#3

64 6 3
  • Gewidmet Meinem Brudi <3
                                    

 Immer noch tief in Gedanken versunken starrte ich Felix an. Er kam mir so bekannt vor, doch ich wusste genau, dass ich ihn noch nie zuvor gesehen hatte. Nicht zuletzt weil er mehrere Stunden von mir entfernt in einer winzigen Siedlung wohnte, wie mir Jenn während des Essens erzählte.

 Ich gab nur ab und an ein "Achso" oder "Mhm" von mir, damit ich nicht vollkommen neben der Spur wirkte. (Ich glaube, das ist mir nicht so gut gelungen...) Weiterhin starrte ich ihn an. Ständig fielen ihm seine braunen Haare, die er sorgfältig nach oben gekämmt zu haben schien ins Gesicht.

 "Alles klar? Du siehst fertig aus" kam es plötzlich von Marc, der bisher noch kaum etwas gesagt hatte.

 "Hm? Nö, alles ok. Bin nur ein bisschen müde" antwortete ich schnell und wandte meinen Blick schnell von Felix ab.

 "Ganz Sicher?" fragte Jenn besorgt. "Willst du dich nicht lieber hinlegen?"

 "Nachdem ich das Geschirr abgewaschen hab kann ich ja wieder schlafen gehen, also..."

 "Ich mach das schon. Du hast schon genug für uns getan!" Ich war meiner Schwester unbeschreiblich dankbar für diese Worte.

 Ich nickte nur kurz und ging ins Wohnzimmer um es mir auf der Couch bequem zu machen. Kurz darauf war ich auch schon eingeschlafen.

 Ein paar Stunden später wurde ich schon wieder geweckt. Diesmal jedoch von dem Geräusch einer sich schließenden Tür. Ohne weiter darüber nachzudenken drehte ich mich um. Bevor ich mir die Decke über die Schultern gezogen hatte schlief ich auch schon wieder ein.

 Die frühe Morgensonne schien mir direkt ins Gesicht. Genervt stöhnte ich auf. Ich kniff die Augen zu, drehte mich mit dem Rücken zum Fenster und versuchte noch ein wenig zu schlafen. Dieser Wunsch wurde allerdings von meiner Schwester zerstört, die genau in diesem Moment zum Frühstück rief. Ich atmete tief durch und stand auf. Ich war kein Frühaufsteher, und das war ich auch noch nie gewesen, was es mir nicht unbedingt leichter machte, jetzt - um etwa 8 Uhr 30 - aufzustehen.

 Erst jetzt wurde mir klar, dass ich nicht mehr auf der Couch sondern in meinem Bett lag. Verwirrt sah ich mich um. Wie verdammt war ich hier her gekommen? Da ich noch zu müde war, um einen klaren Gedanken zu fassen entschied ich mich dazu erst einmal zu frühstücken. Ich ging also in die Küche wo Jenn und Marc schon am Tisch saßen und auf mich warteten. Auf meinem Teller lagen zwei Spiegeleier und Perfekt gebratener Bacon. Sofort machte ich mich daran, das essen in mich hinein zu stopfen. Alles, was Jenn kochte sah einfach göttlich aus. Als ich bemerkte, dass ich beobachtet wurde stoppte ich.

 "Ist was?" fragte ich mit vollem Mund.

 Marc und Jenn schüttelten gleichzeitig den Kopf. Ich schluckte runter und drehte mich zur Küchentür, durch die genau in diesem Moment Felix kam. Er trug nur eine verwaschene Jogginghose und ein weißes Shirt. Er schien gerade aus der Dusche gekommen zu sein, da sein Haar noch nass war. Halbherzig lächelte ich in seine Richtung, wünschte ihm einen guten Morgen und konzentrierte mich dann wieder auf mein Essen.

 Nachdem ich alles, was sich auf dem Teller befand gegessen hatte (ich bin so ein braves Mädchen!) ging ich wieder auf mein Zimmer um ein wenig zu lernen. Ich hatte zwar Ferien, aber ich würde in diesem Moment alles tun, um mich abzulenken. Auch lernen, was ich wirklich ungern tat.

 Gerade als ich mich in eine recht anspruchsvolle Matheaufgabe vertieft hatte klopfte jemand an meine Tür. Ich hob den Kopf.

 "Marc und ich gehen ein bisschen in die Stadt. Wir sind in ein paar Stunden wieder da" informierte Jenn mich durch die geschlossene Tür.

 "Ok" rief ich zurück. Jetzt konnte ich mich also auf die Aufgaben konzentrieren, ohne dass jemand mich störte. Umso besser.

 Als ich mich gerade wieder in die Aufgaben vertieft hatte, klopfte jemand an meine Zimmertür.

 "Jaja, komm rein" rief ich ohne meinen Blick von dem Blatt zu heben. Ich hörte, wie die Tür geöffnet und wieder geschlossen wurde.

 "Was willst du?" fragte ich, während ich mich zu Felix umdrehte.

 "Ich wollte nur sagen, dass ich jetzt ein Hotel gefunden habe. Ich pack noch schnell meine Sachen und bin dann weg."

 "Du kannst gerne noch hier bleiben" sagte ich schnell. "Hotels sind viel zu teuer!"

 "Schon ok. Ich hab genug Geld" sagte er mit einem Lächeln.

 "Junge, hör auf rum zu diskutieren. Es macht mir keine Arbeit oder so, wenn du noch die paar Tage hier bleibst. Jetzt zick nicht weiter rum und mach es dir bequem. Außer, du hasst mich und willst deshalb nicht länger hier bleiben. Dann fahr bitte zur Hölle."

 Lachend ließ Felix sich auf den kleinen Hocker fallen, der neben meinem Schrank stand. "Gut, wie du willst. Aber es hat einen Grund, warum meine Eltern mich mit 17 aus dem Haus geschmissen haben!"

 "Solange du nicht irgendwas illegales runterlädst..." sagte ich gespielt uninteressiert.

 "Keine Sorge, aus der Phase bin ich raus. Seit 'ner Woche oder so. Mein Therapeut hat da gute Arbeit geleistet!"

 Lachend drehte ich mich meinen Stuhl so, dass ich ihn  ansehen konnte, ohne mir das Genick zu brechen. "Könnte ich vielleicht die Nummer von dem haben?"

 "Wieso? Brauchst du Hilfe?"

 "Nein, ich steh nur auf Therapeuten!" Mir innerlich zu meinem grandiosen 'Witz' gratulierend beobachtete ich Felix, wie sich beim Lachen seine Hautfarbe von einem gesund gebräuntem Ton in ein dunkles Rot verwandelte. Dabei viel mir ein kleines Tattoo an seinem Hals auf. Ein paar Schriftzeichen. Keine Ahnung, was für eine Sprache das war, dafür hatte ich in der Schule definitiv zu wenig aufgepasst, aber es sah ein wenig aus wie Klingonisch.

 Während ich mir Gedanken über das Tattoo gemacht hatte war mir mal wieder nicht aufgefallen, dass ich ihn schon wieder angestarrt hatte. Er musste mich für eine Verrückte halte, so oft wie das vor kam.

 "Soll ich dir beim Auspacken helfen oder so?" fragte ich schnell, als die Stille im Raum langsam unangenehm wurde.

 "Nein, lern du lieber weiter! Ich schaff das schon!" Nachdem er noch einmal in meine Richtung lächelte ging er aus dem Zimmer und schloss leise die Tür hinter sich.

 Ich seufzte. Eigentlich hatte ich gar keine Lust mehr zu lernen. (Wen wundert´s?)

 Ich packte die auf meinem Schreibtisch verteilten Zettel auf einen Haufen und stopfte sie in eine Schublade, um sie ja nie wieder sehen zu müssen. Schnell zog ich eine Jeans aus dem chaotischen Schrank, quetschte mich hinein und ging in die Küche, um mir einen Joghurt zu holen. Mit dem Joghurt und meinem Laptop machte ich es mir dann auf der Couch bei einer Folge Desperate Housewives bequem. Das machte ich immer, wenn ich mich vor Arbeit drücken wollte. Und es funktionierte einwandfrei!

Unter die HautWo Geschichten leben. Entdecke jetzt