Eine Weile war vergangen...
Heute war es dann wohl so weit. Rose würde Terence heiraten müssen. Komischerweise, verlief ihre Nacht relativ friedlich und es suchten sie keine Albträume heim. Sie hatte sich mit dem Gedanken abgefunden, in genau 420 Minuten verheiratet zu sein. Zwar nicht unbedingt mit dem Mann ihrer Träume, aber zumindest machte Terence etwas her. Er war gebildet, maskulin und es mangelte ihm nicht am Vermögen. Da fiel es ihm sicherlich leicht Affären zu führen, ohne dass die Presse Wind davon bekam. Natürlich kam das Rose sehr gelegen, je weniger sie sich in der Nähe dieses Mannes aufhalten musste, desto besser.
Sie fragte sich nur, wie ihre Freundin wohl die Nachricht aufnehmen würde, wenn sie erfährt, dass sie innerhalb eines kleinen Zeitraums sich vermählen lassen muss. Es war schon seit Kindheitstagen abgesprochen, dass sie ihre Trauzeugin werden würde und nun müsste sie heimlich jemandem getraut werden, ohne dass sie es wüsste. Schuldgefühle plagten ihr Gewissen und sie war drauf und dran nach dem Handy zu greifen, als ihre Mutter auch schon in ihr Zimmer gestürmt kam. Diese Frau hatte einen siebten Sinn dafür, an unpassenden Momenten am unpassendsten Ort zu sein.
„Na, ist dein Schönheitsschlaf auch mal rum?", Rose rollte nur genervt mit den Augen und schenkte ihrer bissigen Bemerkung keine weitere Beachtung, sondern kuschelte sich wieder in ihr warmes und weiches Bett in der Hoffnung noch etwas schlafen zu können. Da hat sie natürlich nicht mit Grace' Zorn gerechnet, die einfach die Bettdecke wegzog und sogleich Rose auf den Boden beförderte.
„Was soll das?!", rief Rose aufgebracht und rieb sich an ihrem Gesäß, mit welchem sie harten Aufprall auf den Boden gemacht hatte.
„In weniger als sechs Stunden wirst du beim Notar sein müssen. Willst du dich vielleicht mal anziehen?" – „Ich kann Terence auch in einer Jeans heiraten. Ist doch sowieso eine Scheinehe", ihre Mutter zollte ihre Faulheit nicht mehr länger und zog sie an ihrem Ohr einfach hinter sich mit.
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Der weiße Stoff, welches ihren Körper geschmeidig umhüllte, fing das Zwicken an einigen unangenehmen Stellen an. Die schulterfreie schlichte Corsage schien ihre Brust förmlich einzuengen, sodass ihr das Atmen schwerfiel. Ihre Duchesse war zumindest nicht allzu voluminös und lang, sodass es einem Cocktailkleid gleichkam, aber durch die reine weiße Farbe hervorstach. Selbst auf die Bitte ihrer Mutter, hat Rose sich geweigert einen Schleier zu tragen. Das hätte vielleicht irgendwann mal ein besonderer Tag für sie werden können, aber mit Terence an ihrer Seite scheint es einfach lächerlich, dass sie so tat, als wäre das wirklich eine Hochzeit. Und je schneller die Ereignisse eilten, desto mehr begriff Rose, dass das alles hätte vielleicht ein Fehler sein können. Durch die Intrigen ihrer Eltern wäre es Roselie nicht möglich gewesen, ohne den Ehebund mit Terence zu studieren. Wäre die Firma liquidiert, hätten Vater und Mutter ihr Leben der Hölle gleichgemacht. Rose müsste alleinige Verantwortung tragen und die Firma sicherlich noch Konkurs anmelden.
Sie seufzte einmal tief und betrachtete ein letztes Mal ihr Spiegelbild. Mit schlichter Schminke, die nicht viel mehr betrug als das Tuschen ihrer Wimpern, dass Abdecken ihrer stetigen Augenringe und das leichte Einfärben ihrer Lippen von Scharlachrot, um ihnen die Blässe zu nehmen, schob sie ihren Stuhl zurück und stand zögernd auf.
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Terence stand schon bereits vor dem Eingang. Er trug ein weißes Hemd, welches leicht aufgeknöpft war, ein tiefschwarzes Jackett, dazu passende Hose und Schuhe. Seine pechschwarze Mähne war kürzer geschnitten und nach hinten gegelt. Ebenfalls hatte er sich einer Rasur unterzogen, sodass sein markantes Gesicht stärker hervorstach.
Rose schritt in seine Richtung, gesellte sich neben ihn und würdigte Terence keines Blickes.
„Siehst hübsch aus" – „Spar es dir", zischte Rose bloß schnippisch. Terence beließ es dabei, doch konnte sie aus ihrem Augenwinkel ein selbstgefälliges Lächeln auf seinen Lippen tanzen sehen. Rose schnaubte nur vor sich hin und begab sich in das Notarinnere, als die Türen auch schon auf geschwenkt wurden.
Innen war es nicht besonders Spektakel. Den meisten Platz verbrauchte der immense Konferenztisch in Raummitte aus Eichenholz, welche den Hochzeitsgästen dienten. Für die Vermählenden gab es vor dem Konferenztisch einen separaten Tisch gegenüber zum Standesbeamten. Mit zitternden Füßen schritt Rose auf jenen Tisch zu, dicht gefolgt von Terence.
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Die Formalitäten wurden Übersprungen, sicherlich wusste der Standesbeamte über das Ereignis Bescheid und darüber, dass die Trauung keiner sonderlichen Mühe bedarf. Der Ringwechsel erfolgte auch daher relativ schnell und den nächsten Schritt, hätte man laut Rose, sichtlich sparen können. Der Standesbeamte bestand auf die traditionelle Art der nicht schriftlichen Eheschließung. Er forderte Terence auf, seine Braut zu küssen. Terence ging dieser Bitte hin natürlich amüsiert nach und hatte sich dementsprechend neben Rose in Position gebracht. Leicht hatte er sich zu ihr vorgelehnt, doch ehe er seine Lippen mit den ihrer Versiegeln konnte, drehte Rose ruckartig den Kopf, sodass seine förmigen Lippen ihre vor Scharm glühende Wange trafen.
„Ich glaube, dass als Kuss sollte reichen", sagte Rose unschuldig, während Terence sich enttäuscht zurückzog. Der Standesbeamte räusperte sich ein paar Male und las die letzten Zeilen des Ehebucheintrags durch, ehe er es vor dem frisch vermählten Ehepaar ablegte, um sie zur Unterschrift aufzufordern.
„Hiermit erkläre ich Sie zu Gatte und Gattin", verkündete er froh, applaudierte enthusiastisch und stand auf. Rose spielte derweil nervös mit dem vergoldeten, ungewohnten Trauring an ihrem Ringfinger.
Nun hatte sie endgültig ihre Freiheit verloren...

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Glass Heart
Teen Fiction„Rose war schon immer ein Sturkopf, versuchte immer selbst die Zügel zu übernehmen. Wird sie ihre Sturheit aber auch dann unter Beweis stellen können, wenn ihr ‚geliebter' Vater mit seiner Firma den Bach untergeht, nur noch eine Möglichkeit in Betr...