paar Monate älter als ich, und die einzige, die ich mich annähernd versteht. Doch sie ist jetzt im Ausland und hat den Kontakt abgebrochen. Soll mir nur recht sein.

Auf jeden Fall mache ich mich auf den Weg zu meinem nächsten Kurs. Mathe. Eins meiner besten Fächer.

So schlendere ich über die Flure und tue so, als ob es mir gut gehen würde.

Doch innerlich bin ich zerstört...

Wie ein Schlachtfeld, denn egal was man tut, es wird immer der Platz von Tod, Zerstörung, Hass und Verzweiflung sein. Wie ich.

Als ich, in Gedanken versunken wie immer, plötzlich gegen jemanden laufe, fluche ich laut. „Na na, solche Wörter sagt man doch nicht!", sagt eine Stimme vor mir.

Ich gehe zwei Schritte zurück, um die Person, gegen die ich gelaufen bin, zu betrachten. Es ist ein großer Junge. Unauffällig mit blond gefärbten Haaren und blauen Augen. Er sieht nicht schlecht aus, doch auch nicht außergewöhnlich. Ich hasse mich dafür, dass ich so frei über ihn urteile, wo ich doch genau vor solchen Menschen Angst habe. Wow, über so etwas sollte ich nicht nachdenken.

„Wir sind doch keine Kinder!", gebe ich dann bissig zurück. Meine dunkelbraunen Haare haben sich mittlerweile aus dem Zopf gelöst und ich erkenne immer weniger.

Warum auch immer, bin ich total wütend und stampfe einfach weg. Eigentlich müsste mir der Junge hinterher laufen, wie es jeder macht. Doch ich bin anders. Oder der Junge.

Dann ertönt es: „Ich bin Niall. Du Gemma, oder?" Also bin ich wie immer die Andere. Der Außenseiter. Schnell gehe ich weiter.

Völlig durch den Wind renne ich in den Klassenraum. Definitiv zu viel Körperkontakt für den ersten Tag. Aber jeder Tag hat ein Ende. Auch die schlimmsten.

Mit diesem mehr oder weniger positiven Gedanken überlebe ich den restlichen Tag.

Als ich endlich zuhause bin, schmeiße ich mich auf das Bett und schnappe mir die Gitarre. Ich schlage nur ein paar Akkorde an. Es klingt gut. Aber ich habe noch nie versucht ein Lied zu schreiben oder so. Ich bin kein Mensch, der Gefühle ausdrückt. Nicht Menschen gegenüber, nicht in der Musik und nicht auf Papier.

Eigentlich habe ich keine Gefühle.

Oder nur wenn ich alleine bin. Doch dann zu viele.

Denn nachts denke ich wieder über mich nach. Dann überkommt mich wieder diese tiefe Traurigkeit, die mich immer fast droht zu ersticken.

Ich pflege einen Hass für mich, den niemand übertreffen kann.

Daran erinnere ich mich fast jeden Abend um halb zwei.

Ich denke über meine Maske nach, die ich tagtäglich aufsetze. Und darüber, dass wahrscheinlich niemand darunter sehen wird.

Ich liege oft lange wach. Dann zwinge ich mich dazu, morgen nur einen Apfel zum lunch zu essen. Ich bin viel zu dick. Zu dick, um normal zu sein.

Zu anders.

Bin nicht genug, um etwas zu haben.


Hallo, ich bin neu hier auf Wattpad; also als Autor :) Lesen tue ich hier schon ein bisschen länger. Ich habe zwar keine Ahnung, ob das hier überhaupt irgendjemand lesen wird, aber ja :D Jedenfalls ist das hier meine erste Geschichte, die so weit ist, dass ich sie veröffentliche.

Sie bedeutet mir eigentlich relativ viel, deswegen würde ich mich natürlich über positives Feedback freuen, aber ich möchte vor allem, dass sie mir gefällt (das nur nebenbei, weil ich schon mitbekommen habe, dass sie Autoren hier (zu) stark nach den Lesern und deren Wünschen gerichtet haben)

Ja, ich weiß, dass es ein schwieriges Thema ist und dass das mit Sicherheit nicht jedem (wenn überhaupt jemandem) gefällt, aber wie schon gesagt, geht es in erster Linie um mich und mein Buch. Ich sitze schon etwas länger an dieser Idee und habe mir gedacht, dass ich sie ja eigentlich auch mal veröffetnlichen könnte. Ob sie gelesen wird, ist dann nochmal etwas anderes... :D
Wenn ich sehe, dass sie wirklich gelesen wird, werde ich weiter updaten, aber das wird sich sicherlich noch zeigen. ;)

Habt einen schönen Tag

Helena Xx

Scars - on our souls || h.s.Where stories live. Discover now