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"Du...also....wie...also?" Ich brachte keinen anständigen Satz heraus.
Hier stand ich also mit Jack, in einem Wald, während er ein Loch grub um eine Leiche zu verstecken.

Dass ich das mal erlebe.

Jack lächelte verschmitzt.
"Tief durchatmen."

Ich befolgte seinen Rat und konnte danach sogar einen vollständigen Satz bilden.
"Du hast ihn umgebracht. Aber warum? Ihn zu fesseln hätte ja auch gereicht. Ich mein... Wie hast du mich gefunden, du warst doch heute garnicht in der Halle, und ich dachte Werwölfe können sich nur bei Vollmond verwandeln, und..."

Jack lachte laut auf und fuhr sich durch die Haare.
Bei allen anderen hätte das extrem arrogant gewirkt, doch bei ihm brachte es mein Herz dazu schneller zu klopfen.
"Eins nach dem anderen, okay?"

Ich wurde knallrot, und sah höchstwahrscheinlich aus wie eine Tomate. Ich nickte schnell und er fing an meine Fragen zu beantworten:

"Ich habe ihn umgebracht, weil es notwendig war." Er verzog sein Gesicht. "Glaub nicht, dass ich das auch nur ansatzweise mag, ich finde es grauenvoll. Aber wenn ich ihn nicht getötet hätte, wären wir beide jetzt tot. Auch wenn die Menschen keine Gaben haben, sie haben Mittel und Wege uns umzubringen. Und Werwölfe können sich wann immer sie wollen verwandeln. An Vollmond sind sie unberechenbarer, aber sonst sind sie recht harmlos, außer man lenkt ihre Wut auf sich."

Ich nickte. Also waren alle Geschichten über Werwölfe falsch.

"Und ich war einfach in der Nähe... und dann hab ich dich gesehen."

Ich runzelte leicht die Stirn.
Er log.
Ich wusste nicht, woher ich mir so sicher war, aber ich hatte das starke Gefühl, dass er nicht die Wahrheit sagte.

"Warum lügst du mich an?"

Nervös fuhr er sich durch die Haare.
"N-Nein ich lüge nicht..."

Nun war eine steile Falte auf meiner Stirn zu sehen.
"Doch tust du!"

Jetzt war er es, der tief durchatmete und dann sagte:
"Okay, ja, ich habe dich angelogen. Doch du wirst mich auslachen wenn ich dir das jetzt sage."

Ich schüttelte den Kopf.
"Werde ich nicht, versprochen."

Stockend fing er an zu reden:
"Also... ich habe das Bedürfnis, dich zu beschützen. Einfach.... wenn du in Schwierigkeiten bist, will ich mich vor dich werfen, dass du nicht verletzt wirst.
Ich war heute wirklich nur in der Nähe. Aber mich hat irgendetwas zu dir gezogen. Wie eine unsichtbare Kraft, oder ein Magnet, und als ich dich dann da so gesehen habe, mit dem Messer am Hals, sind bei mir alle Sicherungen durchgebrannt. Eigentlich reiß' ich nicht sofort allen die Köpfe ab, aber ich war so wütend, da" er verzog das Gesicht, "konnte ich mich nicht mehr kontrollieren. Und jetzt wirst du mich für verrückt erklären, weil wir uns noch nicht mal richtig kennen. Und das verunsichert mich. Weil ich nicht weiß was da zwischen uns ist."

Ich trat einen Schritt näher an ihn heran.
"Nein ich erkläre dich nicht für verrückt. Ganz sicher nicht. Ich weiß auch nicht was zwischen uns ist, doch wir können versuchen es herauszufinden."

Er nickte bloß und schaute mir dann in die Augen.

"Ich kenne dich noch nicht mal richtig, aber du machst mich verrückt.
Mit deinen wunderschönen Augen, deiner Stimme, deinem Lachen, deiner Gangart, deinen Haaren, deinen Lippen, einfach mit allem. Am liebsten würde ich die ganze Zeit in deiner Nähe sein, dein Lachen hören, dich umarmen.
Und das macht mir verdammt Angst."
Murmelte er, sodass ich es fast nicht mehr hörte.
Doch ich hörte es.

Electus - Engelsgaben Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt