!!! *~ LESEPROBE *~!!!
2 (Ana)
»Das Kleid ist schön«, meinte meine Mutter, als ich ihr es zeigte. »Bist du dir aber sicher das es passt?« Genervt stöhnte ich auf.
»Ja, ich habe es doch anprobiert.« Ich nahm es ihr weg und ging in den Flur. Warum musste sie immer wieder so viel Stress machen? Immer wieder schaffte sie es, mit einem einzigen Satz mir die Laune zu verderben. Ich liebte meine Mutter, wirklich sehr! Doch langsam machte mich das wütend. Das Kleid stopfte ich zurück in die Tüte und hängte sie an der Garderobe auf. Ich stand vor meinem Kleiderschrank und zog mir meine zweit liebste Hose an. Meine Lieblingshose war schon in der Wäsche. Diese Hose war grau und schon etwas verwaschen, sah aber dadurch viel besser aus. Da wir noch einiges zum Vorbereiten hatten, zog ich mir ein T-Shirt an. Später wollte ich mich nochmal umziehen, etwas Schickeres. Dann stellte ich mich vor den Spiegel und betrachtete mich kritisch.
Ich fand mich nicht wirklich schön, das musste ich zugeben. Meine Haare waren platt und hatten kaum Volumen. Meine Augenfarbe war Braun, aber kein Schönes Schokoladenbraun, sondern eher Maikäferbraun. Meine Haut hatte einen leichten Olivstich, der nicht zu meinen Haaren passte. Vielleicht wurde ich ja in Barcelona etwas brauner, dann wäre es etwas ausgeglichener.
Das Einzige, was mir an mir gefiel, waren meine Nägel. Ich hatte vor kurzem damit aufgehört, an ihnen zu kauen, weswegen sie sich wieder neu generierten. Sie waren wieder lang gewachsen und wenn ich meine Nägel lackieren würde, könnte man sie auch für Kunstnägel halten.
Selbst meine Klamotten waren schräg. Ich war noch dabei, meinen Stil zu finden, und manchmal übertrieb ich es etwas mit zu knalligen Farben oder zu viel Schmuck. Oft hatte ich mit meiner Mutter schon geredet, was ich an mir verändern könnte. Einmal hatte ich sogar darüber nachgedacht meine Haare schwarz zu färben, weil ich dachte, dass würde besser an mir aussehen, als das dunkle Braun, aber das durfte ich nicht. Wenigstens hatte ich keine Brille oder eine Zahnspange.
Meine Eltern waren noch am Kochen für das Mittagessen.
Als ich meine Zimmertür öffnete, wehte ein leckerer Essensgeruch zu mir herüber, doch ich hatte mehr Lust auf etwas Süßes. Ich lief die Treppe herunter und klaute mir eine Tafel Schokolade, ohne dass es meine Eltern merkten. Leider merkte Emilia es und verpetzte mich.
»Mama, Maya isst Schokolade, warum darf ich das nicht?«
Wie sie mich nervte!
»Maya, leg die Tafel weg! Du wirst noch übergewichtig!«, rief Mutter. Ich beachtete sie nicht und ging weiter, mit der Tafel in der Hand. Dann holte ich das neue Kleid aus der Tüte und lief nach oben. In meinem Zimmer setzte ich mich auf mein Bett und starrte auf die Schokolade. Warum sagte jeder, dass ich dick war? Mutter, Vater, Yade, Jenny ... Es verletzte mich doch mehr, als ich dachte. Übergewichtig hatte meine Mutter gesagt. Ich zuckte zusammen, als ich wieder daran dachte. Wenn ich dick oder übergewichtig war, war ich hässlich. Möglicherweise empfand ich mich ja nicht als schön, weil ich tatsächlich dick war. Ich zog mein T-Shirt aus und ging vor den Spiegel. Dann drehte ich mich hin und her. In dieser Hose sah ich in der Tat dick aus. Mein Hosenbund hatte sich in mein Bauch gedrückt und eine hässliche Speckrolle hatte sich über der Hose gebildet. Kein Wunder, dass es so gekniffen hatte. Die Hose war zu klein, weil ich dick war.
Du bist dick, dachte ich. Maya du bist dick, du musst abnehmen. Meine Mutter hatte sehr untertrieben. Ich war nicht nur etwas dick, ich war fett! Ich war ein fetter Wal! Schnell zog ich mich bis auf die Unterwäsche aus und starrte erschrocken auf meinen Körper. Ich drehte mich und betrachtete mich von allen Seiten. Es war, als würde bei jedem Atemzug mein Körper mehr aufblähen und immer dicker werden. Immer mehr Speckrollen entstanden dort, wo ich sie zu beginn nicht gesehen hatte. Schließlich kniff ich mir in den Bauch, in die Oberarme und in die Oberschenkel. Ich verzog das Gesicht und hatte plötzlich eine Ekelgefühl. Zum ersten Mal in meinem Leben ekelte ich mich vor mir selber. Wie konnte ich nur mit diesem ganzen Fett herum laufen? Wie konnten mich die Anderen nur ansehen, ohne sich übergeben zu müssen? Ich musste dringend abnehmen! Schnell zog ich mir das neue Kleid über, dass meinen ganzen Speck verdeckte. Nur meine fetten Wurstbeine konnte man noch sehen. Doch das Kleid war locker und dadurch sah ich leider nur noch dicker aus.

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PERFECTION- Die Geschichte eines Leidens
Teen Fiction! ACHTUNG NUR LESEPROBE! »Der Weg rein ist leicht, der Weg raus ist tausendmal schwerer.« Magersüchtig werden ist nicht kompliziert, vor allem, wenn man es werden will. Zur Seite steht dir Ana, die Personifizierung der Anorexie. Als Maya anfängt mit...