the chapter about my bad habits

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Ich wache mitten in der Nacht auf. Die Sterne funkeln am Himmel, eine Katze balanciert auf der Mauer entlang, die den Fußgängerweg von dem Wald abgrenzt, Motten flattern unter den Straßenlaternen umher und ganz vorne, da, wo unsere Stadt aufhört, sieht man die Wellen gegen die riesigen Felsen brausen. Der Wecker sagt, dass in vier Stunden mein Alltag beginnt. Ich könnte mich wieder schlafen legen, doch irgendetwas veranlasst mich dazu aufzustehen. Weil sich mein Hals trocken anfühlt und die Wasserflasche neben meinem Bett leer ist, beschließe ich in die Küche zu gehen um mir ein Glas Wasser zu holen.
Erst als ich im Flur stehe, meine blanken Füße den Holzboden aufknarren lassen und ich den Atem anhalte, spüre ich wie alles schläft. Ich höre das Haus atmen. Leise und wohlig. Meine Eltern höre ich im Zimmer nebenan schlafen, mein Vater schnarcht. Nachts sind die Sinne anders ausgeprägt, sagte Grams. Man kann alles hören, man kann sogar die Nacht riechen.
In der kleinen Küche angekommen hole ich leise ein Glas aus dem oberen Schrank und drehe die Wasserleitung vorsichtig auf. Mit meinem Fuß stoße ich die Küchentür auf und der kühle Nachtwind weht mir sofort die Haare aus der Stirn. Die Bäume bewegen sich im Takt des Windes und ehe ich mich versehe sitze ich auf der kühlen Wiese- oder eher gesagt liege. Mit den Beinen ausgestreckt und meinen Händen hinter meinem Kopf schaue ich in den wolkenlosen Himmel. Da, wo die Sterne am hellsten leuchten.
Ich fühle mich vollkommen. Als wäre hier mein Platz, unter den Sternen. Ist es das, was Grams meinte?
Immer und immer wieder fielen mir meine Augen zu. Ich schaute noch ein aller letztes Mal auf, als ich ein Schnurren an meiner Schulter wahrnahm. "Oskar!", flüsterte ich und kraulte meinen schwarzen Kater am Kopf. Er kuschelte sich an meine Seite und versteckte seinen Kopf in meiner Armbeuge.
Keine Ahnung wie lange wir noch so da lagen, jeden Falls musste ich, als ich das nächste Mal meine Augen öffnete, zur Seite schauen, weil die Sonne direkt über meinem Körper am Himmel stand. Oskar lag noch immer an meiner Seite, jedoch diesmal komplett auf meinem Arm- das musste ich feststellen, als ich aufstehen wollte und einen Widerstand spürte. Auf einmal drehte sich mir der Magen um. Warum hatte mich niemand geweckt, ich hatte doch Schule!
"Verdammt, verdammt, verdammt." Mit einem Ruck erhob ich mich, löste mich aber vorher noch von Oskar, der seine Krallen in mein Schlafshirt grub, rannte in Richtung Küchentür und versuchte buchstäblich einen neuen Rekord im Fertig-machen zu erlangen. In binnen von Minuten schaffte ich es meine Zähne zu putzen, mir Sachen anzuziehen, meinen Rucksack zu packen, was ich gestern wohl wieder vergessen hatte, mir mein Fahrrad zu schnappen und den kürzesten Weg zur Schule zu nehmen. Auf Frühstück musste ich heute anscheinend verzichten.
Ich hatte bisher keine Chance auf eine Uhr zu schauen, also hatte ich ebenso wenig einen Schimmer welchen Kurs ich gerade hatte.
Schnell schloss ich vor dem Gebäude mein Fahrrad an und lief schnellen Schrittes durch den Eingangsbereich, in dem gottseidank auch eine Uhr angebracht war; es war um 11 Uhr. Gerade noch rechtzeitig für meinen Biologiekurs. Der Unterricht begann erst vor wenigen Augenblicken.
Vor dem Biologieraum halte ich kurz inne. Wenn ich diesen Raum jetzt betrete, werden mich alle anschauen. Der Lehrer wird von mir erwarten, dass ich mich entschuldige, eine halbwegs gute Ausrede zustande bringe und mich dann unverzüglich auf meinen Platz begebe. Natürlich nicht, ohne mir vorher noch eine Stunde Nachsitzen einzuhandeln. Und die Schüler werden schmunzelnd zu mir rüber sehen und sich mit ihren Ellbögen gegenseitig in die Seiten stoßen, was so viel bedeutet wie: "Schau dir diesen Idioten an."
Sollte ich da jetzt wirklich noch rein gehen?
Gerade als ich die kalte Türklinke runterdrücken wollte, ertönte eine Stimme hinter mir. Die, eines Mädchens. "Das würde ich nicht tun. Mrs. Holmes hat es heute besonders auf Schüler wie dich abgesehen."
Ich drehte mich um. Sie stand dort, mit ihren kurzen weißen Haaren und diesem vertrauten Grinsen im Gesicht, dass es mich beinahe umgehauen hätte.

"Grams?"

Der Junge unterm SternenhimmelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt