Überraschungen

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"Wie hast du mich überhaupt gefunden? Ich meine, wie hast du herausgefunden, dass ich heirate?", frage ich Annalena, die am nächsten Morgen an meinem Frühstückstisch sitzt.

Selina hat noch gestern ihre ganzen Sachen gepackt und ist bei einer Freundin untergekommen. Ich glaube, sie heißt Jamie oder so ähnlich.

Ich habe meine eigentliche Verlobte, seit sie von der Hochzeit abgehauen ist, nicht mehr gesehen. Natürlich will sie mich nicht mehr sehen, ich habe sie im Prinzip am Altar für eine andere stehen lassen.

Und diese andere sitzt, ihre Haare zu einem Messidutt zusammengebunden, jetzt nur in einem weißen Top und in Unterwäsche bei mir in der Küche.

Annalena umfasst mit ihren Händen eine dunkle Tasse mit warmen, dampfenden Kaffee, den ich für sie gemacht habe, und ich serviere ihr währenddessen einen Teller mit Rührei und einer Scheibe Toast.

"Danke", meint meine Frau freundlich und drückt mir einen kurzen Kuss auf die Wange.

Danach nimmt sie eine Gabel voll und schiebt sie sich in den Mund. Dann fängt sie an zu lächeln.

"Schmeckt super", lobt sie mich, als sie hinunter geschluckt hat, ich setze mich nun zu ihr.

"Also?"

Die Blondine isst noch eine Gabel meines Frühstücks und legt dann ihr Besteck neben ihren Teller.

"Eigentlich war es ein ganz normaler Samstagmorgen, bis Chiara plötzlich bei mir reinschneite. Sie hatte einen Smoking dabei, welchen sie mir gab. Sie hat gesagt, ich soll ihn anziehen und dann mitkommen. Erst auf der Fahrt zur Hochzeit erzählte sie mir alles. Sie wusste es von Thomas, der anscheinend auf deiner Hochzeit war und auch ein guter Freund von ihr ist."

Sie macht eine Pause und trinkt einen Schluck meines Kaffees.

Thomas ist mein Nachbar und wir gehen öfter gemeinsam in die Stadt um etwas am Wochenende zu trinken. Er ist in meinem Alter und echt cool draif. Ich hätte nicht gedacht, dass er Chiara gut kennt.

"Sie hat mir gesagt, dass dies jetzt meine letzte Chance ist, dass ich um dich kämpfen soll. Und das habe ich dann getan. Es tat ziemlich weh, als ich erfahren habe, dass du heiratest und dann auch noch Selina. Noch als wir zusammen waren, hat sie dich ständig angemacht, was mich eifersüchtig gemacht hat, weshalb wir uns dauernd in die Haare gekriegt haben. Ich kann immer noch nicht glauben, dass du dich für mich entschieden hast."

Die Blondine lächelt und legt ihre Hände auf meine, welche auf dem Tisch liegen. Wir blicken uns tief in die Augen.

"Ich ehrlich gesagt auch nicht. Es war schwer für mich, als ich dich damals verlassen habe. Frag Vani, ich war echt am Boden, weil ich dachte, dass ich dir nicht reiche."

"Hey, Em. Es tut mir alles so leid. Ich habe dich damals noch geliebt, ich liebe dich immer noch und werde dich immer lieben. Ich weiß, dass es idiotisch war."

"Du hättest mir einfach von deinen Problemen erzählen sollen anstatt zum Alkohol zu greifen. In der Oberstufe war ich genauso und habe mich doch bei Frust gleich betrunken", erkläre ich ihr, sie nickt.

"Ich hätte überhaupt dann mit dir reden sollen. Aber ich dachte, du willst mich nie wieder sehen. Chiara hat mir ständig eingeredet, dass ich mich entschuldigen soll, aber ich hatte einfach Angst."

"Wie kann man vor mir Angst haben?", frage ich sie lachend.

"Ich habe dich verletzt. Ich dachte, du hasst mich."

"Ich könnte dich niemals hassen."

Mit diesen Worten beuge ich mich über den Tisch und küsse sie sanft und zärtlich.

"Es verging kein Tag, ohne dass ich an dich gedacht habe", gesteht sie mir dann, ich muss lächeln.

"Dann iss jetzt dein Frühstück. Ich hole dir was zum Anziehen."

Sie nickt und ich verschwinde nach oben in mein, nein, in unser Schlafzimmer. Unsere Klamotten vom gestrigen Tage liegen noch im ganzen Zimmer verstreut.

Dann gehe ich an den großen Kleiderschrank. Während ich die Klamotten durchgehe, finde ich einen grauen Hoodie. Es ist Annalena ihrer. Ich habe gerne ihre Klamotten getragen und diesen habe ich ihr wohl nie zurück gegeben.

Vielleicht wollte ich ihn unterbewusst behalten, weil ich sie nicht vergessen wollte. Ich wollte vielleicht, dass etwas von ihr immer bei mir in der Nähe ist.

Dazu ziehe ich eine Hose heraus, die mir ein wenig zu groß ist. Ihr dürfte sie passen. Dann sammle ich noch ihre Socken von gestern ein und gehe dann wieder nach unten.

Annalena hat mittlerweile aufgegessen und checkt ihr Handy. Ich schaue ihr über die Schulter.

"Gibt's was neues?", frage ich.

"Chiara hat mir geschrieben, dass ich Diana abholen soll."

Ich reiche ihr die Klamotten. Erstaunt betrachtet sie den Pullover.

"Das ist doch meiner! Ich habe den schon gesucht", lacht sie.

"Ich konnte mich nicht von ihm trennen", gestehe ich.

Sie steht nun auf und zieht das Top über ihren Kopf, was sie dann zu Boden gleiten lässt. Ich komme nicht drum herum ihren schönen Körper anzustarren.

"Hast wohl gestern nicht genug von mir bekommen", meint sie neckisch und grist.

Rotwerdend schaue ich zu Boden und als ich wieder aufsehe, hat sie bereits den Pullover an und widmet sich der Hose.

"Sag mal, wer ist Diana?"

"Meine Tochter."

Was? Sie hat eine Tochter? Hat der Typ sie von damals geschwängert?

"Ich weiß, was du jetzt denkst. Nein, sie ist adoptiert und ich habe sie alleine groß gezogen. Sie ist fünf. Chiara hat auf sie aufgepasst, weil unsere Töchter auch befreundet sind."

Nachdem sie auch ihre Socken angezogen hat, nimmt sie ihr Handy vom Tisch und zeigt mir ein Foto von ihr und Diana. Sie hat grüne Augen und blondes Haar.

"Süß. Was wirst du ihr sagen?", frage ich sie dann.

"Ich erzähle ihr, dass du jetzt ihre andere Mutter bist und wir hier her ziehen. Meine Wohnung ist eh zu klein und zu teuer. Ist das okay für dich?"

Will sie mir gerade weiß machen, dass wir jetzt gemeinsam eine Tochter haben? Jetzt habe ich schon eine richtige Familie, ich hoffe, dass Diana mich mag.

Ich kann gut mit Kindern, lange spielte ich auch mit dem Wunsch Erzieherin zu werden, so wie Chiara, bin dann aber doch Psychologin geworden.

"Klar. Ich habe eh noch ein Zimmer frei, was ein Kinderzimmer werden sollte. Ich wollte schon immer Kinder."

Sie lächelt mich so süß an, dann kommt zu mir und streichelt mir sanft und liebevoll die Wange.

"Ich weiß. Du bist bestimmt eine sehr gute Mutter."

Das ist wohl eins der süßesten Komplimente, die sie mir jemals gemacht hat. Liebevoll küsse ich sie und nehme dann ihre Hände in meine.

"Also, wir holen jetzt deine Sachen und dann Diana."

Sie lächelt, dann gehen wir hoch um unsere Schuhe anzuziehen. Außerdem sammelt sie die Teile vom Smoking zusammen, den sie Chiara zurückgeben muss.

Dann gehen wir nach unten, ich lasse ihr den Vortritt und wir verlassen das Haus.

Wir gehen um unser Leben vollends zu vereinen.

Durstig nach Wahrheit - GirlxGirl (Pausiert) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt