Kapitel 2

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Nach dem Matheunterricht erwartete Matt mich schon vor der Tür. Er war zwei Klassen über mir, weshalb er eine Stunde weniger Unterricht hatte und immer zu meinem Raum kam um mich abzuholen.

"Na Süße, hast du eine weitere Stunde mit Mr Geil-auf-dich überlebt?" er grinste.

"Ja aber auch nur gerade so" sagte ich augenrollend und stöhnte einmal genervt.

"Ich habe gerade auf den Vertretungsplan gesehen und du hast jetzt Schluss. Deine Kunststunden fallen aus."

"Gott sei dank!" erwiderte ich erleichtert. Kunst war eins der wenigen Fächer in denen ich grottenschlecht war. Meistens machte ich im Unterricht nichts und sagte, ich würde das Bild zuhause beenden. Dann ließ ich es irgendwelche talentierten Künstler aus meiner Klasse malen. Die würden niemals nein sagen. Dazu hatten sie zu große Angst vor mir.

"Lust, dass ich dir Gesellschaft leiste? Mein Englischunterricht ist sowieso nicht wichtiger als meine Prinzessin."

Er war so süß!

"Du schwänzt für mich? Wie unartig!" ich äffte die Stimme seiner Englischlehrerin nach und brachte ihn so zum Lachen.

"Komm schon" sagte er und zog mich Richtung Ausgang.

Lachend ließ ich mich hinter ihm herziehen. Es war offensichtlich, dass wir zu mir gehen würden, da seine Eltern seinen Stundenplan kannten und ihn umbringen würden, sobald sie herausbekamen, dass er schwänzte.

Wir fuhren nicht mit dem Bus, sondern gingen die zwei Kilometer bis zu mir nachhause zu Fuß. Als wir ankamen, kramte ich meine Schlüssel aus meiner Tasche.

Um kurz eins klarzustellen: unser Haus war keine riesige Villa mit Burggräben, einem Absperrzaun und Erkern, sondern ein gemütliches Anwesen, dass weder klein, noch eine Villa war.

Als ich die Tür öffnete, stieg mir der für unser Haus typische Geruch nach Zimt in die Nase.

"Willst du was essen?" fragte ich gedankenverloren als ich gerade meine Jacke auszog.

"Pizza wäre nice" antwortete Matt und kam auf mich zu. Er küsste mich flüchtig und ging dann die Treppe unserer Eingangshalle hoch in mein Zimmer.

Ich hingegen steuerte die Küche an.
"Guten Tag Miss Armstead. Ihre Eltern werden gegen 15 Uhr zurück sein, da ihr Vater einen Termin hat. Ist soweit alles in Ordnung?" die Stimme unseres Kochs war ungewohnt freundlich.

"Mein Besuch und ich hätten gerne eine Pizza" ja, ich musste nur mit dem Finger schnippen und schon bekam ich eine heiße Salamipizza.

"Ich nehme mal an das Übliche?" er zwinkerte mir zu.

"Ja genau" lächelte ich und ging.

Vor meiner Zimmertür blickte ich noch einmal in mein Handy, das ich als Spiegel nutzte und richtete meine Haare. Dann öffnete ich die Tür.

Matt saß auf meinem Bett. Etwa fünf Meter entfernt an meinem Schreibtisch stand sein Rucksack. Meine Handtasche stellte ich daneben und ging auf mein Bett zu.

Nein, an diesem Tag passierte nichts. Wir küssten uns und redeten. Das wars. Ich bin weiterhin Jungfrau, worüber ich im Übrigen auch ganz froh bin.

Als dann 15:05 meine Eltern nachhause kamen, saßen wir noch in meinem Zimmer und sahen uns einen Film an. Der leere Pizzateller, auf dem noch vereinzelt Krümel und Reste vom Tomatenmark klebten, stand auf meinem Nachttisch.

Ich hörte die Tür und ging die Treppe runter. Meinen Teller stellte ich in die Küche und ging dann schnurstracks ins Wohnzimmer. Matt wartete oben, da ich nur kurz hallo sagen wollte.

"Hi" sagte ich gelangweilt.

"Hi Schatz" sagte mein Vater etwas abgehetzt ohne vom Aktenschrank aufzusehen, in dem er scheinbar irgendetwas suchte. Meine Mutter sagte nichts und ging stattdessen ins Nebenzimmer, das man auch das Schlafzimmer meiner Eltern nannte.

"Gibts was neues? Matt ist übrigens hier" gab ich etwas forsch zurück.

"Du bist den Rest der Woche allein Zuhause. Naja fast allein. Die Haushälterin und der Koch sind da. Aber dein Vater hat einen Auslandsjob in Frankreich. Der Flieger geht morgen früh und wir kommen Samstag wieder" sagte meine Mutter als sie gerade wieder mit einem Koffer aus dem Schlafzimmer trat.

"Okay" erwiderte ich knapp und ging zurück in mein Zimmer.

"Ich hab den Rest der Woche sturmfrei" sagte ich zu Matt, der gerade etwas in seinem Rucksack suchte.

Er sah kurz auf und erwiederte ein knappes "Super".

fly away like a birdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt