Das zweite Mal ...

993 65 3
                                    

Das zweite Mal...

... geschah aus Platzmangel.



„Das ist nicht Ihr ernst, Scotty!"

„Tut mir leid, Captain. Ich hätte gerne bessere Nachrichten für Sie."

„Schon gut, ist ja nicht Ihre Schuld. Tun Sie was nötig ist und halten Sie uns auf dem Laufenden. Kirk Ende."

Die Hände auf dem Rücken verschränkt beobachtete Spock, wie der Captain den Kommunikator deaktivierte und sich sodann in einer Geste, hinter der er die menschliche Emotion „Frustration" vermutete, mit beiden Händen durch die Haare fuhr und das Haar auf diese Weise in erhöhtem Maße in Unordnung brachte, bevor er sich zu ihm selbst umdrehte.

„Haben Sie das gehört, Spock?"

Er weigerte sich die Frage des Captains anders als mit einer hochgezogenen Augenbraue zu kommentieren und trotz der noch immer sichtbaren Frustration in der Mimik des Captains brachte seine Reaktion – wie er insgeheim kalkuliert hatte – den Captain doch zum Lächeln.

„Das war eine rhetorische Frage, Spock."

„Ich habe das menschliche Konzept rhetorischer Fragen noch nie verstanden, Captain. Fragen dieser Art verfolgen keinen Zweck und sind damit im höchsten Maße ineffektiv."

Das Lächeln des Captains vertiefte sich und wieder war er zufrieden mit der Reaktion, die seine Worte beim Captain ausgelöst hatten. Wann genau er damit angefangen hatte, in gewissen Situationen seine Worte und Reaktionen mit Bedacht so zu wählen, dass sie amüsiert-emotionale Reaktionen des Captains hervorzurufen in der Lage waren, wusste er nicht genau zu sagen. Wahrscheinlich war ein genauer Zeitpunkt auch nicht bestimmbar. Vielmehr konnte man diese Entwicklung wohl als fließenden Prozess bezeichnen, der sich parallel zu der Entwicklung der professionellen Beziehung, die er mit dem Captain teilte, etabliert hatte. Denn auch, wenn er es dem Captain gegenüber immer wieder bestritt, besaß seine menschliche Seite tatsächlich eine gewisse Art Humor – unterschwellig und für die meisten Menschen, die nur seine nach außen getragene vulkanische Seite sahen, in aller Regel äußerst schwer zu entdecken. Offensichtlich nicht aber für den Captain, der diese Seite beinahe von Anfang an erkannt und verstanden zu haben schien und seitdem immer wieder versucht hatte, diese Seite an ihm herauszufordern. Und er selbst hatte eine unlogische aber schwer unterdrückbare Faszination dafür entwickelt, auf diese Herausforderungsversuche des Captains einzugehen und damit selbst entsprechende Reaktionen des Captains hervorzurufen.

„Wir Menschen sind eben ein durch und durch unlogisches Volk."

Er erlaubte seiner Augenbraue noch ein wenig höher zu wandern.

„In der Tat, Captain."

Wieder beobachtete er mit einem gewissen Grad an Zufriedenheit, wie der Captain leise lachte. Doch dann wurde das Gesicht des Captains wieder ernst.

„Wenn Scotty nicht aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen an diesem kleinen, grünen, stacheligen Etwas hängen würde, hätte ich Keenser schon längst am nächsten Raumhafen ausgesetzt."

„Möglicherweise wäre es ratsam, eine Beschäftigung außerhalb des Maschinenraums für Mr. Keenser zu suchen."

„Sie meinen eine Beschäftigung, bei der er nicht das halbe Schiff in die Luft jagen kann?"

Er ließ seine Augenbraue zurück an ihren Platz gleiten.

„Vorzugsweise ja."

Wieder sah er für 1,34 Sekunden ein amüsiertes Glitzern in den Augen des Captains, bevor dieser wieder ernst wurde und sich schließlich mit dem Rücken an der Wand des Turbolifts in eine sitzende Position gleiten ließ, die Hände auf den aufgestellten Knien abgelegt. Dann suchte der Captain erneut seinen Blick und deutete mit der Hand auf Boden links neben sich.

„Kommen Sie schon, Spock. Wir werden nach Scottys Aussage noch eine ganze Weile hier im Lift festsitzen und ich habe keine Lust, ständig zu Ihnen aufzusehen. Davon bekomme ich nur Nackenschmerzen und dann ärgert mich Pille wieder mit seinen Hyposprays."

Er zögerte nur kurz, doch dann folgte er schließlich der Aufforderung des Captains, darauf bedacht, auch in dem engen Lift jeden Körperkontakt mit dem Captain zu vermeiden. Er hatte kaum seinen Platz neben dem Captain eingenommen, als dieser auch schon fortfuhr.

„Jedenfalls muss ich mit Scotty ein ernstes Wörtchen reden, wenn er die Energieversorgung des Schiffes soweit wieder hergestellt hat, dass er uns aus dem Turbolift herausholen kann. Das kann so nicht weiter gehen mit Keenser. Das ist der dritte Vorfall in vier Monaten. Ich finde es ja toll, wenn die Jungs und Mädels und ... was auch immer Keenser ist da unten im Maschinenraum an Möglichkeiten tüfteln, wie sie die Enterprise noch schneller, besser und effizienter machen können. Aber ich habe etwas dagegen, wenn ich nach einem solchen Experiment mit meinem Ersten Offizier in einem Turbolift feststecke, während mein Schiff hilflos im Weltall treibt und auf Notfallenergie angewiesen ist."

„Wir befinden uns momentan in einem äußerst dünn besiedelten Teil des Alphaquadranten. Ein feindlicher Angriff auf das Schiff ist zur Zeit höchst unwahrscheinlich. Darüber hinaus ist die Kommandocrew der Enterprise kompetent genug, um die temporäre Abwesenheit von Captain und Erstem Offizier zu kompensieren, insbesondere, da die Kommunikation offensichtlich noch funktioniert."

„War das etwa ein Lob an die Crew aus Ihrem Mund, Spock?"

Er wandte seinen Kopf in die Richtung des Captains, die Augenbraue leicht erhoben.

„Ich benenne nur die Fakten."

Wieder hörte er den Captain leise lachen. Und wieder verspürte er hierüber diesen unlogischen Moment der Zufriedenheit.

Einige Momente war es still, bevor der Captain erneut das Schweigen brach.

„Und was machen wir nun, solange wir hier sitzen und darauf warten, dass Scotty uns in ein paar Stunden hier heraus holt?"

„Angesichts mangelnder Alternativen schlage ich vor zu warten."

„Ihre Vorschläge waren auch schon einmal besser, Spock."

Wieder meinte er, ein amüsiertes Glitzern in den Augen des Captain wahrnehmen zu können.

„Ich bin offen für Ihre Gegenvorschläge, Captain."

„Ich habe keine."

Erneut hob er die Augenbraue.

„Dann war ihr vorheriger Kommentar ebenso unlogisch wie überflüssig."

Das Lächeln des Captains vertiefte sich.

„Sie haben ja recht, Spock. Also warten wir."

Er sah, wie Captain ein wenig hin und her rutschte, offensichtlich um eine bequemere Position zu erlangen und schließlich seinen Kopf an die Wand in seinem Rücken lehnte. Er selbst wandte den Blick vom Captain ab, lehnte seinen Kopf ebenfalls gegen die rückwärtige Wand des Turboliftes, fixierte die Wand seiner Position gegenüber und lauschte dem Schweigen, das, wie er zugeben musste, nicht unangenehm war.

...

„Wie viel Uhr ist es wohl, was schätzen Sie, Spock?"

„Ich schätze die Zeit auf ungefähr 2356 und 12 Sekunden."

„Das nennen Sie eine ungefähre Schätzung?"

„Ich hielt es nicht für notwendig, Ihnen Auskunft über die genaue Millisekunde zu erteilen, da sich Menschen meiner Erfahrung nach mit einem Näherungswert zufrieden geben, wenn sie nach der Uhrzeit fragen."

Er verspürte einen leichten Luftzug an seinem rechten Ohr der ihm verriet, dass der Captain seine letzten Worte mit einem Kopfschütteln quittierte.

...

„Und wie viel Uhr ist es jetzt, Spock? Mir reicht die Minutenangabe."

„Es ist näherungsweise 0103, Captain."

„Werden Sie jemals damit anfangen, mich außerhalb des Dienstes beim Vornamen zu nennen?"

„Ich bin nicht befähigt in die Zukunft zu sehen."

Und wieder konnte er den leichten Luftzug spüren, den das Kopfschütteln des Captains auslöste.

...

„Verdammt, Scotty, wie lange dauert das denn noch? Spock meinte, es sei schon 0243. Wie lange noch, bis Sie uns hier herausholen?"

„Es gibt ein paar Komplikationen, Captain. Es wird sicherlich noch 5 oder 6 Stunden dauern, bis wir die Energieversorgung soweit wieder hergestellt haben, dass wir Sie und den Commander aus dem Turbolift befreien können."

„Ich gebe Ihnen maximal 4. Kirk Ende."

Er beobachtete den Captain dabei, wie er den Kommunikator deaktivierte und sich schließlich wieder zu ihm umdrehte.

„Wissen Sie was, Spock? Wenn wir hier mitten in der Nacht schon stundenlang festsitzen, werde ich die Zeit jetzt wenigstens nutzen, um ein wenig zu schlafen. Und Sie sollten das auch tun."

Und mit diesen Worten nahm der Captain eine liegende Position auf dem Boden ein. Als er keine Anstalten machte, dem Beispiel des Captains zu folgen, klopfte dieser ungeduldig mit der Hand auf den Boden neben sich.

„Kommen Sie schon, Spock. Legen Sie sich hin und schlafen Sie ein bißchen. Der Turbolift ist gerade groß genug für uns zwei."

Obwohl er die Ausmaße des Turboliftes bereits vor einiger Zeit analysiert und dabei festgestellt hatte, dass der Turbolift gerade genug Raum für ihn und den Captain bot, um direkte Berührungen vermeiden zu können, sah er sich noch einmal um. Der Captain bemerkte offensichtlich sein Zögern.

„Kein Grund, um schüchtern zu sein, Spock. Immerhin haben wir schon einmal in einem Bett übernachtet. Da sollte der Turbolift doch kein Problem sein."

Er musste zugeben, dass der Argumentation des Captains eine gewisse Logik inne wohnte, auch wenn er dies dem Captain gegenüber natürlich niemals zugegeben hätte. Und so begab er sich schließlich ebenfalls in eine liegende Position. Der Platz reichte, wie von ihm kalkuliert, tatsächlich gerade soweit aus, dass er jeglichen Körperkontakt zum Captain vermeiden konnte. Dann drehte er dem Captain wieder das Gesicht zu und sah, wie dieser ihn anlächelte.

„Sehen Sie, Spock, geht doch."

Er hob erneut seine Augenbraue.

„Ich habe die grundsätzliche Durchführbarkeit Ihres Vorschlages nie in Zweifel gezogen."

Das Lächeln des Captains vertiefte sich.

„Gute Nacht, Spock."

Und bevor er noch etwas erwidern konnte, drehte der Captain sich um und wandte ihm den Rücken zu, während er den Kopf auf seinen rechten Arm bettete. Nur 6,14 Minuten später verrieten ihm die gleichmäßigen Atemzüge des Captains, dass dieser eingeschlafen war.

Für weitere 17,89 Minuten lauschte er auf die Atemzüge des Captains, bevor er die Augen schloss und ebenfalls einschlief.

5mal, die Jim und Spock nebeneinander schliefen...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt