Prolog

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Es regnete.
Dünne Tropfen, die wie Striemen den Himmel zerschnitten.
Alles sah aus, als wäre es in einen grauen Nebel getaucht.
Ein fallender, nasser Regen.

Schön.
So wunderschön.

Ich blieb stehen.
Genoss die Aussicht, den Regen.
"Weiter! Du willst doch hier nicht stehen bleiben! Nur noch ein Stück!"
Ich sah ihn an.
Ihn, meinen Bruder.
Und nickte.
Dann rannte ich, rannte und rannte durch den wunderschönen Regen nach Hause.
Mein Zuhause?
Wunderschön.
Der Regen fiel grau und schwer auf das Dach, durch die Löcher, an deren Stelle eigentlich weitere moosüberzogene Ziegel sitzen sollten. Die Wände aus Holz, Moos und vielleicht einmal Stein. Nun Brösel. Unkraut im Garten, in der schiefen Dachrinne, auf den Fensterläden.
Wie ich schon sagte:
Wunderschön.
Meine Knie gaben nach.
Ich war zu kaputt.
"Nur noch das Stück!" rief er.
"Du schaffst das."
Ich schüttelte den Kopf.
Hinter uns Gebrüll.
Sehr, sehr laut.
Nicht schön.
Er hob mich auf und trug mich die letzten Meter bis zum Haus.
Tür auf. Knarzen.
Tür zu. Knarzen.
Wir waren drinnen.
"Wir sind in Sicherheit!" Er lachte.
"Sie können das Haus nicht sehen! Sie können uns nichts mehr anhaben!"
Er führte einen kleinen Tanz auf.
Wie lächerlich.
Seine Magie war und wird niemals stark genug sein, um uns zu verstecken.
Und das wusste er am Besten.
Ein Rumsen an der Tür.
So klopfen sie.
"In den Keller!" Sagte er, leichenblass.
Wie unsere Eltern.
"Nein." Sagte ich ruhig.
Vielleicht lag es daran, dass ich sprach. Oder daran, dass ich es sehr entschlossen sagte.
Wir gingen zum Fenster.
Vier Meter.
Vier Meter tief.
Ich zog die Augenbrauen hoch.
"Auf der anderen Seite sind ..."
Er beendete den Satz nicht.
Ich verstand ihn.
"Hör zu! Tu genau das, was ich dir jetzt sage, ja?"
Ich nickte.
"Ich springe als Erstes. Du wirfst die Tasche nach. So schnell wie möglich. Dann springst du, damit ich dich auffangen kann, ja? Ich werde dich auffangen!"
Dann sprang er nach unten.
Er rollte sich ab.
Er konnte gut Springen.
Ich nicht.
Ich warf die Tasche zu ihm herunter.
Und blieb oben stehen.
Grölen.
So freuen sie sich.
Er konnte nichts sagen.
Sonst hätten sie uns bemerkt.
Er war nicht gut darin, ohne Worte zu reden.
So stand er da, im schönen Regen, zwischen dem Moos und den Steinen.
Er war stark.
Er würde es schaffen.
Aber nur ohne mich.
Er winkte.
Ich nickte ihm zu.
Aber nicht, umzu springen.
Das wusste er.
Ich konnte es tun.
Das wusste ich.
Ich schrie.
Lärm. Lärm. Lärm.
Um mich herum. In mir drin.
Er rannte los.
Und dann?
Nur noch Lärm.
Feuer.
So töten sie.
Alles brannte.
Alles.
Wumm.
So vernichten sie.
Um mich herum -
Feuer.
Explosionen.
Kaputt.

Schön.
So wunderschön.

Ich halte inne, bleibe stehen.
Feuer.
So töten sie.
Wumm.
So vernichten sie. 
Aber nicht mich.
Fiepen.
Und dann?
Stille.
Für immer.

Schön.
So wunderschön.

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