37. Alles wieder gut?

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Sobald ich aufgewacht bin, erzähle ich Ryan alles, aber Marcel ist nur kurz nach meiner Ankunft spurlos verschwunden. Die nächsten Tage vergehen (zumindest für meine Verhältnisse) eher ereignislos. Ben hat meine Verletzungen verarztet und ich muss mich schonen, aber sonst haben wir keine Probleme mit wilden Tieren oder schlechtem Wetter. Drei Mal am Tag gibt es Konservendosenfutter für alle, wovon wir jetzt reichlich haben, da wir zwei Leute weniger sind als geplant. Auch gut für unseren Gefangenen, für den wäre es sonst knapp geworden.

Es ist zwar hart, aber ohne Colin, Thomas und Marcel ist das Leben viel angenehmer. Thomas Leiche haben wir ein Stück von unserem Camp weggebracht, um keine Fleischfresser anzulocken.

Die Tage vergehen und nach ungefähr eineinhalb Wochen kommt endlich ein Jet.

Ich bleibe nicht bei Ryan und dem Leutnant, der die Suchaktion nach unserer Einheit geleitet hat, obwohl der Leutnant viele Fragen an mich hätte. Ryan wird das klären können, aber ich will gerade wirklich nicht darüber reden.

Im Stützpunkt werden meine inzwischen fast verheilten Schnitte von einem Arzt begutachtet, der noch etwas draufschmiert, das Narben verhindern soll, aber ansonsten zufrieden mit Bens Arbeit ist. Wir alle bekommen ein paar Tage frei und einen Psychologen, den ich wieder wegschicke und ihm versichere, dass es für mich am besten ist, das Geschehene erstmal alleine zu verarbeiten.

Mein Gepäck bringe ich in meine Zimmer, wo ich feststelle, dass ich allein bin. Skye und Zoe sind nicht mehr da und Clarissa ist vermutlich auf einer Mission oder bei einem ihrer Lover eingezogen.

Die meisten meiner Sachen muss ich aussortieren oder dringend waschen lassen, da sie teilweise zerfetzt und alle voll mit Dreck und getrocknetem Blut sind. Als ich den Haufen dreckigen Stoff zusammen raffe, um ihn in die Wäscherei zu bringen, ertönt aus einer Hose ein leises Knistern.

Mit spitzen Fingern ziehe ich die Hose aus dem ekligen Haufen und taste sie ab. Tatsächlich finde ich etwas in der Hosentasche und ziehe es raus. Trotz der durchweichten Schlammflecken erkenne ich den Umschlag, den mir der Steam bei unserer Flucht aus dem Stützpunkt gegeben hat, bevor ich ihn nieder geschossen hatte.

Die Hose lasse ich fallen und öffne mit meinen jetzt ebenfalls dreckigen Fingern neugierig den Umschlag, auf dem mein Name geschrieben steht. Ein zusammen gefaltetes Foto und ein Zettel befinden sich darin.
Ich falte das Foto auf und weiß sofort, woher es kommt. Es ist der nun kahle Fleck im alten Tagebuch meines Vaters.

Auf dem Bild sieht man meinen Vater, noch jung. Stolz blickt er in die Kamera, vor sich eine junge Frau, die sich vor Freude strahlend an ihn schmiegt. Die Hände der beiden liegen schützend um den riesigen Bauch der Frau.

Meinen jungen Vater habe ich nicht auf den ersten Blick erkannt, aber die Frau erkenne ich sofort. Ein Gesicht, dass ich besser kenne als jedes andere, schon mein Leben lang, das ich jeden Tag sehe.
Es ist, als würde ich in einen Spiegel blicken.

Ich starre das Gesicht an. Nein, es ist nicht ganz wie meins. Winzige Unterschiede, zarte Lachfältchen, eine blasse Narbe, Grübchen. Aber ansonsten helle Haut, stechend blaue Augen und glänzend schwarze Haare. Keine allzu häufige Kombination und dazu noch meine Gesichtszüge.

Ich habe einige Fragen an meine "Mutter". Langsam lege ich das Foto weg und nehme wie automatisch den Zettel. Ich drehe ihn um. Auch dort finde ich etwas Bekanntes, zwei rote, ineinander greifende Zahnräder. Das Zeichen der Steams, darunter eine Nachricht.

'Schon nach deiner kleinen Freundin geschaut?'

Mein Gehirn rattert. Freundin? Und woher wissen Steams überhaupt von mir?

Zoe.

Hektisch springe ich auf und aktiviere meinen Computer. Ich wähle 'Zoe' und 'Sprachanruf', dann warte ich ungeduldig. Endlich erscheint ein Bild, doch es flackert leicht, bevor man ein elegant eingerichtetes Wohnzimmer erblickt. Nur der Typ in Tarnkleidung mit dem Gewehr in der Hand passt nicht ins Bild.

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