3. Kapitel (Quinn)

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Ich lief den langen Gang entlang, gesäumt von Gemälden.
Es waren Tuschebilder, doch immer wieder wurde etwas neues eingezeichnet. Landkarten. Feldzüge. Kriegsstrategien.
Hier lag das Gedächtnis, der Kopf von Brill.
Jedes Tuschebild zeigte eine andere Weise, die Bürger des Landes zu unterwerfen und die bestehende Diktatur zu stärken.
Schrecklich, ich weiß.
Und ich? Ich war ein Teil davon. Leider.
Ich wartete vor einem bestickten Wandteppich. Ich brauchte nicht zu Klopfen, mein absichtlich lauter Gang verriet mich.
~ Wenn ein Drachenkrieger geht, ist sein Gang voller Anmut und Geschmeidigkeit. Sein Auftreten ist würdevoll lautlos. ~
Aus: Auf dem Weg zum Drachenkrieger, Teil |
Ich kriege diese dummen Lernverse nicht aus meinem Kopf, egal wie oft ich sie deformiere und mich anstrenge, die ursprüngliche Version zu vergessen.
~ Wenn ein Drachenkrieger geht, ist sein Gang voller Plumpheit und Unregelmäßigkeiten. Sein Auftreten ist würdelos laut. ~
"Herein." rau, kraftvoll und doch leise. Genau so, wie die Stimme eines Drachenkriegers sein sollte.
Ich atmete noch einmal durch, fegte den Jahrhunderte alten Teppich aus den Halterungen, betrat laut und stolpernd den Saal und ließ mich auf den Stuhl fallen, bevor er mich bitten konnte. Er ächzte zum ersten Mal seid den zwanzig Jahren, die er hier stand. Dann rülpste ich und lobte mich innerlich selbst für meinen grausig-unstrukturierten, idiotischen Auftritt. Aber als ich ihn ansah, wusste ich, dass nichts von alledem gewirkt hatte. Er sah mich immernoch ernst an.
Ich saß hier, weil ich, scheinbar im Vollrausch, während des Bogenschießtrainings auf einen der Trainer gezielt und ihn getroffen, daraufhin die Scherzversion unserer Nationalhymne, die von den Rebellen gedichtet wurde, gesungen und dazu mit dem hochwertigsten Bogen der Ausbildungsstätte ein spontanes Feuer in dem Sprengstoffkeller gezündet hatte. Zugegeben, ich hatte mir echt Mühe gegeben, hier herauszukommen. Leider war der Schaden zu hoch und es gab so wenige Zeugen, dass diese verschwinden werden lassen konnten. Und demnach würde ich weiter unterrichtet werden, sofern ich mich diesem Gespräch unterzog. Vielleicht, wenn ich das hier richtig versaute, würden sie mich vielleicht aufgeben. Ich kippelte.
Keine Reaktion.
Gerade, als ich fürchtete, diese Sitzung würde nur auf Kippeln und Popeln meinerseits und Starren seinerseits hinauslaufen, erhob er zum zweiten Mal seine Stimme:
"Was hast du dir dabei gedacht?"
Wollte er wirklich eine Antwort? Tja, die konnte er haben:
"Ich dachte mir so: Lass mal die zwei grünen Typen erschießen, die da am Rand stehen und Regenbögen ausspeien. Und dann würden mir von den Berggeistern wunderbare Worte in den Mund gelegt. Dann hat sich zufällig der Bogen entzündet, als ich ihn über die Fackel gehalten habe, und da dachte ich mir: 'Is' doch super, bin ich halt Prometheus und bringe den Menschen das Feuer,' also bin ich hinaubgestiegen, auf die dunkle Erde, und habe den brennenden Zweig abgelegt und bin ohne auch nur die Bedankung abzuwarten wieder hinaufgestiegen. Und dann waren da rosarote Tiere mit langen Nasen und..." Von einem guten Freund, einem Vogelbauern, der ähnliche Meinungen zu den Drachenkriegern hat wie ich, hat mir seinen ersten Vollrausch sehr ausführlich beschrieben, und so schaffte ich es, ziemlich lange mit irgendwelchen Halluzinationen Zeit zu schinden. Ich weiß, ich weiß, der Plan ist nicht der beste, die Erklärung ist nicht die beste, aber wenn du seit sechs Jahren versuchst, wegzukommen, dann wäre der kreative Teil deines Gehirns genauso ausgelaugt wie meiner, glaub mir. Er unterbrach mich nicht, er wartete, bis ich endete. Auch wenn ihn das seine Nerven kostete.
"Du hast in zwei Wochen deine Prüfung. Versau sie nicht. Die Familientradition muss weitergeführt werden." Ich nickte.
"Du hast noch einen Teppich zu reparieren." Sagte er. Ich nickte.
"Ist das klar?"
"Ja, Vater."
Dann ging ich.
Ich glaub, -
Ich glaub, ich hatte meine erste gute Idee.

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