4

6 0 0
                                    

Melissa erzählte mir noch das es an dieser Schule ein Projekt gab, was sich "Mystic letters" nannte. Dabei wurden jeweils zwei Partner ausgelost und sie mussten sich Briefe schreiben, jedoch ohne zu wissen wer der andere ist und man musste es dann über das Jahr irgendwie herausfinden wer sein Partner war. Allerdings war das ziemlich schwierig. Deshalb wurde das ganze immer über das ganze Jahr gehalten. Damit sollte man sich kennenlernen, neue Freunde finden und danach bei einem Ausflug mit der Schule etwas in Form von einer Projektaufgabe miteinander machen. Und so traf es auch mich. Dieses Projekt war immer zwischen zwei Leuten die auch ungefähr im gleichen Alter waren. Die Briefe die man schrieb wurden den Lehrern gegeben die sie dann an den jeweiligen Partner weiterleiteten. Jeder hatte eine Zahl und so wussten welcher Brief an wen gehen sollte. Mann wusste nur die Zahl des Partners und nicht die eigene damit man sie nicht verraten konnte und das ganze aufflog. Man wurde innerhalb der nächsten Woche seinem Partner zugeteilt und schon konnte das Rätselraten beginnen.

Am nächsten Tag stand ich schon mit schlechter Laune auf und leider verzog sie sich auch nicht bis ich in der Schule war. Ich redete weniger als sonst und Melissa hatte mich schon gefragt ob bei mir alles in Ordnung sei. Und dann schrieben wir auch noch einen Überraschungstest (jaaa, gleich zu Anfang des Schuljahrs!), das dann auch noch zu einem Thema von dem ich absolut keine Ahnung hatte. In der Cafeteria ging ich einen großen Bogen um den Tisch an den ich mich den Tag zuvor gesetzt hatte. Die dummen Blicke und das Getuschel ignorierend lief ich einfach weiter und nahm mir einen Apfel aus dem Obstkorb. Das andere essen hier war ja leider ungenießbar, wenn Melissa recht hatte. Aber das Essen war an den wenigsten Schulen lecker. Melissa war drinnen geblieben. Ich hatte ihr gesagt das ich lieber draußen sei und als sie mit mir nach draußen wollte sagte ich nur "Nein nein, bleib ruhig hier. Ist schon gut. Mit meiner schlechten Laune zieh ich dich nur runter." und ging nach draußen. Draußen schien die Sonne, die Vögel zwitscherten und es war warm. Wenigstens etwas. Ich setzte mich wieder vor den Baum wie tags zuvor und holte mein Buch raus. Nach einer Weile in der ich gelesen hatte, klingelte es. Ich stand auf und packte mein Buch wieder weg. Gerade als ich durch die Tür wollte kam jemand anderes heraus. Nur leider hatte ich ihn nicht bemerkt und knallte gegen eine harte Brust. "Shit! Kannst du nich aufpassen?" ging er mich an. Ich blinzelte verwirrt. Mein Rucksack war auf den Boden gefallen und mit einem lauten" Ratsch"  an der Seite gerissen. Doch ich war zu verwirrt um das überhaupt mitzubekommen. "Hallo, Erde an seltsames Mädchen! Dein Rucksack is leicht kaputt." Ich schüttelte den Kopf um wieder klar denken zu können. "Äh. Doch? Schau doch mal hin." sagte er. Ich sah zu meinem Rucksack, wohl bedacht, das er mein Gesicht nicht komplett sehen konnte. Schnell hockte ich mich hin, packte die Sachen irgendwie, stand wieder auf und ging so schnell ich konnte an ihm vorbei zurück ins Schulgebäude. Verdammt... Ich hatte gehofft das ich nicht so schnell auf ihn treffen würde. Aber das Schicksal wollte wohl anders spielen. Der Junge in den ich gerade gerannt war, war Skrype. Genau der dem ich unbedingt aus dem Werg gehen wollte.

Nachdem ich abgehauen war, hatte ich mich sofort ins Klassenzimmer auf meinen Platz neben Melissa gesetzt. Sie hatte bemerkt das etwas nicht stimmte. "Was ist denn mit dir los? Du bist ganz rot im Gesicht." hatte sie bemerkt doch ich wank nur ab. "Ach gar nix ich war nur gerade auf dem Klo und musste mich beeilen. Genau in dem Moment ging die Tür auf und der Lehrer kam herein. Gefolgt von... Och nein! Heute war echt nicht mein Tag! Es war Skrype mit seiner Gruppe. Er sah mich nur einmal kurz an und dann wieder weg. Der Lehrer begann mit dem Unterricht und das einzige was ich wollte und was mein Verstand mir sagte war: "Hau ab so schnell du kannst!"

Genau das tat ich auch als es zum Stundenende klingelte: Ich verschwand so schnell ich konnte. Melissa wartete bereits an meinem Spind und sah mir entgegen. Unter ihren dunkelbraunen Augen lagen tiefe Schatten. Die hatte ich heute früh gar nicht bemerkt? "Ist eigentlich alles ok mit dir?" fragte ich deshalb. "Ja, ich konnte nur die ganze Nacht nicht schlafen, weil mein kleiner Bruder krank ist und die ganze Zeit geweint hat." antwortete sie und lächelte gequält. "Oh." hauchte ich. "Und deine Mum?" "Ist auch krank. Ich hatte deshalb angeboten das wir Jonas' Bettchen in mein Zimmer stellen damit sie mal durchschlafen kann." Ich lächelte. Sie war wirklich ein herzensguter Mensch. "Du Amy, dreh dich ja nicht um. Skrype starrt dich an." flüsterte sie und sah an mir vorbei. "Verdammt. Ich hoffe er hat mich nicht wiedererkannt." murmelte ich.

Im Klassenzimmer angekommen ließ ich mich wieder auf meinem Platz vor Melissa und Mike nieder. Vor mir lag eine langweilige Stunde voller Matheformeln und irgendwelchen Sachen die wir eh nie wieder in unserem Leben brauchen würden. Die gesamte Stunde über spürte ich seinen Blick in meinem Rücken. Ich wusste das ich ihm irgendwie bekannt vorkam, wenn nicht hatte er mich schon erkannt. Erinnerungen an früher kamen hoch. Wie wir zusammen im Garten gespielt haben, seine Mutter abends kam um mit uns gemeinsam zu essen und ihn dann mit nachhause zu nehmen. Wie wir zusammen Horrorfilme von meinem Dad geklaut hatten und ihn dann bei ihm angesehen hatten wenn seine Mutter wieder mal den ganzen Tag arbeiten musste. Und wie wir dann so sehr Angst hatten das wir gar nicht mehr schlafen wollten. Und wir es trotzdem immer wieder taten. Wie ich immer hinfiel und er mir aufhalf und mir den Dreck von den Sachen klopfte, damit meine Mutter nicht allzu sehr mit mir schimpfte. Wie wir manchmal abends aneinander gekuschelt auf dem Sofa eingeschlafen waren und unsere Mütter sich dann einfach zu uns gelegt hatten. Wie wir... "Miss Kennedy, wären sie so freundlich und würden mir vorn an der Tafel die Aufgabe lösen?" fragte Mr. Chaplin, der vor meinem Tisch stand und mich durch seine Frage aus meinen Gedanken riss. "Ähm... Ja klar warum nicht?" antwortete ich leise und ging nach vorne. Ich nahm mir die Kreide und löste die Aufgabe so gut ich konnte. Eigentlich war ich recht gut in Mathe, nur leider war Mr. Chaplin mit dem Stoff schon weiter als die Mathelehrerin an meiner alten Schule. Ich spürte die Blicke in meinem Rücken und hörte wie einige aus der Klasse zu kichern begannen. Anscheinend war das falsch, was ich an die Tafel gekritzelt hatte. Aber das war mir egal. Ich setzte mich wieder an meinen Tisch. Mr. Chaplin stand vorne und erklärte mir was ich falsch gemacht hatte, doch ich hörte schon gar nicht mehr zu, sondern versank wieder in meinen Gedanken. Bis die Stunde zuende war, dachte ich darüber nach was alles in der Vergangenheit passiert war.

Drunk under the starsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt