4

11 1 0
                                    

Es ist nicht so, als ob ich mich als hässlich empfunden hätte. Das stimmt nicht. Ich war eher vom Typ 'unsichtbar'. Niemand sah mich, ich fiel niemandem auf und das fand ich gut so. Wenn man mein Selbstbewusstsein besitzt, ist man froh darüber. An diesem Abend jedoch, klebten die Blicke an mir und ich wollte bereits umdrehen, bevor wir die Türschwelle überstiegen hatten. Wären da nicht Amy's Finger gewesen, die meinen Oberarm in Besitz nahmen und nicht zuließen, dass ich auch nur einen Meter in die falsche Richtung ging. "Ist ja gut, ist ja gut." zischte ich und machte sie darauf aufmerksam, dass ihre Fingernägel sich in meine Haut bohrten und das unschöne rote Flecken hinterlassen würde. Aprubt ließ sie los, sie wollte ihr Werk ja nicht zerstören. "Siehst du das?" flüsterte sie aufgeregt, als wir die Treppen zur Haustüre empor stiegen. Schon von außen hörte man gröhlende Menschen, die den Alkohol mehr feierten, als ihren Abschluss, klirrende Gläser, vor Entzückung kreischende Mädchen und Musik. Musik war untertrieben. Bass, man hörte vor allem Bass und würde ich nicht entsetzlich in diesen roten High Heels, die so hoch waren, dass meine Knöchel fast brachen, laufen können und vor Aufregung zittern, würde ich denken, dass der Bass den Boden unter uns in Berührung versetzte. Vielleicht war es aber auch eine Mischung aus beidem. Ich sah einmal nach links und einmal nach rechts die Straßen herunter, auf der ich nichts sah, als weitere Partygäste, die das Haus ansteuerten. "Nein...?" fragte ich meine Freundin langgezogen und presste die Lippen aufeinander. Sie würde es mir aber bestimmt sofort verraten. "Na dann schau dir das an." Sie legte ihre Hände auf ihre Brüste und führte sie an ihrem Hals hoch in ihr Haar, welches sie glatt und offen trägt. Ich beneidete sie darum, sie ist so wunderschön und dabei bis auf etwas Mascara und Lipbalm kaum geschminkt. Jeder beneidete sie darum. Plötzlich kam ich mir neben ihr vor wie ein Papagei, doch die Druckstellen an meinem Arm erinnerten mich daran, nicht fluchtartig nach hinten zu sprinten und das Weite zu suchen. "Ja. Du siehst fantastisch aus." gab ich unnötigerweise zu. Sie wusste es ganz genau. "Wir, Rin, wir! Das wird unser Abend!" Ich konnte das Funkeln in ihren Augen sehen und musste lächeln. Niemand war so leicht zu begeistern wie sie. "Glaubst du..." Ihre Frage wurde doch das Öffnen der Türe unterbrochen. Sofort schwabbte der Geruch nach Rauch, Alkohol und Schweiß uns entgegen, der sich wohl im Haus angestaut hatte und die Musik wurde noch lauter. Elias stand in der Tür, in den rechten Hand ein roter Becher. Für einen Moment schien er erschrocken uns zu sehen. Oder eher, mich zu sehen. Dann strahlte er dieses typische Elias-Lächeln, welchem Amy so verfallen war und umarmte sie kurz zur Begrüßung. Bei mir hielt er inne, ließ den Blick einmal von oben nach unten gleiten und legte dann ebenfalls zaghaft kurz den Arm um mich. Er roch nach zu viel Parfum und dem Getränk, welches sich in dem Becher befand, aber der Blick von ihm war mir viel unangenehmer gewesen. "Schön euch zu sehen, geht schonmal rein. Ich wollte eben einem Freund entgegen laufen." Wir nickten stumm. Ich war stumm, weil ich sowieso nie mit jemanden redete, aber Amy? "Kein Quietschen, kein übereifriges Hallo?" sagte ich grinsend und sah auf sie hinab. Ihre Augen waren geweitet, ihre Wangen hochrot, doch sie wäre nicht Amy, wenn sie sich nicht gleich wieder fangen würde. "Nein." sagte sie kurz und knapp und fasste mich dann an der Hand, um mich hinein zu ziehen. Es war warm und die Luft stickig und drückend. Überall drängelten sich Leute, lachten, tanzten und gestikulierten wild beim Sprechen. Links von uns ging es direkt in eine riesige, modern eingerichtete Küche, vor uns war ein Flur, der in zwei oder drei Zimmer führte und eine Treppe, mit der man in den nächsten Stock gelangen würde. Aber rechts von uns, die Richtung, in die Amy mich als erstes zog, war ein riesen großes Wohnzimmer. Die braunen Möbel wurden alle an die Wand geschoben, um eine Tanzfläche zu schaffen. An der anderen Wand standen mehrere Tische nebeneinander, auf dem eine Art Buffet errichtet wurde mit Salaten, Fleischspießen, Brotkörben und noch mehr Fleisch. Achja, und natürlich Unmengen an Flaschen, die Hochprozentiges oder Bier enthielten. Hier schallte eine andere Musik, als im Flur, aber der Bass vibrierte genau so viel in meinen Knochen. Wenn man das Zimmer ganz hindurch laufen würde, würde man durch einen türlosen Durchgang in einen weiteren Raum gelangen. Durch die Menschen, locker dreißig Stück, konnte ich allerdings nicht sehen, was für einer das war. Amy's Schultern bewegten sich bereits im Takt der Musik. Ein Takt, den ich nicht ganz einordnen konnte, aber viele schienen dieses Lied zu kennen. "Na, da bist du platt, was? Ich nämlich auch." sagt sie fast brüllend. Nun bewegten sich auch ihre Beine im Rhytmus auf das Buffet zu und ich folgte ihr unauffällig. Ich war so nervös, dass ich überhaupt keinen Hunger hatte und mir nichts nehmen würde, aber ich musste schnell feststellen, dass das auch gar nicht Amy's Ziel war. Sie griff aus einer durchsichtigen Verpackung zwei dieser roten Plastikbecher und tänzelte dann zu der Ecke des Tisches, auf der die Flaschen standen. Nun folgte ich ihr nicht nur, nein ich eilte hinter ihr her. So früh und auf leerem Magen Alkohol trinken? "Schau nicht so." Sie hatte es natürlich bemerkt, es interessierte sie jedoch nicht und somit füllte sie meine Proteste ignorierend eine braune Flüssigkeit in die Becher und kippte Cola darauf. Als sie mir den Becher reichte, roch ich daran und verzog die Nase.

Izin. (noch in Bearbeitung!)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt