Ich hatte Sommernächte schon immer geliebt.
Man konnte spüren wie ein neuer Tag geschaffen wurde, wie ein ewiger Kreislauf wieder zu seinem Anfang kam.Wind umspielte sanft meine Haare und der von der Sonne noch warme Asphalt, kitzelte unter meinen abgelaufenen Schuhsohlen.
Mein Blick lag ruhig auf dem Punkt, wo der scheinbar endlose Highway mit dem Horizont verschmolz und zu einer Einheit wurden. Farben wie sie nur die Natur schaffen konnte, bedeckten den Himmel und ich reckte mein Kinn, um die Sonnenstrahlen einzufangen, die noch ein letztes Mal in ihrer vollen Schönheit glänzten, bevor sich das schwere Tuch der Nacht über sie legte.Die Nacht würde kühl werden, doch immerhin sternenklar und der Mond würde mir den Weg weisen können.
Ich band meinen Pulli von der Hüfte und zog ihn mir über, den Blick immer noch auf den langen Weg vor mir gerichtet.
'Geh immer nach Westen' hatten sie gesagt.
Ich hoffte bald eine Tankstelle oder einen kleinen Laden zu finden um meine Essensvorräte aufzustocken, denn meine Ansammlung an Dosen wurde immer geringer und ich wusste nicht, wann ich das nächste Mal in eine der Toten Städte kommen würde.
Meine Schulter streifte den grünen Pick up, der wie hunderte andere Autos mitten auf dem Highway stand und ich fuhr mit meinen Fingerspitzen sanft über den rostigen Lack. Ich spielte kurz mit dem Gedanken mich auf die Ladefläche zu legen, um für ein paar Stunden zu schlafen, doch ich wusste das konnte ich mir nicht erlauben.
Ich musste weiter, das finden wonach jeder Überlebende suchte, das finden, was meine letzte Chance war.
Die Zeit lief mir davon.
Jede Stunde, die ich abwartete schwand ein kleines Stück meiner Hoffnung, dass mein ganzer Weg und meine ganzen Anstrengungen umsonst gewesen waren.
Und das durfte es nicht, denn das Einzige was meine wunden Füße, meine schweren Beine und meinen müden Kopf dazu bewegte nicht aufzugeben, sondern einfach weiter zu machen, war eben das.
Die Hoffnung.Menschen suchten sich immer Hoffnung.
In den kleinsten Dingen, schien unserer Verstand etwas zu finden und diese unscheinbare Kleinigkeit bewegte uns dazu Berge zu versetzen, Schluchten zu überfliegen und einfach immer weiter zu machen.Aber woran sollte man sich auch in einer Welt, in der es nichts, außer Tod und Zerstörung gab, festhalten?
Da blieben nur noch die irrealen Dinge, die man nicht sehen, hören oder greifen konnte; aber sie waren eben da.Ich begann leise zu singen um die Stille um mich herum zu verscheuchen, die sich manchmal so fest um mich legte, dass ich das Gefühl hatte sie ließe mich nie wieder los.
Sie war beinahe das Schlimmste.
Früher hätte ich gelacht, wenn ich mir gesagt hätte, dass ich die Stille einmal fürchten würde.
Ich hätte geantwortet, ich sei froh wenn es ausnahmsweise mal ruhig sei.
Aber es war eben nicht ruhig.
Es war still.
Kein Vogelgezwitscher.
Kein Surren der Klimaanlage.
Keine Motoren auf der entfernten Straße.
Ich hatte mich in den vergangen Wochen oft gefragt, ob ich verrückt geworden sei, ohne es bemerkt zu haben. Meine Gedanken waren mit jedem Tag abstrakter und lauter geworden, sodass sie manchmal in meinen Ohren wieder schallten. Es konnte einfach nicht gesund sein so viel Zeit mit sich selbst zu verbringen und keine andere Gesellschaft, außer die eigene zu genießen.
Diese Gedanken hatten mir fast Angst eingejagt, bis sie von der Frage verdrängt wurden, ob es überhaupt noch eine Definition von verrückt gab, wenn ich scheinbar der einzige Mensch auf Erden war.Mein Singen wurde mit der werdenden Dunkelheit lauter, denn ich fürchtete sie ein wenig, auch wenn es nichts mehr gab vor dem man sich fürchten musste.
Trotzdem war da dieses unbehagliche Gefühl in mir und das ungeduldige Erwarten des Morgengrauens.Die Steigung des Highways nahm zu und ich hoffte, dass ich mir von der kleinen Anhöhung aus einen Überblick über den weiteren Verlauf der Straße machen konnte.
Der Vollmond war langsam aufgestiegen und warf einen hellen Schein auf die Welt unter sich.
Mühsam bewegte ich meine brennenden Waden den Anstieg zu bewältigen und ich spürte ein schwaches Pochen an der Schläfe.
Ich schloss die Augen und versuchte die Schmerzen in meinem Körper zu ignorieren.
Es ist nicht mehr weit. Bald hast du es geschafft, wiederholte ich den Satz, mit dem ich mich schon seit Wochen dazu bewegte weiter zu laufen.
Meine Gedanken schweiften ab und ich nickte immer wieder ein.

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Soldier [H.S. Fanfiction]
FanficDie Erde ist gezeichnet von Zerstörung und Krieg. Kaum ein Ort leidet nicht unter den verheerenden Folgen des Atomkriegs zwischen den Großmächten des Planeten. Kaum eine Familie ist erstanden geblieben und hat es gemeinsam durch die Trümmer ihrer...