Qual der Wahl

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Ich kann nicht glauben, wer dort steht. Die Haare hochgesteckt, wunderschön geschminkt. Sie trägt einen Smoking und der steht ihr super.

"Annalena?"

Was zur Hölle macht sie hier? Bei meiner Hochzeit? Mit einer anderen?

"Emma."

Demütig und in Reue tritt sie in langsamen Schritten zu mir, bis wir uns Auge in Auge stehen. Ihre ozeanblauen Augen sind glasig und leicht gerötet.

"Es tut mir alles so leid", sagt meine vorherige Verlobte leise und keine von uns unterbricht auch nur eine Sekunde den Augenkontakt.

"Findest du nicht, dass es ein wenig spät für Entschuldigungen ist?", frage ich sie seufzend.

Ich erkenne, wie Annalenas Augen sich nun von mir lösen und die Umgebung mustern. Ihr Blick bleibt bei meiner Verlobten hängen, die unschlüssig beim Beamten steht.

"Du willst Selina heiraten? Wirklich?"

Sie wirft mir dies so an den Kopf, als wäre es das Dümmste, was ich jemals tun könnte. Annalena kennt nämlich Selina auch, damals in der Uni hat es am Mittagstisch in der Mensa mehrere Auseinandersetzungen zwischen den Beiden gegeben.

"Das hat dich nicht zu interessieren", zische ich sie an, sodass sie einen Schritt zurücktritt.

Selina kommt nun auch zu uns und stellt sich neben mich.

"Sie liebt mich, ich liebe sie. Find' dich damit ab. Du hast deine Chance verspielt", meint Selina eiskalt zu Annalena, es dauert nicht lange, bis das Ganze eskalieren wird, wenn es nicht schon so ist.

Annalena nimmt auf einmal meine Hand. Ich weiß, ich sollte sie wegziehen, aber ich bin momentan nicht dazu fähig. Ihre Hand ist so warm.

"Emma. Hör mir zu. Du liebst mich noch, das weißt du und ich liebe dich auch noch..."

"Du hast mich betrogen!", schreie ich sie mit Tränen in den Augen an und unterbreche sie damit.

"Ich weiß. Und es tut mir leid. Es war ein Fehler und ich bereue es zutiefst. Er hat mir nichts bedeutet, ich habe ihn nie wieder gesehen."

Allein schon die Tatsache, dass es ein Kerl gewesen ist, hat mich damals so wütend gemacht. Als würde ihr etwas fehlen, was ihr nur ein Mann geben kann. Als würde ich ihr nicht ausreichen.

"Ich bin betrunken gewesen. Es war der größte Fehler meines Lebens. Emma, ich liebe dich. Nur dich."

Mein Herz fängt an zu schmerzen. Die Tränen laufen meine Wange hinunter. Ja, ich habe sie geliebt wie ich nie jemanden anderen geliebt habe.

Aber es hat sehr weh getan, als ich an jenem Abend früher von der Uni zurück gekommen bin. In der ganzen Wohnung sind Bierflaschen gelegen und Klamotten lagen auf dem Boden verstreut.

Langsam bin in Richtung Schlafzimmer gegangen. Dort ist sie auf dem Bett gelegen, nackt und ohnmächtig, ein unbekannter Typ neben ihr. Dieser hat sofort die Flucht ergriffen.

Ich habe daraufhin meine Sachen gepackt und habe ihr einen Brief hinterlassen, in welchem stand, dass ich sie verlasse und sie sich gar nicht rauszureden braucht. Vanessa hat mich aufgenommen und ich bin bis zum Abschluss bei ihr geblieben.

Annalena hat es nicht gewagt mit mir zu reden, hat nicht versucht sich hinaus zu reden. In der Uni hat sie mich ständig mit diesem Es-tut-mir-so-leid-Blick angesehen. Hätte sie sich mehr um mich bemüht, hätte ich ihr vielleicht verziehen.

Ich ziehe meine Hand nun weg, Selina legt eine Hand auf meine Schulter. Mit Tränen in den Augen starre ich Annalena an, der selbst genauso die Tränen hinunter rinnen.

Durstig nach Wahrheit - GirlxGirl (Pausiert) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt