Das Dröhnen meines Kopfes lässt mich erwachen.
Sonnenlicht überflutet mich.
Trockenes Gras sticht in meine Haut.
Ich blicke an mir hinunter. Erschrocken schlinge ich die Arme um meinen nackten Körper.
Verzweifelt suche ich nach Erinnerungen, doch finde nur eine alleseinehmende Leere.
Zähneklappernd richte ich mich auf.
Ein grüner Gang erstreckt sich vor mir. Gesäumt von unzähligen Maiskolbeben auf beiden Seiten reicht er bis außer Sichtweite. Ich versuche die Wand aus Gestrüpp zu durchdringen, doch das dichte Geflecht gibt nicht nach.
Früher als die Welt noch in Ordnung war besuchten Mum, Dad und ich jeden Monat einen Freizeitpark. Das Mais-Labyrinth war unsere Lieblingsattraktion. Es war schier unnmöglich sich darin zu verlaufen...
Trabend laufe ich den scheinbar unendlichen Pfad entlang. Nach einer Weile beschleunige ich.
Kalte Luft peitscht mir entgegen.
"Im späten Herbt ist es äußerst empfehlenswert unbekleidet durch ein Labyrinth zu laufen.", denke ich ironisch.
An der ersten Kreuzung komme ich keuchend zum stehen. Der Adrinalinstoß lässt nach und kalter Schweiß rinnt über meine Stirn.
Ich fühle mich schutzlos.
"Wer tut so etwas?...Vielleicht ein Psychopath...oder-
Ein lautes Knacken unterbricht meine Gedanken.
Erschrocken fahre ich herum.
Eine blasse wimmernde Gestalt kniet zu meinen Füßen. Ein Mädchen. Etwa in meinem Alter schätze ich. Auch sie ist unbekleidet. Schätzend hält sie ihre Hände auf ihren Bauch. In ihren dunkelbraunen Augen steht Panik.
"Bitte, nein.Du- Setzt sie mit zitterner Stimme an bevor sie nach vorne umschlägt.
Ich ziehe sie an den Armen nach oben und mein Blick wird frei auf ihren blutüberströmten Bauch. Mit aller Kraft presse ich meine Hände auf die Stelle von der die Blutung ausgeht. Ihre Augenlieder flattern wie ein wildgewordenes Insekt.
"Hallo,kannst du mich hören?"sage ich laut.
Keine Reaktion. Rasch bringe ich sie in die stabile Seitenlage. Sie hat zu viel Blut verloren.
Sanft streiche ich ihr die aschblonden blutverkrusteten Haarsträhnen aus dem Gesicht. Ich fühle mich hilflos. Es gibt nichts was ich für sie tun kann. Sie wird verbluten. Sie wird sterben.
Ein lauter Schrei ertönt hinter mir.
Die Hände weiter auf ihren Bauch gepresst würbel ich herum. Ein Junge schreitet um die Ecke. Er ist ebenfalls nackt.
Erleichtert winke ich ihm zu.
"Hey, komm her ich brauche deine Hilfe.",rufe ich. Sein Blick ist starr nach vorne gerichtet. Mit schnellen gleichmäßigen Schritten kommt er auf uns zu. Er scheint hypnotisiert zu sein. Als er aus dem Schatten tritt erkenne ich ein Messer in seiner Hand. Hektisch suche ich nach irgendetwas mit dem ich mich verteidigen könnte. Er ist nur noch wenige Meter von uns entfernt.
"Du musst das nicht tun. Gib mir das Messer. Lass mich dir helfen.",sage ich mit bebender Stimme. Im Versuch seine Aufmerksamkeit zu gewinnen schreie ich...doch erfolglos.
"Was ist das für ein krankes Spiel?"
Mir bleibt nichts anderes übrig, ich muss sie zurücklassen. Ansonsten wird er uns beide verletzen oder töten. Und sie ist doch nicht mehr zu rettten...Oder?
Ich renne.
Leichter Regen setzt ein.
Kleine Tröpfchen bedecken meine Haut.
Ich stelle mir vor, der Regen wäscht alle meine Sorgen ab. Obwohl es ein alberner Gedanke ist, tut es gut.
Mit ausgebreiteten Armen und geschlossenen Augen stehe ich eine Weile da.
Ein raschelndes Geräusch lässt mich hellwach werden. Mein Blick streift ein Mädchen mit feuerroten Haaren. Ihre Augen funkeln gefährlich. Die Haltung, der Gang alles wirkt wie ein furchtbares Deja Vu. Selbst das Messer hält sie in der gleichen Hand wie zuvor der Junge.
"KANNST DU MICH HÖREN?",schreie ich und beginne zu schluchzen. Doch ihre Miene zeigt keine Regung.Ich bin zu schwach zu kämpfen, zu schwach die Flucht zu ergreifen. Die Zeit scheint eingefroren. Wie in Zeitlupe sinke ich auf den matschigen Boden.
Von einem Moment auf den anderen weichen all die Gedanken, die meinen Kopf zu zerbersten drohten. Ein dumpfes Gefühl breitet sich in mir aus. Es fühlt sich gut an und ich lasse es zu.
Auf einmal weiß ich: Ich muss dieses Mädchen töten. Schnell greife ich nach einem großen Stein und springe auf. Mit zwei großen Schritten stehe ich hinter ihr. Bevor sich begreift was vor sich geht schlinge ich meinen Arm um ihren Hals. Geschickt halte ich ihren Arm fest, während ich ihr das Messer aus der Hand trete.
Ein Gefühl von Macht durchflutet mich und ich spüre wie meine Adern pulsieren. Sie verlangen nach mehr.
Ich hebe die Hand, um ihr den Todesstoß zu versetzen.
Plötzlich sehe ich mich wie ich zwei unschuldige Leben nehme. Ich sehe wie ich den Dolch fallen lasse. Das Bedauern über den Tod dieser Menschen steigt in mir auf. Es vermischt sich mit etwas anderem. Tiefe Abscheu vor mir selbst.
Als ich den Stein fallen lasse spritzt der Schlamm in alle Richtungen und vermischt sich mit meinen Tränen.
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Marionetten
Teen FictionWas würdest du tun, wenn du unter fremder Hand zu einem eiskalten Mörder wirst?... Du nicht in der Lage bist, zwischen eigener Entscheidung und die des Fadenziehers zu unterscheiden? Was würdest du tun, wenn du nicht real wärst? Stell dir vor du bis...