Drei Stunden waren vergangen.
180 volle Minuten, seit meine zweite Hälfe gestorben war.Meine Schwester.
Meine beste Freundin.Ich saß immer noch im Krankenhaus und starrte Löcher in die Luft. Der Regen, der meine Kleider durchnässt hatte, war schon lange getrocknet.
Nachdem die Ärzte meinen erstarrten Körper von Luas Liege gezerrt hatten, versuchten sie mich dazu zubringen, Medizin gegen den Schock zu nehmen.
Sogar die trauernde Familie versuchte mich zu trösten, aber ich ließ keinen an mich heran.
Ich war verletzt,
zerstört,
gebrochen.Mir liefen die Tränen über das erstarrte Gesicht und der Rotz, der aus meiner Nase lief, bereitete mir einen unangenehmen Geschmack auf der Zunge. Es wollte einfach nicht aufhören.
Aber ich war froh darüber; das Nass auf meinen Wangen und der ekelige Schnodder in meinem Mund war das einzige, das ich noch spüren konnte.Meine Seele starb mit der Seele meiner liebenden Schwester, die ich nie hatte. Das Leben machte keinen Sinn mehr.
Meine Familie, die Musik, die ich neben meiner zweiten Hälfte über alles liebte; es spielte alles keine Rolle mehr. Es war mir egal.
Immer wieder huschten mir die drei Wörter durch den Kopf, die durch die Leere in mir wie Donner durch meine Gedanken krachten.Sie ist tot.
Sie ist tot.
Sie ist tot.
Und jedes Mal zerriss es mein Herz von neuem.
Es konnte einfach nicht sein; Ihr leben konnte doch nicht einfach so abrupt enden!
Der Arzt, der mir was von 'Es war ihr Schicksal zu sterben' einzureden versuchte, durfte nicht Recht haben!
Sie kann nicht fort sein!
Es war unmöglich!
Völlig absurd!Plötzlich flammte eine groteske Idee in mir auf und ich hob meinen Kopf. Eiserne Entschlossenheit schloss sich um mein Herz und eine kleine Hoffnungslosigkeit, die ich aber schnell wieder abschüttelte.
Ich lasse das nicht zu.
Ich würde nicht zulassen, dass der Tod mir sie wegnimmt!
Wie vom Blitz getroffen, sprang ich auf und wischte mir übers Gesicht.Tina schrak neben mir zusammen. Sie hob überrascht den Kopf und schaute mich aus ihren hellen, grauen Augen an. Als ihr Blick den meinen traf, zuckte ich heftig zusammen.
Lua hatte die gleichen Augen wie ihre Mutter.
Trotz der Trauer blickten mich diese Augen voller Liebe an, als wäre ich ihr eigenes Kind. Eines, das noch lebte. Genau so hatte mich auch Lua angeschaut:
So voller Zuneigung und Zärtlichkeit.Schon wieder schoss mir ein Schmerz durch den Körper, direkt ins Herz und es liess mich fast in die Knie gehen.
Aber ich richtete mich auf und ballte meine Hände zu Fäusten, so dass meine Fingerknöchel weiß hervortraten.
Ich durfte nicht aufgeben, ich musste kämpfen!Schnell zwang ich mich dazu, Tina anzulächeln.
Sie zuckte heftig zusammen und ihre Hände fingen an zu zittern. Kurz war ich verwirrt von ihrer Reaktion, doch dann traf mich die Erkenntnis.Meine Mundwinkel zogen sich nach unten und entsetzt blickte ihr ins magere Gesicht. Ich wollte mich entschuldigen, brachte aber nichts heraus.
Tina zwang sich dazu, mir weiter in die Augen zu schauen, schrumpfte aber immer weiter in sich zusammen.Mein eiskalter Blick tat ihr fast so fest weh wie der Tod ihrer jüngsten Tochter, das konnte ich fühlen, und doch konnte ich nichts daran ändern.
Sie war einer der einzigen Personen gewesen, die ich nicht so angeschaut hatte.
Und ich wusste, es würde für immer so bleiben, denn sie hatte nicht nur eine Tochter verloren, sondern zwei.
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goodbye
Teen Fiction›A story for warriors‹ ,,Dieses Etwas nahm mir mein Herz, meine Seele und den Willen zu Leben. Die Leere, die darauf folgte, zerfraß mein Inneres. Doch es gab mir auch die Kraft, mich zu wehren. Und so fasste ich einen schier unmöglichen Entschluss...