Die Donnerfotze, Urgroßmutter und Geschmacksverirrung

75 12 7
                                    

Ryder

„... wir hoffen sie hatten einen angenehmen Flug. Unser Team wünscht Ihnen einen schönen Aufenthalt und bedankt sich für ihre Aufmerksamkeit." Mit einem leisen Aufstöhnen richte ich mich auf und strecke den Rücken durch. Na endlich. Denke ich. Ich hätte es keine Sekunde länger in diesem Flieger ausgehalten und ich muss dringend eine rauchen. Mein Nikotinspiegel ist sowas von im Keller.

Doch bevor ich den Weg nach draußen in Richtung Freiheit antreten kann, schiebt sich die Kleine, Wie hieß sie noch mal? Hasel? an mir vorbei. Sie wischt sich in einer verstohlenen Geste über den Mund, was mich unwillkürlich zu einem spöttischen Grinsen bringt, welches aber sofort wieder erstirbt.

Wir haben während des gesamten Fluges nicht ein Wort miteinander gewechselt. Sie hat aus dem Fenster gestarrt und ich habe Musik gehört, bis sie irgendwann eingeschlafen ist - was mir persönlich mehr als recht ist.

Ich bin nicht unbedingt scharf darauf neue Bekanntschaften zu schließen, eher im Gegenteil. So wie ich meinen Dad kenne, wird er auch diese ‚Beziehung', in wenigen Tagen in den Sand setzen und dann war's das! Dann würde unser Leben ganz normal weiter gehen wie bisher. Ich muss nur irgendwie diesen verfickten Urlaub hinter mich bringen...

Wir stehen an der Gepäckrückgabe und warten darauf, dass auch unser Gepäck über das Band läuft. Währenddessen schwärmt mein Vater von den Sehenswürdigkeiten Berlins. Ich höre ihm nicht wirklich zu, sondern begnüge mich damit die umstehenden Leute zu >beobachten<. Die meisten scheinen genauso froh wie ich zu sein, endlich wieder festen Boden und etwas mehr Bewegungsfreiheit zu haben. Andere scheinen schon wieder mitten im Stress des Aufbruchs zu stecken. In meinen Ohren wummern immer noch die Bässe des Liedes und mischen sich mit den Geräuschen des Flughafens zu einem dumpfen Dröhnen, was nicht gerade zur Linderung meiner immer noch anhaltenden Kopfschmerzen beiträgt.

"Und dann müssen wir uns unbedingt das Brandenburger Tor ansehen!", ruft mein Vater viel zu euphorisch aus. "Das ist definitiv Pflichtprogramm!" Ich stöhne leise auf. Ich brauche dringend eine Zigarette... Während Dad immer noch Berlin in den höchsten Tönen lobt, taste ich in meiner Hosentasche nach der Zigarettenschachtel und dem Feuerzeug. "Schau mal, da!, ruft Melissa erfreut aus, packt meine Hand und zerrt daran. Für ihre 10 Jahre hat sie schon ziemlich viel Kraft. "Da ist mein Koffer!" Ziemlich aufgeregt deutet sie auf das Gepäckstück und zerrt wieder an meiner Hand. Mit einem resignierten Seufzen, lasse ich mich von ihr mitziehen. "Das kommt aus dem Flugzeug, richtig? ", plappert meine Schwester munter weiter. Ihre Müdigkeit scheint komplett verflogen zu sein. "Das haben wir nämlich in der Schule gelernt." "Was ihr so alles in der Schule >lernt<...", murmle ich mit einem leichten Kopfschütteln und hebe den kleinen dunkelblauen Koffer vom Band.

Dad hatte darauf bestanden, dass zumindest Melissa einen Koffer mit nach Deutschland nehmen sollte. Ich erinnere mich daran, wie beharrlich sie sich geweigert hatte, als er ihr den knall-pinken Koffer mit dem verstörend breit grinsenden, giftgrünen Pferd präsentierte und meinte, sie würde dieses, ich zitiere: >ultrahässliche Pony< unter gar keinen Umständen mit nehmen. Nach einer längeren Diskussion, hat sie es irgendwie geschafft unseren Vater zu überreden, ihr einen anderen Koffer zu kaufen. >> Wir kaufen dir das nächste Mal den Ponykoffer, Daddy, - versprochen!<<. Jetzt wo ich daran zurück denke, wie wir vor ein paar Tagen in diesem Laden standen, huscht mir wieder ein amüsiertes Grinsen über die Lippen. "Danke!" meint meine Schwester und schenkt mir ein breites Lächeln, bei welchem die winzige Zahnlücke zwischen ihren vorderen Schneidezähnen, zum Vorschein kommt. Nachdem ich auch meine Tasche vom Laufband geangelt habe, werfe ich kurz einen Blick über die Schulter. Dad steht zusammen mit Susan und ihren Töchtern, ein paar Meter von uns entfernt. Während er sich angeregt mit Susan unterhält, sieht die Kleine ziemlich gelangweilt aus. Ihre Schwester hingegen schaut sich mit genervter Miene um. Ich gehe in die Knie und fasse Melissa bei der Hand. "Pass mal auf," murmle ich leise, ohne meinen Vater und seine Gefolgschaft dabei aus den Augen zu lassen. "Du musst etwas für mich tun Lissa..." meine kleine Schwester runzelt skeptisch die Stirn. "Warum?" Ich seufze. Warum muss sie in dem Alter schon solche Fragen stellen?! "Warum kann man dich nicht wie jede 10-Jährige mit Süßigkeiten bestechen?", entgegne ich mit einem matten Grinsen und füge ein: "Erzähl ihm einfach nichts von letzter Woche, okay?" hinzu, bevor ich aufstehe und Lissa mit der Hand durch die straßenköterblonden Locken wuschel. Sie nickt kaum merklich. "Du bist ein Schatz, Prinzessin." "Jaja," winkt sie ab. "Kann ich jetzt mal aufs Klo? Ich muss schon den gaaaaannnnzzzeeeen Flug über!" Als ich sie nur fragend anschaue, meint sie: "Naja, ich wollte nicht, dass es jeder mit kriegt. Das hört man doch im Flugzeug." Ich lache leise und nehme meine Schwester bei der Hand. "Komm, wir suchen eine Toilette."

Nachdem ...

........................................................................
So das war der erste Teil von Kapitel 4,der zweite folgt bald. (Sonst wäre es einfach zu lang geworden:D)
Wir hoffen natürlich das es euch bis her gefallen hat und ihr euch auf das nächste Kapitel freut :)
LG^^

You make me feel goodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt