Der erste Tag

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Am nächsten Tag stand dann auch schon die nächste Runde an. Meine beste Freundin Elli hatte mich natürlich begleitet. Bevor ich mich gleich noch einmal vor Thomas und Michael und ganz besonders vor Heidi präsentieren musste, nahm mich Elli in die Arme. „Du packst das", versicherte sie mir.
„Danke, Elli", erwiderte ich. „Ich bin wirklich froh, dass du mich immer aufmunterst. Gerade weil ich selbst eben nicht so an mich glaube."
Sie seufzte. „Auch das wirst du noch lernen. Du bist einfach nur ein bisschen zu schüchtern und zu bescheiden."
Ich nickte. „Natürlich lerne ich das noch. Und ich gehe jetzt daraus und denke nur positiv. Immerhin haben mich Thomas und Michael beide gewollt."
„Genau das wollte ich hören!", lobte sie mich. „Und jetzt geh da raus und zeig ihnen, was du drauf hast."
„Ja, genau das mach ich!", meinte ich. Dann ging ich zusammen mit einem anderen Mädchen durch die Tür und lief so selbstbewusst wie möglich über den Laufsteg.
„Nicole ist wirklich gut", sagte Thomas. „Findest du nicht auch, Heidi? Sie ist doch das geborene Model."
Michael lachte. „Das geborene Model? Ich gebe ja zu, dass sie ganz okay ist, aber ein Model sieht nun wirklich anders aus."
Ich wusste, dass er das hauptsächlich wegen des Konkurrenzkampfes zwischen ihm und Thomas behauptete, trotzdem kränkte mich seine Aussage ein wenig. Jetzt war ich allerdings gespannt, was Heidi dazu sagte.
„Lieber Michael, da muss ich dir leider widersprechen", entgegnete diese. „Nicole hat sowohl die Größe als auch das Talent."
„Da hast du vielleicht recht", stimmte Michael zu, „aber hat sie denn auch die Ausstrahlung? Ich meine, ihre Haltung ist nicht aufrecht. Sie macht sich kleiner als sie ist."
„Na gut, in diesem Punkt gebe ich dir recht", erwiderte Heidi, „aber das ist etwas, woran sie noch arbeiten kann. Hab ich recht, Nicole?"
Sofort nickte ich. „Ich werde mir wirklich große Mühe geben. Das verspreche ich."
„Daran habe ich auch keine Zweifel", grinste Heidi. „Liebe Nicole, so wie es aussieht, bist du eine Runde weiter!"
Erleichtert atmete ich auf. Sie sahen also wirklich ein wenig Potential in mir. „Vielen Dank", rief ich. Dann stürmte ich überglücklich nach draußen und fiel Elli um den Hals. „Ich bin weiter!"
Sie lächelte. „Glückwunsch! Mensch Nicki, ich freu mich so für dich!" Doch da wurde ihr Blick traurig. „Dann müssen wir uns jetzt wohl erstmal verabschieden."
Ich drückte sie ganz fest an mich. „Ich werd dich so vermissen, Elli", schluchzte ich. „Versprich mir bitte, dass du dir keine neue BFF zulegst, solange ich weg bin."
Sie lachte. „Nicki, du weißt genau, dass ich das nie könnte. Und ich werde keine einzige Folge von GNTM verpassen. Und ich drück dir immer ganz fest die Daumen."
„Danke Elli", meinte ich. „Das bedeutet mir echt wahnsinnig viel! Und ich verspreche dir, dass ich an dich denke."
„Das weiß ich doch", entgegnete sie. „Konzentrier dich jetzt lieber auf die Walks und die Shootings. Und denk immer dran, selbstbewusst zu sein."
Ich nickte. „Okay, mach ich. Versprochen."
„Alle Mädels aus Team Schwarz kommen bitte mit mir mit!", hallte plötzlich Thomas' Stimme durch den Raum.
„Mach's gut, Nicki", sagte Elli und umarmte mich ein letztes Mal. „Und ganz viel Glück. Ich glaub an dich."
„Bis bald", erwiderte ich. „Du wirst mir fehlen." Dann folgte ich Thomas zu einem schwarzen Van. Um mich herum standen einige andere Mädchen, die ziemlich eindeutig das Potenzial dazu hatten, Topmodel zu werden. Wie sollte ich da nur mithalten?
Im Van saß links neben mir ein blondes Mädchen mit dem Namen Sabrina. Und ich hatte schon festgestellt, dass sie sehr viel redete. Besonders gerne über sich selbst.
Rechts neben mir saß ein braunhaariges Mädchen, dessen Namen ich nicht wusste. Sie schien kaum älter als sechzehn oder siebzehn zu sein und sie wirkte ziemlich schüchtern und verschlossen. „Hey, ich bin Nicki", stellte ich mich freundlich vor.
Sie lächelte scheu. „Ich bin Emilia", sagte sie dann mit einer leisen, zarten Stimme, die kaum zu verstehen war. Dann begann sie, nervös mit ihren Fingern zu spielen. Sie schien richtig ängstlich zu sein. Aber vermutlich war sie auch einfach noch ein bisschen jung, um bei GNTM mitzumachen.
Nach etwa einer halben Stunde kamen wir bei einem teuer aussehenden Hotel an. „Wow, das ist ja riesig", stellte eins der Mädchen fest. So weit ich wusste, war ihr Name Annalisa. Sie hatte langes, blondes Haar und ein hübsches, aber dennoch natürliches Gesicht.
Da bekam ich mit, wie Sabrina ihr Gesicht zur Kamera drehte und arrogant lachte. „Tja, manche sind von so etwas eben schon beeindruckt", meinte sie. „Oder sollte ich lieber sagen überfordert? Aber wer sich mit so etwas schon zufrieden gibt, ist für mich definitiv nicht das geborene Model."
Obwohl ich sie kaum kannte, hasste ich sie jetzt schon. Schon wenn ich ihre Stimme nur hörte, könnte ich kotzen! Aber es war wohl besser, keinen Streit anzufangen. Besonders nicht vor der Kamera, da man sonst sofort als Zicke abgestempelt wurde.
Nun kam noch ein zweiter Van an. Dieser war weiß. Bestimmt saßen darin die Mädels aus Team Michael. Und ich hatte recht. Die Mädels kannte ich zwar noch nicht so gut, aber einige von ihnen hatte ich zumindest schon einmal gesehen.
„Also bevor ihr jetzt nach oben geht, muss ich zuerst noch etwas sagen", erklärte Thomas. „Die ganze zweite Etage gehört den Mädels aus meinem Team und die dritte Etage ist für die Mädchen aus Team Michael. Es sind fast alles Viererzimmer. Aber in jedem Team gibt es auch ein Zweierzimmer. Und damit es keine Streitereien gibt, wurden die Zimmer schon vorher eingeteilt. Deshalb lese ich jetzt den Mädchen aus meinem Team die Liste vor. Michael hat die Liste von seinem Team."
Ich hätte mir viel lieber ausgesucht, mit wem ich in einem Zimmer war. Andererseits war Sabrina bisher die einzige, die ich nicht leiden konnte. Alle anderen schienen ganz okay zu sein.
„Also im ersten Viererzimmer sind Katharina, Larissa, Sophia und Marlene. Das zweite Viererzimmer besteht aus Lina, Marie, Sabrina und Antonia."
Erleichtert atmete ich auf. Ich war nicht mit Sabrina in einem Zimmer. Was für ein Glück! Denn das hätte ich nicht ausgehalten. Selbst wenn es nur eine Nacht war.
„Emilia, Annalisa, Nicole und Lana, ihr teilt euch auch ein Zimmer", fuhr Thomas fort. „Und übrig bleiben dann noch Marina und Caroline. Ihr beide bekommt das Zweierzimmer."
Eigentlich war ich mit der Einteilung ganz zufrieden. Annalisa schien echt nett zu sein. Und Emilia redete zwar kaum, aber so übel war sie vermutlich auch nicht. Nur Lana konnte ich nicht einschätzen. Ich wusste noch nicht einmal so recht, wer sie war.
Nun holten wir uns die Zimmerschlüssel bei Thomas ab und jetzt sah ich auch, wer Lana war. Sie war sehr groß und hatte lange, schwarze Haare.
„Find ich cool, dass wir vier zusammen in einem Zimmer sind", lächelte Annalisa. „Denn wir kommen ja ganz gut miteinander klar, hab ich recht?"
„Aber nur solange bis es ernst wird", lachte Lana. „Denn dann nehme ich keine Rücksicht mehr auf euch. Dann will ich nur noch gewinnen." Bei ihr wusste man nicht so recht, ob sie das jetzt ernst meinte oder nicht. Aber wahrscheinlich war es zum Teil ein Scherz, doch teilweise auch Ernst, da es natürlich jedem wichtig war, möglichst weit zu kommen.
„Wer hier gewinnt, das sehen wir schon noch", entgegnete ich. Obwohl ich mir ziemlich sicher war, dass die beiden mehr Chancen hatten als ich, versuchte ich, selbstbewusst zu sein und positiv zu denken. Genau so wie ich es Elli, aber auch Thomas versprochen hatte.
„Leute, als Scherz ist das ja okay", seufzte Annalisa, „aber wenn daraus Konkurrenzkämpfe werden, hasse ich das. So Zickenkriege sind doch echt total bescheuert."
„Das sehe ich auch so", stimmte ich zu. „Aber das war ja jetzt nur Spaß. Und wir werden uns schon nicht so richtig miteinander anlegen."
„Das hoffe ich", erwiderte Annalisa. „Ich bin nur froh, dass ich nicht mit Sabrina in einem Zimmer gelandet bin. Denn mit der würde ich vermutlich schon oft streiten."
Ich sah mich kurz um, ob Kameras in der Nähe waren, doch ich konnte keine entdecken. „Ja, sie ist schon ziemlich eingebildet. Aber du musst bedenken, dass wir hier nur für eine Nacht sind und dann ändert sich die Zimmerverteilung bestimmt wieder."
Lana seufzte. „Ja, leider. Mit Sabrina will ich nämlich auch nicht in ein Zimmer. Ich habe jetzt schon genug von ihrem arroganten Getue."
Vermutlich war es nicht fair, über jemanden zu lästern, aber jemand, der so viel von sich hielt wie Sabrina, würde das ja wohl verkraften.
Unser Zimmer bestand aus zwei Doppelbetten. Und in einem abgetrennten Raum hatten wir noch ein Bad, das für uns vier beinahe schon zu groß war.
„Ich schlaf am Fenster!", rief Lana sofort und stellte ihren Koffer neben die Betthälfte, in der sie schlafen wollte.
Ich ging zu dem Bett, das am nächsten bei der Toilette war, denn ich musste in der Nacht echt oft aufs Klo. Annalisa beanspruchte die Betthälfte neben mir für sich und für Emilia blieb dann noch das Bett neben Lana übrig.
„Das coolste ist ja, dass wir den restlichen Tag frei haben", meinte Annalisa. „Wir könnten doch noch ein wenig raus gehen. Oder wir schauen mal bei den anderen vorbei."
Ich nickte. „Jetzt schauen wir uns mal die Zimmer von den anderen an. Aber das von Sabrina könnten wir auslassen, sonst geht sie uns noch zu sehr auf die Nerven."
Lana lachte. „Das tut sie jetzt auch schon. Glaub mir. Aber ich lege trotzdem nicht so viel Wert drauf, in ihr Zimmer zu gehen."
„Na gut, dann sehen wir uns eben die anderen Zimmer an", erwiderte Annalisa. „Emilia, was ist mit dir? Kommst du auch mit?"
„Ich weiß nicht", antwortete sie mit ihrer zurückhaltenden Stimme. „Ich bin nämlich eigentlich nicht so der Fan vom Party machen."
„Es ist ja auch nicht so, dass wir gleich das ganze Hotel auf den Kopf stellen", entgegnete ich. „Komm mit, das wird sicher lustig." Ich hatte das Gefühl, dass wir Emilia einfach nur zeigen mussten, dass sie dazu gehörte. Dann würde sie vielleicht auch ein bisschen mehr aus ihr rauskommen.
„Okay", willigte sie nun ein und folgte uns, während wir uns auf den Weg machten, um die Zimmer der anderen ein wenig genauer unter die Lupe zu nehmen.

Meine Geschichte bei GNTMWo Geschichten leben. Entdecke jetzt