Träume

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Wir gingen zusammen zur Mensa. Als wir den großen Saal betraten, war dieser natürlich bereits überfüllt. Überall an den Tischen saßen Schüler. Jungen und Mädchen. Sie waren kurz vorm erwachsen werden. Sie träumten von der Zukunft. Wem sie sich später unterwerfen und für wen sie arbeiten würden, wussten die meisten allerdings noch nicht. Jedoch hatten sie schon feste Pläne. Wen sie heiraten würden. Wie viele Kinder sie haben würden. Wo sie überall hinreisen würden.
Ich hatte noch keine Pläne. Meine Gedanken waren wo anders. Ich zerbrach mir den Kopf über andere Probleme, die Leute in meinem Alter hatten. Vielleicht auch die selben, aber ich hatte das Gefühl, nicht so wie meine Altersgenossen zu sein.

"Stell dich schon mal an", rief mich die Stimme meines mehr als besten Freundes aus meinen Gedanken. "Ich such' uns einen Platz." Nickend verabschiedete ich mich kurz von ihm und machte mich auf den Weg zur Essensausgabe, während er in der Masse verschwand. Ich schaute ihm hinterher. Da er, wie ich, nicht sehr groß war, tauchte er leicht in der Masse pupertärer Teenager unter. Nur ab und zu sah ich ein paar blaue Fransen aus der Menge hervor stechen.
Er hatte sich erst vor kurzem Haarkreide in dieser Farbe besorgt, da er, wie er empfand, ein bisschen Abwechslung in sein tristes Leben bringen wollte. Seine Mutter war ausgerastet, als sie ihn das erste mal mit blauen Stränchen gesehen hatte. Sie konte sich erst wieder beruhigen, als er ihr glaubhaft versicherte, dass diese nach der ersten Haarwäsche wieder raus gingen. Jedoch tat sie ihn als Spinner ab, wie die Lehrer und Schüler an unserer Schule, natürlich mit Ausnahme von mir, auch.

"Was darfs bei dir sein?", holte mich die Stimme der Küchenhilfe wieder aus meinen Gedanken. Verwirrt schaute ich erst sie an und warf anschließend einen Blick in die Reihe hinter mir, in welcher die Blicke der Schüler schon genervt und ungeduldig auf mir ruhten. "Ähm...", stammelte ich. Mit einem kurzen Blick auf den Speiseplan, der auf einem Monitor über ihr zu sehen war und welchen ich natürlich vorher nicht studiert hatte, schaute ich wieder zu ihr und bestellte verlegen eine Portion Bibimbap.

Während die ältere Dame mir den Reis auf den Teller schaufelte, studierte ich sie eingehender. Sie hatte unter dem Haarnetz, welches sie trug, schwarze krause Haare, die jedoch bereits feine Schimmer an Silber zeigten. Ihr Gesicht war blass, trug jedoch nicht viele Falten, was sie jünger erschienen lies, als sie vermutlich war. Sie erinnerte mich ein wenig an meine Mutter.

Das Geräusch des Tellers, welcher auf die Theke aus Glas abgestellt wurde, riss mich mal wieder aus meinen Gedanken, in welchen ich heute ungewöhnlich oft schwelgte. Ich nahm die weiße Platte, auf der das Essen dampfte, und stellte diese auf meinem Tablett ab. Nachdem ich mich schüchtern, wie ich war, bedankt hatte, ging ich zur Kasse und bezahlte. Dann nahm ich mir Besteck und Tücher, bevor ich mich aufmachte, um meinen Freund zu suchen.

Nach einer Weile fand ich Yoongi etwas abseits an einem kleinen Tisch nahe den Fenstern, aus welchen er den leichten Regen draußen beobachtete. Ich ging grinsend auf ihn zu und stellte mein Tablett vor ihm ab, bevor ich mich ihm gegenüber setzte. Er sah zu mir und wünschte mir einen guten Appetit, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder der Außenwelt widmete. "Magst du mal probieren?", fragte ich ihn, woraufhin er einfach nur seinen Mund öffnete. Ich stand kurz auf und beugte mich über den Tisch, da meine Arme zu kurz waren, um ihm das Essen in den Mund zu stopfen. Der Schwarzhaarige kaute langsam, bevor er schluckte. Als Reaktion auf meine Frage, ob es ihm schmecke, bekam ich nur ein geistesabwesendes Schultern zucken.

Es war nichts neues für mich, dass mein Hyung in der Mittagspause nichts aß. Früher fragte ich ihn oft danach, doch als Antwort hörte ich immer nur, dass er nach der Schule zu Hause essen würde. Er war der Meinung, dass es unnötig sei, Geld für den Mensafraß auszugeben. Generell sah ich ihn so gut wie nie essen. Nur, wenn ich mal bei ihm übernachten durfte und seine Mutter kochte. Aber da diese oft bis spät arbeitete, ist es auch schon vorgekommen, dass wir uns ohne Abendessen schlafen gelegt haben.
Mein mehr als bester Freund, war schon immer sehr dünn gewesen. Bereits als er in meine Klasse gekommen war, war er der dünnste von uns Jungen. Immer wieder zogen unsere Mitschüler ihn damit auf, dass er aussähe, wie ein Mädchen. Nannten ihn Unni oder Noona, statt Oppa oder Hyung. Aber von denen wollte Yoongi sowieso keine Freundschaft. Er wirkte immer, als ob ihn die Schikanen der anderen nicht interessiere, aber ich merkte, wie sehr die Beleidigungen ihn trafen.

Ich hingegen war schon immer etwas mopsig. Eigentlich machte ich mir daraus nichts, denn unter meinen Klamotten, waren meine Muskeln sehr gut zu sehen. Nur mein Gesicht trug noch seine Babybäckchen. Auch ich wurde von meinen Mitschülern oft damit aufgezogen. Auch über meine für einen Jungen sehr hohe Stimme machten sich Gleichaltrige lustig.
Ich schaute in meine Schüssel, die schon fast leer war. Ich hatte gar nicht gemerkt, wie viel ich bereits gegessen hatte. Angewiedert schob ich das Tablett von mir. Yoongi bemerkte das, da das Tablett an seinen Ellenbogen stieß, den er auf dem Tisch abgestützt hatte. Verwundert sah er zu mir. "Was ist los?" Ich schluckte nervös, bevor ich mit beschämter Stimme antwortete: "Ich bin schon satt..." Ich spürte den eindringlichen Blick meines Freundes auf mir ruhen, während ich meinen senkte. "Du kannst den Rest haben, wenn du willst", murmelte ich meine Hände beobachtend, die in meinem Schoß lagen.

Ich weiß nicht, was dieses Gefühl in mir ausgelöst hatte, aber auf einmal hatte ich Angst, dass mein Hyung sich vor mir ekeln würde, wenn ich esse. Und dieses Gefühl war so unangenehm, dass mir der Hunger, der bei mir eigentlich konstant vorhanden war, verging. Ich begann, von mir selbst angewiedert zu sein.
Wenn ich ein paar Kilo abnehmen würde, würde mich mein Hyung sicher lieben, oder?

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 27, 2017 ⏰

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Vicious Cicle {YoonMin // German}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt