Harry Potter wird 20!

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Heute möchte ich euch eine Geschichte erzählen. Denn heute auf den Tag genau vor 20 Jahren kam bei Bloomsbury in Groß Britannien der erste Band von Harry Potter raus.

Es gab in meinem Leben viele Bücher, die mich geprägt haben in meinen Einstellungen und in der Art, wie ich über die Welt denke. Harry Potter hat nie dazu gehört. Dafür hat diese Buch-Reihe etwas anderes geleistet: Sie wurde zum Kanal für meine Leidenschaft zum Schreiben.

Als im Juli 1998 die deutsche Erstausgabe auf den Markt kam, hatte ich von Harry Potter noch nichts gehört. Tatsächlich war es meine Schwester, die irgendwann den ersten und zweiten Band gelesen hatte und mir sagte, ich müsse es unbedingt lesen. Damals war ich vielleicht 11 Jahre alt. Ich war zu dem Zeitpunkt gerade vollkommen hingerissen von Tamora Pierces "Alanna" und "Dhana" Reihe, das letzte, was ich gebrauchen konnte, war eine ältere Schwester, die mir von irgendeinem dummen Buch erzählte. Ihr Enthusiasmus für Harry Potter sorgte dafür, dass ich mich schlichtweg weigerte, das Buch zu lesen. Doch natürlich blieb sie beharrlich und so schlug ich einen Deal vor: Sie liest "Alanna", ich lese Harry Potter. Das erste Buch hat sich für mich etwas gezogen, meine Schwester fragte zwischendurch immer mal nach, ob ich diesen oder jenen Charakter schon getroffen hätte - aber irgendwann was ich plötzlich gefesselt.

Ich habe die ersten beiden Bücher gelesen und dann das Glück gehabt, dass Band drei ebenfalls bereits auf den Markt gekommen war. Ich war fasziniert und zu meinem Glück hatte ich einige Freundinnen und Freunde, die das Buch ebenfalls gelesen haben. Als im Oktober 2000 der vierte Band erschien, war Harry Potter bereits auf dem Weg, ein Phänomen zu werden. Unsere örtliche Buchhandlung, in der ich sowieso immer Stammgast war, hat eine riesige Party zum Erscheinungstermin veranstaltet: Der Buchhändler hat nachts die ersten Kapitel von Buch vier vorgelesen, es gab eine Art Rummel auf dem Marktplatz und pünktlich um Mitternacht konnten alle, die vorbestellt hatten, das vierte Buch mit nach Hause nehmen. Ich weiß noch genau, wie ich damals mit zwei Freundinnen zusammen die Nacht verbracht habe, aber sobald ich das Buch in den Händen hielt, bin ich heim geeilt. Zu dem Zeitpunkt hatte ich die ersten drei Bände schon mehrfach gelesen und auch das vierte Buch habe ich praktisch weggeatmet.

Als im Jahr 2003 der fünfte Band erschien - oh, so eine lange Wartezeit! - war ich bereits alt genug, um sicher auf Englisch lesen zu können. So habe ich in der Nacht des Erscheinens das Buch gelesen und war in der Schule vollkommen übernächtigt. Übernächtigt und ein wenig traurig. Das Buch hatte mich nicht so packen können wie seine Vorgänger. Harry war abscheulich geworden. Seine Eifersucht und seine Mittelpunktssucht nervten mich. Dennoch gab es so viel in diesem Buch, was mich begeistern konnte, so dass ich noch immer dabei war.

Im November 2003 bekamen wir zu Hause einen DSL-Anschluss, so dass das Surfen im Internet künftig nicht mehr so utopisch teuer war. Ich war zu dem Zeitpunkt bereits länger bei Knuddels registriert und verbrachte mehr und mehr Zeit dort. Ich lernte eine liebe Chatterin kennen, mit der ich bis heute Kontakt habe, obwohl wir uns nie real gesehen haben - und sie schrieb Harry Potter Fanfictions auf Animexx. Und in diesen Fanfictions war Hermine mit Draco zusammen! Ich war verblüfft, begeistert - und hoffnungslos verloren. Nach Animexx lernte ich fanfiction.net kennen und verbrachte endlose Stunden. Ich glaube, es gab keine Dramione-Fanfiction, die ich damals nicht gelesen habe. Auf einer Autofahrt im Sommer 2004 habe ich dann kurzentschlossen meine eigene, erste Fanfiction geschrieben: Demütigung mit Hindernissen. Beinahe jeden Tag gab es ein Kapitel auf fanfiction.net, ich bekam unendlich viele Kommentare, denn damals war Lesen und Kommentieren noch viel üblicher. Einige von euch kennen diese Fanfiction und wissen, wie qualitativ hochwertig sie ist - dennoch erhielt ich 250 Kommentare und schwebte auf Wolke 7.

Kurz darauf begann ich meine zweite Fanfiction "12 Geschenke für ...?", die 400 Kommentare erhielt und in einer Sackgasse mündete. Ich brach sie ab und erst acht Jahre später erhielt sie die vollständig überarbeitete Form, die ihr jetzt kennt. Zwischendurch erschien der sechste Band von Harry Potter. Zu jenem Zeitpunkt war mein Interesse von Dramione schon zu Snamione übergegangen, Snape war mein Held. Und dann das. Ich erinnere mich noch genau, wie ich nachts im Bett lag, das Buch in der Hand, und geweint habe. Nicht um Dumbledore, sondern um Snape. Ich konnte nicht begreifen, dass er am Ende doch ein Böser war. Ich konnte nicht. Am nächsten Tag stürzte ich mich in die Recherche, wühlte mich durch Interviews, las Kommentare von anderen entsetzten Lesern und verfasste einen Aufsatz mit dem Titel "Snape gut oder böse?". Darin legte ich dar, dass Rowling ihn einst als "gift of a character" beschrieben hatte und es deswegen unmöglich war, dass er so flach einfach nur der Böse sein konnte. Ich griff die Szene aus dem vierten Band auf, als Voldemort seine Todesser erstmals wieder versammelte. Ich wies auf das Gespräch zwischen Dumbledore und Snape am Ende jenes Buches hin, wo Dumbledore Snape zurück zu den Todessern schickt. Ich legte dar, dass es Dumbledores eigener Wunsch gewesen war, von Snape getötet zu werden, und dass genau das sein größter Treue-Beweis war. Wie wir rückblickend wissen, entsprach das der Wahrheit, doch so überzeugt ich auch davon war - Restzweifel blieb natürlich.

Entsprechend gierig stürzte ich mich 2007 auf den letzten Band und ich war unendlich glücklich, meine Thesen bestätigt zu sehen. Ich weinte noch einmal bitterlich um Snape, der einen so hässlichen, so wenig heldenhaften Tod gestorben war, doch ich war beruhigt. Und ich war traurig, denn nun waren alle Spekulationen beendet und der Raum für Fanfictions deutlich enger geworden. Zumindest glaubte ich das.

Es sollte bis zum Jahr 2009 dauern, ausgerechnet während meines Praktikums in Japan, dass mir die Idee für eine neue Fanfiction, eine kurze über Hermine und Snape, kam. Ich schrieb sie nieder, doch ich beendete sie nie, so dass kaum einer von euch "Die letzten Stunden des Severus Snape" kennen dürfte.

In den Jahren 2007 bis 2012 war ich vollständig mit meinem Bachelor-Studium beschäftigt, doch in einer Nacht im Jahr 2012 kam mir die spontane Idee zu meiner Fanfiction "Never say never". Es war nur ein Bild in meinem Kopf, ein Bild von Hermine, wie sie mit Lucius in dessen Bibliothek Sex hat und dabei von Snape beobachtet wird, der wütend und eifersüchtig ist. Es war dieses Bild, um dass ich dann die 60 Kapitel lange Fanfiction entwickelte, die mir endgültig aufzeigen würde, dass ich schreiben will. "Never say never" hat mich geprägt, meinen Schreibstil, meine Ansichten über das, was mit Literatur möglich ist und vor allem meine Neugier auf Sexualität jenseits der Norm. Und ab da gab es kein Halten mehr. Seit 2013 sind so viele neue Fanfictions entstanden, dass ich mich manchmal frage, wie ich zwischendurch noch Zeit für irgendetwas anderes hatte finden können.

Das alles begann heute auf den Tag genau vor 20 Jahren. Ich war nicht von der ersten Sekunde an dabei, doch schon 2000 stand fest, dass Harry Potter für immer eines meiner Lieblingsbücher bleiben würde.


Happy Birthday, Harry.


Ich würde mich freuen, eure Geschichten zu Harry Potter zu hören und wie ihr das erste Mal in Kontakt mit den Büchern gekommen seid.

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