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Alexandros wartete schon auf mich. Mein bester Freund lehnte lässig an der Haltestelle und musterte mich mit gehobenen Augenbrauen. Ein amüsiertes Grinsen lag auf seinen Lippen. Es war dieses absolut nervige Grinsen, das mein Herz höher schlagen ließ, ohne dass ich etwas dagegen tun konnte.

Es gibt kein Wort, das unser Verhältnis treffend beschreibt. Ich kannte Alexandros seit einer Ewigkeit. Anfangs hatten wir uns gehasst. Ein paar Jahre lang hatten wir uns ignoriert. Ein paar Jahre hatten wir uns toleriert. Irgendwann wurden wir so etwas wie Freunde. Und das waren wir auch heute noch, obwohl inzwischen etwas mehr daraus geworden war.
Wir waren nicht wirklich zusammen oder so, aber da war etwas zwischen uns, wie ein unsichtbares Band, das uns nicht mehr auseinander ließ.

"Du bist spät."
Das war Alexandros' Vorstellung von einer Begrüßung. Kein Händeschütteln, kein Umarmen, kein "Hallo, wie geht's dir denn so?" Er fiel immer gleich mit der Tür ins Haus, von Höflichkeitsfloskeln hielt er nichts.
"Nicht meine Schuld", erwiderte ich schulterzuckend und stellte mich mit einem Meter Sicherheitsabstand neben ihn.
"Nikolas?", fragte er.
Ich nickte. "Er ist krank. Wahrscheinlich die Grippe."
"Das heißt, du musst dich nach der Schule um ihn kümmern?"
"Nein, das wird meine Mutter machen. Wieso fragst du?"
"Na ja, sie zeigen heute Nachmittag diesen neuen Horrorfilm im Kino. Den muss ich mir unbedingt ansehen."
"Aber?", fragte ich und gab mir Mühe, meine Aufregung zu verstecken.
Sein Grinsen wurde breiter.
"Ich habe - aus Versehen natürlich - zwei Karten gekauft."
"Das ist wirklich ärgerlich", sagte ich.
"Nicht wahr? Was mache ich denn jetzt bloß?" Ich lachte über sein verzweifeltes Gesicht.
"Nun ja, ich hätte zufällig Zeit."
"Ach ja?"
"Ja... aber ich weiß nicht, ob ich mich mit dir irgendwo blicken lassen kann", meinte ich grinsend.
"Wunderbar. Dann bis heute Nachmittag."
Der Bus hielt am Straßenrand und wir stiegen nacheinander ein.
Ich wusste in diesem Moment noch nicht, dass ich heute tatsächlich einen Horrorfilm erleben würde - meinen ganz persönlichen Horrorfilm - mit mir selbst in der Hauptrolle.

World of Mystic Special - Léandra Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt