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Als ich aufwachte war es bereits halb eins. Die Sonne schien durch das mir gegenüber liegende  Fenster. Ich lag noch immer auf dem Boden vor der Couch.

Müde und ohne den Willen auch nur einen einzigen, weiteren Tag zu leben nahm ich eine heiße dusche und zog Jogginghose und Sweatshirt an. Zu mehr konnte ich mich selbst nicht bewegen. Jeder Schritt war eine Qual. Ohne etwas zu essen oder sonst etwas zu machen ging ich ins Schlafzimmer und legte mich in das frisch bezogene, nach den auf dem Boden verstreuten Rosen und Phil duftende Bett und schlief sofort wieder ein.

 Ich wachte erst wieder auf, als es an der Tür klingelte.

"Vielleicht hat Phil das, was er gestern Abend gesagt hat nochmal überdacht" dachte ich. Ohne die Augen richtig geöffnet zu haben rannte ich zur Tür und riss diese auf. Doch dort stand nicht Phil, sondern meine Schwester Jenn.

"Was machst du hier?" fragte ich verschlafen.

"Ich hab doch gesagt, wir würden vorbei kommen!" Hinter ihr tauchte ihr Freund Marc auf, mit dem Gepäck auf dem Rücken.

"Achja..." Ich nahm ihm das Gepäck ab und stellte es neben der Tür ab. "Kommt doch rein."

Während Jenn und Marc sich im Gästezimmer meiner kleinen Wohnung einrichteten versuchte ich alle Beweise für das, was in der letzten Nacht passiert war zu vernichten. Zuletzt hielt ich den Ring in den Händen. Was sollte ich damit machen? Wegwerfen? Zerstören? Zurückgeben? Jetzt wusste ich, wie sich Frodo gefühlt haben musste. Als ich den Film damals gesehen hatte, dachte ich, mir würde die Entscheidung nicht so schwer fallen. Ich entschied mich vorerst dafür, ihn in einer Schublade meines Kleiderschrankes zu deponieren und später zurück zu geben.

"Laura?"

Ich drehte mich zu Jenn um, die im Türrahmen stand.

"Wäre es ok für dich, wenn Marcs Bruder auch hier schläft? Nur für eine Nacht? Er hat auf die schnelle kein Hotel gefunden..."

"Passt schon. Dann schlaf ich auf der Couch" murmelt ich und machte mich daran, das Bett für ihn frisch zu beziehen und etwas zu essen zu machen. (Gleichzeitig natürlich.) Ich hatte zwar noch immer keinen Appetit, aber die Anderen wollten nach der Fahrt hierher sicher etwas essen.

Als ich gerade damit fertig war den Tisch zu decken klingelte es erneut an der Tür.

"Ich mach schon auf!" rief Jenn aus dem Gästezimmer.

Einen Moment später traten Jenn, Marc und dessen Bruder, den ich noch nie zuvor gesehen hatte, da Jenn und Marc noch nicht sonderlich lange zusammen waren, in die Küche.

Er ging direkt auf mich zu und streckte mir die Hand hin. "Hi. Ich bin Felix."

Ich sah von den Spaghetti auf, die ich gerade auf den Tisch stellen wollte. Das erste, was mir an ihm auffiel war, dass er unglaublich blaua Augen hatte. Das letzte mal, dass ich Jemanden mit so blauen Augen gesehen hatte war als ich mit Phil in einem Restaurant etwa eine Stunde von meiner Wohnung entfernt zu Abend gegessen hatten.

"Laura" sagte ich schnell als mir auffiel, dass ich ihn eine ganze Weile nur angestarrt hatte. Nach einem kurzen Händeschütteln, das mir wie eine Ewigkeit vor kam setzten wir uns an den Tisch.

"Willst du nichts?" fragte Jenn, die gerade das Essen verteilte.

Ich schüttelte den Kopf. "Ich hab vorhin erst zu Mittag gegessen" log ich. In Wirklichkeit hatte ich 1. null Appetit und mochte 2. gar keine Spaghetti. Zumindest keine Vollkornspaghetti, wie ich sie gekocht hatte. Öko-Schwester und so.

 Während des Essens versank ich alle zwei Minuten in meine wirren Gedanken und bekam kaum  mit, wie ich immer weiter von Jenn zu getextet wurde.

Unter die HautWo Geschichten leben. Entdecke jetzt