4.Kapitel (Schwalbe)

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2, 3, 5,
Die Zelle war sehr sparsam eingerichtet.
7, 11, 13,
Dafür waren Wände und Boden relativ sauber.
Und dick. Wie süß, er hatte sich beim Bau Mühe gegeben.
17, 19, 23,
Das Bett, auf dem ich lag, war ziemlich hart. Ich könnte mich beschweren.
29, 31, 37,
Machte ich aber nicht. Sollte er doch selbst kommen, wenn er was wollte. Ich hatte Zeit.
41, 43, 47,
Ich lehnte mich zurück und starrte an die weiße Decke.
53, 59, 61,
Man stellt sich immer die Unsterblichkeit so unfassbar super vor - glaubt mir, unsterblich sein ist kein Spaß.
67, 71, 73,
In Wirklichkeit war es höllisch.
Du wusstest, wie alles anfängt.
Du wusstest, wie alles ausgeht.
Und dann merkst du, zwischen all den Träumern, den Helden, den Tyrannen, den Fanatischen, das jeder von ihnen doch mit der Lüge lebt, er könnte etwas bezwecken.
79, 83, 89,
Es war so, als würde man jemandem zusehen, wie er gegen die Wand lief, hinfiel, aufstand,  gegen die Wand lief, hinfiel,  aufstand...
Nur schlimmer, denn immer, wenn man ihm zurief, das eine Wand vor ihm lag, diese Person den Kopf schüttelte, aufstand, nur, um dann mit voller Wucht und Anlauf wieder gegen eine Wand zu laufen.
97, 101, 103,
Das trieb einen in den Wahnsinn. Erst letztens wieder, hundert Jahre her oder so, war eine gute Freundin von mir verrückt geworden.
Noch eine halbe Ewigkeit, und ich wäre es auch.
107, 109, 113,
Ich hörte Schritte.
Ich kannte das Schrittmuster.
So einfach, es zu erkennen.
Die Tür ging auf.
127, 131, 137,
"Da sieht man sich wieder. Diesmal auf der anderen Seite des Gitters."
Er war, wie ich, für immer in der Blüte seiner Jahre, also circa sechzehn, eingefangen.
149, 151, 157,
"Kannst du nicht einmal aufhören, die Primzahlen abzurattern und dir mein Bösewichtgeschwafel anhören?" Er war immer noch sauer, weil ich ihn letztens vor all seinen Anhängern bloßgestellt hatte. Er verzieh mir nie, das ich einfach schlagfertiger als er war.
"Schieß los." Sagte ich.
Er nannte sich 'die Dunkelheit', ein selten dämlicher Name. Genau wie ich hatten er und das gesamte Gedächtnis dieser Welt seinen Namen vergessen.
Er, die Dunkelheit, und ich, Schwalbe, waren wohl Paradebeispiele für die ewige Ironie der Unsterblichkeit.
In den letzten Jahrtausenden kreisten wir umeinander wie zwei Schwarze Löcher, immer schneller, und warteten nur noch auf die große Kollision.
Dabei war nie jemand gut oder böse:
Es ging darum, Spaß zu haben, hieß, dem anderen eins auszuwischen. "Du kannst mich nicht aufhalten. Die Welt, wie du sie kennst, wird untergehen. Alle deine Freunde werden sterben. Ihr werdet keine Chance gegen mich haben. Ich besitze die restlichen Steine schon. Sag mir, wo er ist. Sag mir, wie ich ihn finden kann. Sag mir, wie man ihn benutzt."
Er beendete seine Rede mit einem ernsten Schurkengesicht. Glaubte ich. Es sah eher aus, als hätte er erst in eine Zitrone gebissen und wäre dann mit dem Gesicht zuerst in Säure gefallen. Ich kicherte.
Versuchte, mich zurückzuhalten aber - ich lachte. Und lachte.
Er sah mich leicht verschreckt an.
Weil mein Lachen plötzlich kam und weil - Naja, weil ich das einzige war, das ihn noch bei Verstand bleiben ließ. Unsere Feindschaft bewahrte uns davor, wahnsinnig zu werden. Wenn ich jetzt auch noch verrückt werden würde, würde es bei ihm auch nicht mehr lange dauern.
Ich kriegte mich wieder ein und versuchte, ernst zu bleiben.
Ich wendete die Sandwich-Methode an, ihr wisst schon, Kompliment-Kritik-Kompliment, um ihm schonend beizubringen, das er die Ausstrahlung einer Nacktschnecke hat. "Der Einstieg war gut. Das entmutigen ist immer wichtig. Allerdings solltest du an deinem Auftritt arbeiten und deine Mimik... Dafür der aufsteigende Trikolon am Ende, sehr gut eingesetzt, auch wenn erster und zweiter Punkt irgendwie dasselbe sind."
Er atmete ein. "Danke. Und Outfit? Okay?"
Schwarz, Umhang und Mantel.
Ich strecke den Daumen nach oben. "Siehst richtig Kacke aus, wie immer."
Er atmete aus.
"Wieder die Elementsteine? Stimmt's? Hast du wieder 'ne neue Spur?" Fragte ich gelangweilt. Oder versuchte ich gelangweilt zu sagen.
Aber kein Unsterblicher schafft es, beim Thema Elementsteine ruhig zu bleiben.
"Weiß nicht. Glaub schon."
Er sah wieder traurig aus.
"Ermüdet dich dieses Spielchen nicht? Immer diesen Steinen hinterherzujagen?"
Ein spöttischer Unterton schlich sich in meine Stimme.
Er lies sich Zeit mit der Antwort, bis er etwas Schlagfertiges, Griffiges gefunden hatte.
"Besser, als du mit deinen Primzahlen! Ich suche wenigstens einen Ausweg!"
Dann verschwand er, lies mich allein in der Zelle zurück.
2, 3, 5,
Unsterblichkeit.
7, 11, 13,
Sie war zum Verzweifeln.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 23, 2017 ⏰

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